Top-Speed-Messungen haben ergeben, dass Ferrari dieses Jahr ordentlich an Motorleistung eingebüßt hat. Teamchef Mattia Binotto gab nun erstmals zu, dass der Power-Verlust in Zusammenhang mit den FIA-Maßnahmen gegen Motortricksereien steht.
Top-Speed-Messungen haben ergeben, dass Ferrari dieses Jahr ordentlich an Motorleistung eingebüßt hat. Teamchef Mattia Binotto gab nun erstmals zu, dass der Power-Verlust in Zusammenhang mit den FIA-Maßnahmen gegen Motortricksereien steht.
Seit dem Saisonstart mussten sich die FIA-Schiedsrichter mit einigen Streitfragen auseinandersetzen. Die Proteste gegen das Mercedes DAS-System und die Racing-Point-Bremshutzen sorgten dafür, dass es im Fall der angeblichen Motor-Schummeleien von Ferrari ziemlich ruhig geworden war.
Doch die schwachen Top-Speeds der roten Autos in Spielberg brachte das Thema ganz schnell wieder auf die Tagesordnung. Selbst Teamchef Matti Binotto konnte irgendwann nicht mehr dementieren, dass man über den Winter an Leistung eingebüßt hat.
Bei der Ursache für den Zeitverlust auf den Geraden hoben die Scuderia-Verantwortlichen zunächst den erhöhten Luftwiderstand durch die veränderte Aerodynamik hervor. Doch das erklärte nicht, warum auch die Kundenteams von Haas und Alfa Romeo so viel langsamer geworden waren.
Also musste Binotto zähneknirschend zugeben, dass der aktuelle Motor schwächer ist als sein Vorgänger. Doch wie konnte das passieren? Das Reglement hatte sich im Winter schließlich nur marginal geändert. Alle wichtigen Parameter blieben gleich.
Hier steckt der Teufel im Detail. Die FIA hatte zusätzlich zum Gesetzbuch noch eine Reihe an technischen Direktiven (TD) rausgeschickt, um einige Grauzonen zu beseitigen und Tricksern das Handwerk zu legen. Das brach Ferrari offenbar das Genick.
"Seit dem letzten Jahr sind eine Reihe von TDs veröffentlicht worden, die für mehr Klarheit in einigen Bereichen des Reglements sorgen. Durch diese TDs mussten wir uns anpassen und haben dadurch Leistung verloren", gab schließlich auch Binotto zu. Allerdings fügte der Italiener an: "Das betrifft nicht nur Ferrari. Wenn ich mir die Leistungsdaten in dieser Saison anschaue, dann mussten auch andere Hersteller reagieren."
Was der Ingenieur mit der runden Brille dabei verschweigt: Kein anderer Motorenbauer hat solch einen großen PS-Verlust zu verkraften wie Ferrari. Kritiker schlussfolgern daraus, dass die Italiener am tiefsten in den Grauzonen des Regelwerks gefischt haben. Viele im Fahrerlager sind sogar fest davon überzeugt, dass Ferrari glasklar betrogen hat.
Das ließ sich durch die Untersuchungen der FIA aber offenbar nicht eindeutig beweisen, weshalb es für Ferrari einen Freispruch zweiter Klasse gab. Die Ingenieure in Maranello mussten zurückrüsten, im Gegenzug dafür verzichtete die FIA darauf, den Fall offenzulegen.
Ferrari behauptet offiziell natürlich, dass man gegen keine Regeln verstoßen habe. Doch gleichzeitig tut man alles um zu verhindern, dass die Untersuchungsergebnisse des Weltverbands offengelegt werden. "Das ist ein normales Vorgehen", winkt Binotto ab. "Sonst würden wir den anderen Teams ja Kenntnisse über unser Knowhow geben."
Als Konsequenz der Ermittlungen aus dem Vorjahr musste sich Ferrari aber bereiterklären, mit der FIA gemeinsame Sache zu machen, um gegen weitere Motortricksereien vorzugehen. "Das Regelwerk ist sehr schwierig und komplex", so Binotto. "Es gibt immer noch Bereiche, die einer Klarstellung bedürfen. Wir müssen sicherstellen, dass alle das gleiche Verständnis haben."
Der Rückstand gegenüber der Konkurrenz lasse sich laut Binotto aber nicht nur auf die Technik-Direktiven zurückführen: "Wir wollten für dieses Jahr eine Weiterentwicklung des Motors bringen, aber dann kam die lange Fabrikschließung vor dem Saisonstart dazwischen, von der die anderen Hersteller nicht so betroffen waren."
Weil die Weiterentwicklung innerhalb der Saison aus Kostengründen stark eingeschränkt wurde, muss Ferrari erst einmal mit dem bestehenden Material weiterfahren. Der Ferrari-Teamchef hofft aber, dass der Rückstand auf die Konkurrenz noch einmal aufgehoben werden kann: "Wir versuchen natürlich alles, uns zum Start der nächsten Saison so gut es geht weiter zu entwickeln."