Abenteuerreise rumänische Karpaten
Europas härteste Pauschalreise

Unsere Autorin zieht es immer wieder hin: die ursprüngliche, wilde Schönheit der rumänischen Karpaten und die beinharten Gelände-Strecken dort sind ein Traum für jeden Offroad-Fan.

Rumänien Karpaten Offroad-Tour 4x4 Adventures
Foto: 4x4 Adventures

Was gibt es Schöneres, als seine Ferien in wilder, unberührter Natur zu verbringen? Abends am Lagerfeuer unterm Sternenhimmel zu sitzen und morgens in einen Gebirgsbach zu springen? Einsame, atemberaubende Hochebenen zu erklimmen, wo halbwilde Pferdeherden grasen und vergessene Flusstäler zu entdecken, wo noch nie zuvor ein motorisiertes Fahrzeug fuhr? Sich durch Wasser, Schlamm und über Steine zu kämpfen? Die Autos steile Hänge hinauf zu winchen, um auf der anderen Seite wieder wie auf Eiern hinunter zu schlittern?

Unsere Highlights

Gut, spätestens hier wird wohl die Mehrheit deutscher Urlauber anderer Meinung sein...

Nicht so aber natürlich unsere Mitfahrer, die liebend gerne ihre Urlaubstage opfern, um mit uns das Abenteuer Karpaten anzugehen. So erwarten wir am Treffpunkt, einer familiären Privatpension mit herausragend guter Küche und umwerfender Herzlichkeit, eine bunte Mischung an Fahrzeugen.

Der unvermeidlichen Begrüßungstzuika, ein hausgebrannter rumänischer Pflaumenschnaps, verfehlt seine Wirkung nicht, und so fiebern alle gut gelaunt dem morgigen Start entgegen.

Es geht los! Nachdem wir die letzten Dörfer hinter uns gelassen haben, geht es auf nassen, lehmigen Wegen bergan – aber weit kommen wir nicht… Schon steckt der erste fest. Der Hohlweg ist einfach zu tief ausgefahren. Umfahren ist nicht möglich und so winchen wir ein Auto nach dem anderen hinauf.

Wo ein Wille ist ...

Der Weg wird besser, wir fahren durch mannshohen Farn und erreichen einen märchenhaften Buchen-Wald mit moosbewachsenen Bäumen, durch den ein glucksendes Bächlein fließt. Der schmale Karrenweg schlängelt sich durch den Bach und durch tiefe Moorlöcher, und so dauert es länger als geplant, bis wir unsere romantische Campwiese am Fluss erreichen. Pünktlich zum Campaufbau verdunkelt sich der Himmel und wir finden uns im Zentrum eines Frühjahrsgewitters wieder. Unzählige Blitze erhellen den Himmel, gefolgt von ohrenbetäubendem Donner und wolkenbruchartigem Regen. Doch schon nach 10 Minuten ist der Spuk vorbei und wir können zum gemütlichen Teil des Abends übergehen.

Am nächsten Morgen füllen wir unsere Tanks und Vorräte noch einmal auf und es geht es hoch in die Südwest-Karpaten. Wir kämpfen uns einen steinigen Weg bergan und erreichen ein abgelegenes Dorf, abseits jeglicher Zivilisation und ohne Wasser- und Stromversorgung, wo der Weg zunächst zu enden scheint. Doch während wir noch beratschlagen, kommt schon ein freundlicher junger Rumäne, läuft vor uns her den Berg hinauf und öffnet uns die Gatter seiner Weiden, damit wir passieren können. Diese scheinbar idyllische Abgeschiedenheit, die herzliche Freundlichkeit bei solch offensichtlicher Armut macht alle sehr nachdenklich und wir sinnieren in der Mittagspause, wie das Leben hier wohl im Winter aussehen möge. Tauschen möchte wohl keiner von uns…

Wir fahren weiter bergan und quetschen die Autos durch die Fichtenzweige eines alten, zugewachsenen Weges, an dessen Ende uns ein spektakulärer Blick in ein vergessenes Tal erwartet: Leuchtend grüne Wiesen, umsäumt von karstigen Felsen, durchzogen von einem naturbelassenen Wildbach. Hier grasen Kühe, Schafe und Pferde. Alle paar Kilometer ein kleiner Hof mit Gemüsegarten und freundlich grüßenden Menschen. Der Anblick ist derart idyllisch, dass er eine Gänsehaut verursacht und schon beinahe an Kitsch grenzt.

Erstbefahrung in den Karpaten

Dafür hat es der schmale Weg durch das Tal in sich. Ganz offensichtlich fuhr hier noch nie ein motorisiertes Fahrzeug, sondern ausschließlich Pferdekarren und man muss höllisch aufpassen, dass man den Weg nicht verfehlt. Denn die saftige Wiese erweist sich als bodenlos tiefes Moor.

Zeitweise stecken 3 Autos gleichzeitig, einige geraten in spektakuläre Schräglagen und nach etlichen Bergeaktionen beschließen wir, in dieser Idylle ein frühes Camp aufzuschlagen. Das freut besonders unseren mitreisenden schwäbischen Bäckermeister und wenig später überrascht er uns mit frisch gebackenem Brot und Apfelkuchen. Das diesmal freundlicherweise erst nach dem Essen einsetzende, wolkenbruchartige Gewitter überrascht uns hingegen nicht, mit unserem wasserfesten Planenaufbau waren wir gut vorbereitet.

Allerdings erschwert das viele Wasser das Weiterkommen durch die Moorwiese erheblich und auch den Ausstieg aus dem Tal in Form eines steilen Lehmhangs schafft nur ein Auto ohne Windenhilfe.

Oben angekommen erwartet uns ein gut fahrbarer Weg, eine angenehme Abwechslung nach dem bergeintensiven Vormittag! Vorbei an hübschen Sommeralmen geht es bergauf und bergab, durch Laubbaum-Wälder und über bunt blühende Bergwiesen bis hinauf auf mehr als 2000m, wo wir am Gipfelkreuz die schlichtweg atemberaubende Aussicht genießen: Berge und Wälder, so weit das Auge reicht. In der Mittagspause besucht uns ein Schäfer und wir fragen ihn, ob wir Käse kaufen könnten. Wenige Minuten später mommt er mit mit 2 Laib köstlichem Schafskäse wieder. So viel wollten wir eigentlich gar nicht, bringen es aber nicht übers Herz, es abzulehnen. Wir wollen ihn bezahlen, doch er will nichts dafür haben. Das sei ein Geschenk! Das können und wollen wir natürlich nicht annehmen und so sammeln wir Wurstdosen, Bier, Zigaretten und T-Shirts zusammen...

Schlamm satt

Der Weg ins Tal beschert uns mal wieder ausgewaschene Rückewege und Schlamm satt. Durch ein besonders schönes Schlammloch springt einer der Wrangler aber etwas zu übermütig und ein sehr unschönes Geräusch kündigt an, dass auch ein Rubicon nicht unzerstörbar ist. Doch fahrbar ist er noch und im nahen Dorf finden wir auch gleich eine gut ausgestattete Werkstatt. Die beiden netten Mechaniker telefonieren sofort nach ihrem Chef, lassen alle anderen Arbeiten links liegen und zu dritt widmen sie sich nun den ganzen Nachmittag der Reparatur der beschädigten Vorderachsführung. Wir gönnen uns in der Zwischenzeit einen Einkaufsbummel und eine Einkehr in einem netten Restaurant. Zurück in der Werkstatt erwartet uns ein perfekt instand gesetzter Jeep und auf die Frage nach dem Preis erhalten wir die Antwort: Gib, was es dir wert ist. Am Ende gab der Mechaniker selbst davon dann noch die Hälfte wieder zurück.

Erleichtert, dass alle Autos wieder einwandfrei funktionieren, fahren wir noch ein Stück weiter in Richtung des nächsten Gebirgszuges und schlagen unser Camp in einem hübschen und einsamen Tal auf, wo wir das sonnige Wetter bei einem Bad im nahen Bach genießen.

Plötzlich entdecken wir ein Tier in dem klaren Wasser, welches als beinahe 20cm großer Flusskrebs entpuppt. Bei näherem Hinsehen finden wir noch etliche mehr dieser schönen Tiere und nein: Wir haben sie NICHT gegessen!

Am nächsten Morgen machen wir uns auf in die Berge. Unser Ziel ist das „Teufelsplateau“, das wir schon mehrmals auf der Wunschliste stehen, aber bisher noch nie erreicht hatten. Diesmal finden wir einen Aufstieg, der uns in spektakulärer Steigung buchstäblich über Stock und Stein, vorbei an einer Bärenjagdhütte inklusive Anfütterstelle, in die Höhe führt. Doch der Weg wird immer schmaler und die Steine immer größer. Ohne Einweisung geht nichts mehr, aber am Ende meistert sogar das schwere Buschtaxi problemlos und unbeschadet die schwierigen Passagen. Doch es ist später geworden als geplant und wir nutzen die erstbeste gerade Stelle als Campplatz. Teilweise zwar mitten auf dem Weg, aber wer soll hier schon entlang kommen? Der Schaf-Auftrieb inklusive Packeseln am nächsten Morgen belehrt uns eines Besseren… Doch wie üblich sind uns die Schäfer in keinster Weise böse und grüßen freundlich.

Das Plateau ist erreicht und wir finden uns in wilder, karstiger Landschaft mit Resten von Schneefeldern, immer wieder durchzogen von leuchtenden, pinkfarbenen Blütenkissen, unter uns ein klarer Bergsee. Auf dem Weg hinab treffen wir auf eine Gruppe Rumänen, die diese Blüten sammeln und wir erfahren, dass diese als Essenz gegen Herzleiden und als Tee gegen Männerprobleme helfen sollen. Es lebe die Naturmedizin...

Wie auf dem Dach der Welt

So langsam neigt sich unsere Reise ihrem Ende entgegen und wir erklimmen den letzten Gebirgszug dieser Tour, wiederum nicht ohne Einsatz von Seilwinden und Motorsägen. Das letzte Stück des Aufstiegs erweist sich als besondere Mutprobe in Form eines spektakulär steilen, offenen Wiesenhangs. Glücklicherweise ist es trocken, sonst hätten wir nicht den Hauch einer Chance gehabt, die Höhe zu erreichen. Dann wäre uns wirklich etwas entgangen, denn die Aussicht ist schlichtweg grandios und wir fühlen uns wie auf dem Dach der Welt.

Zum Abschluss erwartet uns noch ein anspruchsvoller Abstieg: es ist sehr steil und lehmig und wir tasten uns vorsichtig im Schritttempo bergab. Die feste Forststraße scheint erreicht und alle können durchatmen. Aber zu früh gefreut, denn schon nach der nächsten Biegung sehen wir, was uns noch von dem sicheren Weg trennt: ein mächtiges Flussbett mit bedenklich großen Steinen... Aber wie üblich macht Walter mit dem Classic Range vor, wie man auch das ohne Schäden bewältigt und schon bald liegt auch dieses Hindernis hinter uns.

Zurück an unserem Ausgangspunkt genießen wir am letzten Abend noch die Annehmlichkeiten der Zivilisation in Form einer heißen Dusche und die Kochkünste unserer Gastfamilie.

Ausnahmslos alle sind begeistert von der umwerfend wilden und schönen Natur, den spektakulären Offroadwegen und der Herzlichkeit der Bevölkerung und haben den festen Vorsatz, im nächsten Jahr wieder zu kommen!

Denn: Rumänien macht süchtig!

Ute Albersdörfer

Info:

Unsere Autorin veranstaltet mehrmals im Jahr Expeditionsreisen in die rumänischen Karpaten. Mehr Infos unter http://www.4x4-adventures.com

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2023

Erscheinungsdatum 21.09.2023

148 Seiten