Nissan macht aus seinem rein elektrisch angetriebenen Lieferwagen e-NV200 einen Eiswagen, der ohne Verbrenner-Aggregat oder externen Stromanschluss funktioniert.
Nissan macht aus seinem rein elektrisch angetriebenen Lieferwagen e-NV200 einen Eiswagen, der ohne Verbrenner-Aggregat oder externen Stromanschluss funktioniert.
Kühlaggregate sind energiehungrig, deshalb sind die größeren von ihnen selten an Batterien angeschlossen. Nissan ändert das jetzt bei dem Prototyp eines Eiswagens: Zusammen mit dem Öko-Eishersteller Mackie’s of Scotland haben die Japaner einen rein elektrisch angetriebenen e-NV200 mit einer ebenfalls rein elektrisch angetriebenen Kühl-Apparatur ausgerüstet.
Die Energie für das Kühlaggregat kommt nicht von der 40 Kilowattstunden speichernden Antriebbatterie (WLTP-Reichweite des e-NV200: 301 Kilometer), sondern von einem eigens entwickelten Zusatzmodul namens Nissan Energy Roam. Gebrauchte Lithiumionen-Akkus aus älteren Nissan-Fahrzeugbatterien (gebaut ab 2010) sind das Herzstück des Moduls, von dem wiederum zwei im Eiswagen verbaut sind. Die beiden tragbaren Modul-Batterien haben eine Speicherkapazität von jeweils 700 Wattstunden (gesamt: 1,4 Kilowattstunden), die Leistungsabgabe ist auf ein Kilowatt begrenzt. Das Aufladen dauert an einer 230-Volt-Haushaltssteckdose eine Stunde, mithilfe der drei auf dem Dach montierten Solarpanels zwei bis vier Stunden.
Für das Projekt suchte sich Nissan Mackie’s als Partner aus, weil die Schotten damit werben, für die Produktion ihrer Molkereierzeugnisse ausschließlich Wind- und Sonnenenergie sowie Strom von Biomasse-Kraftwerken zu nutzen. Zudem geben sich die Entwickler beim e-NV200-Eiswagen besonders volksnah: Die Eisverkäuferin oder der Eisverkäufer stehen nicht im Wagen hinter einem Tresen, sondern mit den Kunden auf der Straße und bedienen von dort aus. Nissan verschweigt, dass dies eine technische Notwendigkeit ist: Mit einer Stehhöhe von 1,36 Metern wäre der e-NV200 für eine Bedienung von innen über einen Tresen ungeeignet, zudem scheinen bereits die zusätzlichen Batterie- und Kühlmodule das Ladeabteil gut auszufüllen.
Bei der Bezahlung wollen Nissan und Mackie’s nicht nur klassisches Bargeld akzeptieren, sondern auch Karten oder Überweisungen per Smartphone. Außerdem soll der Eiswagen nicht mit einem lieblichen Glockenspiel auf sich aufmerksam machen, sondern seine Position über die Adressservice-App What3Words bekannt geben – What3Words teilt die Oberfläche der Welt in drei mal drei Meter große Quadrate ein, was ein Auffinden von beispielsweise Fahrzeugen erleichtern soll. Außerdem soll der Eiswagen auch außerhalb der Saison noch ein bisschen Einkommen generieren können: Dank seiner Fähigkeit zum bidirektionalen Laden (V2G – Vehicle-to-Grid) kann er in Zeiten von Energieüberschüssen Strom in seinen Batterien speichern und diese bei Bedarf ins Netz zurückspeisen.
Zu der Frage, ob und wenn ja wann der e-NV200-Eiswagen in Serie geht, hat sich Nissan bisher nicht geäußert.
Zur lokal emissionsfreien Mobilität gehören auch lokal emissionsfreie Kühlfahrzeuge. Insofern ist der Schritt, den Nissan mit seinem rein elektrischen Eiswagen vom Typ e-NV200 geht, nur logisch. Außerdem ist die Wiederverwendung von alten Lithiumionen-Batterien im doppelten Sinne eine gute Idee – schließlich ist ihre Herstellung umwelttechnisch umstritten und außerdem zeigt sich aktuell, dass ihre Lebensdauer viel höher ist, als anfänglich vermutet.
Nissan ist in Sachen NV200-Marketing clever, schließlich war es den Japanern einst gelungen, die Personen-Variante des Kleintransporters als Standard-Fahrzeug für die Taxis in New York zu etablieren. Nach Klagen von Taxifahrern über die hohen Kosten und praktische Nachteile des NV200 sowie unter dem Konkurrenzdruck von Fahrdienstvermittlern wie Uber und Lyft, zog New York kürzlich die Empfehlung für den NV200 als Taxi zurück. Wie an dem neuen Eiswagen-Prototyp zu sehen, geben die tapferen Japaner nicht auf und halten den NV200 mit frischen Ideen weiter im Blickpunkt der Öffentlichkeit.