In den beiden Rennen nach der Sommerpause haben zwei Fahrer die schwarz-weiße Flagge gesehen. Ist die Verwarnung ein sinnvolles Instrument im Strafkatalog oder drohen die Piloten künftig leichter über das Limit hinauszuschießen.
In den beiden Rennen nach der Sommerpause haben zwei Fahrer die schwarz-weiße Flagge gesehen. Ist die Verwarnung ein sinnvolles Instrument im Strafkatalog oder drohen die Piloten künftig leichter über das Limit hinauszuschießen.
Eigentlich schien die schwarz-weiße Flagge in der Formel 1 längst ausgestorben. Nach dem Grand Prix von Malaysia in der Saison 2010 kam sie in der Königsklasse mehr als neun Jahre nicht zum Einsatz. Doch seit der Sommerpause hat sich das geändert. Sowohl in Spa-Francorchamps als auch in Monza wurde das Signalzeichen wieder aus der Kiste geholt.
Die schwarz-weiße Flagge zeigt einem Fahrer an, dass er sich auf der Strecke unsportlich verhalten hat und warnt davor, dass eine weitere vergleichbare Aktion direkt mit einer richtigen Strafe geahndet wird. Sie ist quasi als letzte Ermahnung oder als Weckruf zu sehen und wird von vielen deshalb auch als „Gelbe Karte“ des Motorsports bezeichnet.
Nach dem Tod von Ex-Rennleiter Charlie Whiting zu Beginn der Saison schwingt mittlerweile der Australier Michael Masi das Zepter im FIA-Büro. Weil von den Piloten und den F1-Verantwortlichen der Wunsch nach weniger Strafen geäußert wurde, entschied sich der neue Mann dafür, die alte Flagge neu aufleben zu lassen.
Der erste Sünder, der das schwarze Board mit seiner Startnummer vor die Nase gehalten bekam, hieß Pierre Gasly. Der Franzose hatte die Strecke von Spa-Francorchamps in der Radillon-Kurve zu häufig abgekürzt. In Monza war es Charles Leclerc, der nach Ansicht von Rennleiter Masi im Zweikampf mit Lewis Hamilton über das Limit ging, aber noch nicht in den strafbaren Bereich vorstieß.
Nach dem Rennen wurde im Fahrerlager heftig darüber diskutiert, ob die neue weiche Linie der Schiedsrichter und die Möglichkeit einer gelben Karte dazu führen werden, dass die Piloten künftig aggressiver in Zweikämpfe gehen.
So warnte zum Beispiel Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Ich denke, wir werden künftig regelmäßig Berührungen in Zweikämpfen sehen. Die Frage lautet, ob es irgendwann zu einer großen Kollision kommen wird und wir dann wieder einen Schritt zurück machen müssen. Das ist ja das übliche Vorgehen. Bis dahin lassen wir die Fahrer kämpfen.“
Auch Guenther Steiner vom US-Team Haas befürchtet, dass es künftig härter zur Sache gehen könnte: „Die Piloten sind ja clever. Sie reizen die Limits immer weiter aus und schauen, wie weit sie gehen können.“ Der Südtiroler sieht aber auch positive Aspekte: „Wenn es richtig eingesetzt wird, halte ich es für eine gute Maßnahme. Man sollte es aber nicht zu oft einsetzen und Strafen damit komplett ersetzen. Dann wird es wirkungslos. Das ist ein schmaler Grat.“
Einige Kritiker stören sich daran, dass der Rennleiter mit dem Zeigen der schwarz-weißen Flagge zu viel Macht bekommt. Das Verteilen von Strafen gehört eigentlich in den Aufgabenbereich des vierköpfigen Steward-Panels. Der Rennleiter ist eigentlich nur dafür zuständig, strittige Szenen zur Untersuchung an die Kommissare weiterzuleiten.
Doch Masi widerspricht: „Wenn die Stewards das Gefühl haben, eine Szene verdient mehr als nur eine Verwarnung, dann können sie eigenmächtig eine Untersuchung einleiten und dann am Ende auch eine Strafe aussprechen.“ Doch wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die FIA-Kommissare von sich aus den FIA-Rennleiter überstimmen, kann sich jeder selbst ausmalen.
Masi glaubt auch nicht, dass die gelbe Karte die Fahrer zu gefährlichen Manövern verleiten wird. „Sie wissen ganz genau, wenn sie sich an der Grenze befinden – und dass sie diese Grenze auch relativ schnell überschreiten können. So wie wir das Tool bisher eingesetzt, erfüllt es seinen Zweck. Natürlich muss man sich jeden Fall genau ansehen.“
McLaren-Teamchef Andreas Seidl hat Vertrauen, dass der neue Rennleiter die Lage unter Kontrolle hat: „Dafür, dass er noch nicht lange dabei ist, macht er bisher einen phänomenalen Job. Nicht nur, was seine Entscheidungen auf der Strecke angeht, sondern auch, wie er mit den Teams kommuniziert. Die Urteile der FIA-Stewards lagen in dieser Saison auf einer Linie. Natürlich gibt es immer Entscheidungen, über die kontrovers diskutiert wird, aber meiner Meinung nach war es bisher gut.“