Kein deutscher Grand Prix, kein deutscher Fahrer, kein RTL. Wird die Formel 1 in der Autonation bald schon wieder zur Randsportart? Michael Schmidt ist gespannt, wie viele Fans bei Sky für die Königsklasse bezahlen.
Kein deutscher Grand Prix, kein deutscher Fahrer, kein RTL. Wird die Formel 1 in der Autonation bald schon wieder zur Randsportart? Michael Schmidt ist gespannt, wie viele Fans bei Sky für die Königsklasse bezahlen.
Was waren das für Zeiten. In der Formel-1-Saison 2010 standen bis zu sieben deutsche Fahrer am Start. Darunter der frühere Rekord-Champion Michael Schumacher, der angehende Weltmeister Sebastian Vettel und der zukünftige, Nico Rosberg. Der Grand Prix von Deutschland war noch fester Bestandteil des GP-Kalenders. Mercedes gab nach 55 Jahren Pause sein Comeback als Team. RTL beherrschte am Sonntagnachmittag den Fernsehschirm.
Zehn Jahre später steht die Formel 1 in Deutschland vor einem Scherbenhaufen. Wenn es blöd läuft, steht 2021 kein einziger deutscher Fahrer am Start. Sebastian Vettel und Ferrari trennen sich. Nico Hülkenberg arbeitet an seinem Comeback, fürchtet aber, dass er sich bis Oktober gedulden muss, bis er Klarheit hat.
Mick Schumachers Zukunft hängt ganz von der anstehenden Formel-2-Saison ab. RTL hätte darauf spekulieren können, dass Mick den Sprung schafft. Doch das war dem Kölner Sender offenbar zu vage. Keine guten Rahmenbedingungen für eine Vertragsverlängerung, die jetzt angestanden wäre.
RTL begründet den Ausstieg nach 30 Jahren als Formel-1-Sender mit den hohen Kosten für die Übertragungsrechte. Der deutsche TV-Kanal zählte zu den größten Netto-Zahlern in dem Geschäft. Für den aktuellen Beitrag stimmt aus Sicht des Senders in Zukunft das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr. Fußball ist jetzt wichtiger. RTL bekommt gerade einen Fuß in die Tür von Deutschlands Lieblingssport, und das ist auch nicht ganz billig. Da musste die Formel 1 sterben.
RTL verkauft seine Sportarten grundsätzlich über einen deutschen Hero. Der Sport selbst ist dabei nur Nebensache. Das war auch beim Skispringen und beim Boxen so. Kaum fehlte die Identifikationsfigur, verloren die TV-Manager in Köln das Interesse.
Für RTL hat das Geschäftsmodell wunderbar funktioniert, weil seit 1991 immer ein Deutscher am Start stand, meistens sogar mit Siegchancen. Es war halt nur nicht nachhaltig genug. Das merkt man immer erst dann, wenn der National-Hero fehlt. Dann zappen die oberflächlich Interessierten auf einen anderen Kanal. Das hätten sie 2021 aber vielleicht auch getan, wenn RTL dabei geblieben wäre.
RTL wirft Liberty vor, die Formel 1 künftig im Pay-TV verstecken zu wollen. Das ist nicht der Plan. Die Amerikaner haben sich in ihrem eigenen Land umgeschaut. Ihnen schwebt vor, was American Football, Basketball, Baseball und Eishockey erfolgreich praktizieren. Ein paar Spiele sind frei empfangbar, der Rest hinter der Bezahlschranke.
Ein paar Rennen sind RTL verständlicherweise nicht genug. Und für alle war ihnen der Preis zu hoch. Sky Deutschland springt jetzt mit einer Rundum-Berichterstattung ohne Werbeunterbrechungen in die Bresche. Für die man bezahlen muss. Nur vier Rennen werden auf dem frei zugänglichen Kanal live ausgestrahlt. Als Köder, um für das Bezahlangebot zu werben.
In den USA funktioniert das Konzept. Doch Europa tickt anders. Das hat man schon in England erfahren. Der Bezahlsender Sky erreicht trotz qualitativ hochwertiger Berichterstattung nicht annähernd die Reichweite wie die BBC oder ITV.
Die Pay-TV-Strategie lohnt sich nur, weil die Abo-Preise in England gesalzen sind und es genug Nerds gibt, die bereit sind das zu bezahlen. Wegen der englischen Sprache ist der Markt auch viel größer als der, den Sky Deutschland abdeckt. Jetzt muss sich zeigen, ob RTL in all den Jahren genügend Hardcore-Fans mobilisiert hat, die bereit sind, für ihren Lieblingssport in die Tasche zu greifen. Ein Erfolg für Sky wäre somit auch einer für RTL.