Mercedes G oder GL? Das ist eine Glaubensfrage. Denn hier trifft die Tradition des klassischen Geländewagens auf die technisch perfektionierte Neuzeit. GL 500 und G 500 tragen das Duell aus.
„G“ steht für Gelände, und da vermag der Alte immer noch zu zeigen, wo der Hammer hängt. Der Enkel GL ist sicher auch ein wackerer Geländewagen, mit Reduktionsgetriebe, sperrbarem Hinterachsdifferenzial und dem üblichen Elektronik-Aufgebot, das die Traktion verbessert. Aber G-Niveau erreicht er nicht – dazu ist er zu füllig um die Hüften, zu unübersichtlich und mit seinen unabhängig aufgehängten Rädern nicht so verschränkungsfreudig.
An dessen Leistung gibt es nichts zu mäkeln, auch wenn sie weit entfernt bleibt von der des GL 500. Aber allein schon die Werte des mittleren Verbrennungsdrucks, maßgeblich für die Effizienz eines Motors, zeigen den Generationen-Unterschied: 10,4 bar beim GL, nur 9,6 bar beim G. Dazu kommt beim G ein Cw-Wert, den man sich kaum hinzuschreiben traut: 0,54 (GL: 0,38).
Bei 190 km/h ist beim G Schluss
Der G ist schwerfällig wie ein Wal auf dem Trockenen, seine Lenkung hat von dem Begriff Präzision noch nie etwas gehört, in Kurven schwankt er wie ein Baum im Wind, und seine Starrachsen lachen über Warmduscher, die über stabilen Geradeauslauf oder geschmeidiges Federn das große Wort führen wollen. Die Motorelektronik zieht beim G schon bei 190 km/h die Notbremse und damit in einem Bereich, in dem der Achtzylinder- Motor noch eine gute Portion Leistung in der Hinterhand hat, die weitere Beschleunigung ermöglichen würde.
Den schwerfälligen G in kritischen Situationen ruhig zu halten, erfordert in jedem Fall rüde Eingriffe der Fahrwerks-Elektronik - das merkt man schon, wenn man einmal etwas zu zügig in eine Kurve hineinsticht. Allerdings ist der weitaus modernere und auf dem Gebiet der Fahrdynamik ausgefeiltere GL ebenfalls weit davon entfernt, dem inzwischen auch bei SUV grassierenden Trend zum sportlichen Fahrverhalten zu huldigen. Hier steht, ganz im ursprünglichen Sinne des Sport-Utility-Gedankens, der Komfort im Vordergrund.
Grundverschiedene Charakter
Die Gemeinsamkeiten der beiden, die vom Allradantrieb bis zum Achtzylinder-Motor reichen, ändern nichts am grundverschiedenen Charakter. Den größten gemeinsamen Nenner stellt, zumindest bei den hier antretenden Motor-Konfigurationen, die nonchalante Vernachlässigung jeglicher bei einem modernen Auto geforderten Ökonomie dar. So gesehen hat der alte G, wenngleich er im akribischen Plus und- Minus eines Vergleichstests keine Chance hat, doch einen Sinn: Wer ihn erwirbt, hat gleichzeitig einen Klassiker. Eigentlich müsste er serienmäßig ein H-Kennzeichen tragen.