Nach der Übernahme von Opel durch den PSA-Konzern haben sich das Management und der Betriebsrat auf das Sanierungspaket „PACE!“ geeinigt.Jetzt wurde ein Teil des Entwicklungszentrums verkauft.
Nach der Übernahme von Opel durch den PSA-Konzern haben sich das Management und der Betriebsrat auf das Sanierungspaket „PACE!“ geeinigt.Jetzt wurde ein Teil des Entwicklungszentrums verkauft.
Nach den Sommerferien 2018 will PSA offenbar die Produktion in den Opel-Werken Rüsselsheim und Eisenach zurückfahren, berichtete die „Mainzer Allgemeine Zeitung“. In Rüsselsheim solle die Taktzahl nach den Sommerferien von 55 auf 42 Fahrzeuge pro Stunde sinken und im Werk Eisenach von 37 auf 30. Die Belegschaft befürchtet dauerhafte Einschnitte bei Opel, denn ein Werk brauche ein bestimmtes Produktionsvolumen, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein.
Die Sanierung von Opel unter Leitung des PSA-Konzerns macht Fortschritte. Nach 20 Jahren, in den Opel tief in der Verlustzone weilte, gelingt es dank der harten Sparmaßnahmen nun erstmals einen Gewinn einzufahren. Im ersten Halbjahr des Jahres betrug das Betriebsergebnis 502 Millionen Euro. „Nach den vielen Jahren ist die Erholung ein Beweis für das Potenzial – und das entgegen allen Erwartungen“, sagte PSA-Finanzvorstand Jean-Baptiste de Chatillon. Es sei aber erst der Anfang. Die Tochtergesellschaft müsse sich jetzt weiter verbessern, um das Niveau der Gruppe zu erreichen.
Der Aufsichtsrat von Opel/Vauxhall hat Frédéric Brunet und Xavier Duchemin mit Wirkung zum 1. August 2018 als neue Geschäftsführer bestellt. Brunet wird Chief Financial Officer (CFO) des Unternehmens, er folgt auf Philippe de Rovira, der zum 1. August zum Mitglied des Executive Committees und CFO der Groupe PSA ernannt wurde. Duchemin wird neuer Geschäftsführer Vertrieb, Aftersales und Marketing. Er übernimmt die Position von Peter Küspert, der nach fast fünf Jahren im Amt das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt. Frédéric Brunet und Xavier Duchemin berichten direkt an Opel/Vauxhall CEO Michael Lohscheller.
Opel wird einen Teil seines Rüsselsheimer Entwicklungszentrums an den französischen Ingenieurdienstleister Segula Technologies verkaufen. Dazu haben beide Unternehmen eine „strategische Partnerschaft“ vereinbart und einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. Der Abschluss des Teilverkaufs werde für das zweite Quartal nächsten Jahres erwartet. Über den Kaufpreis haben Opel und Segula Stillschweigen vereinbart.
Zudem sichert sich das französische Unternehmen Anlagen für die Fahrzeug- und Antriebsentwicklung. Vorgesehen ist, einzelne Opel-Entwicklungsabteilungen zu verkleinern und sie nicht vollständig auszulagern. Segula Technologies will den bis Juli 2023 vereinbarten Kündigungsschutz erhalten.
In einem gemeinsamen Eckpunktepapier hatten Opel und der Betriebsrat am Dienstag (29.5.2018) bekannt gegeben, 3.700 Stellen in Deutschland zu streichen – davon haben bereits 3.500 Mitarbeiter ein freiwilliges Programm über Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindungen angenommen. Die weiteren rund 15.000 deutschen Opel-Mitarbeiter erhalten Kündigungsschutz bis 2023. Für mehr Wettbewerbsfähigkeit werden tarifliche Entgelterhöhungen auf übertarifliche Gehälter angerechnet, die bereits im Tarifabschluss 2018 vereinbarten Zusatzzahlungen entfallen, weitere Tariferhöhungen nach 2020 werden bis 2023 verschoben.
Die IG Metall hatte im Vorfeld mit hartem Vorgehen gedroht, sollte es keine Jobgarantien für die Werk Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern über das Jahr 2020 geben. Schon seit Monaten schwelte darüber ein Streit zwischen Opel mit der Gewerkschaft, der die Lösungsfindung erheblich erschwerte. Die Gewerkschaft und der Betriebsrat waren zunächst gegen einen Lohnverzicht für die 19.000 Opel-Mitarbeiter in den deutschen Werken. PSA forderte jedoch Zugeständnisse und machte Investitionen in Werke davon abhängig, ob diese wettbewerbsfähig sind.
In der gemeinsamen Mitteilung von Opel und dem Betriebsrat heißt es weiter, dass in alle drei Standorte inklusive des Entwicklungszentrums von 2018 bis 2023 „signifikante“ Investitionen fließen werden. Ein Teil dieser Investitionen fließt in die zwei Produktionsschichten für den Opel Grandland X in Eisenach, inklusive der Hybridversion, die dort ab 2020 vom Band rollen wird. Das exakte Investitionsvolumen will Opel zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
Das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim wird in den PSA-Entwicklungsverbund integriert und soll unter anderem die nächste EP-Motorenfamilie (Vierzylinder-Benziner) entwickeln. Darüber hinaus ist das Zentrum für die Entwicklung aller Opel-Modelle auf PSA-Plattformen verantwortlich.
Die erste Standort- und Modellentscheidung nach der Opel-Übernahme durch PSA hat Opel-Chef Lohscheller bereits Mitte Februar 2018 verkündet: Der neue Corsa wird ab 2019 ausschließlich in Sarragossa gebaut. Das spanische Werk soll ab 2020 außerdem den Elektro-Corsa bauen, das erste elektrisch angetriebene Auto, das Opel selbst produziert. In Sarragossa läuft der Corsa seit 1982 vom Band, es wurde damals extra für den neuen Kleinwagen gebaut.
Der Opel Corsa F wird die sechste Generation des Kleinwagens sein und erstmals auf PSA-Technik basieren. Es ist nach Grandland X, Crossland X und Combo der vierte Opel auf PSA-Basis. Im Jahr 2017 wurden in Saragossa 876.672 Autos gebaut. Mit Corsa, Crossland X, Mokka X und Citroën C3 Aircross läuft dort heute schon ein PSA-Opel-Mix vom Band.
CO2-Flottenziel, Effektivität, Elektrostrategie – PSA-Chef Carlos Tavares ließ in den ersten 100 Tagen nach der Opel-Übernahme am Status Quo kein gutes Haar. Mit dem Zukunftsplan Pace will Opel in enger Zusammenarbeit mit PSA auf die Spur kommen. Pace steht für Profitabilität und Performance (Leistung), Agility und Accountabliity (Verantwortlichkeit), Collaboration (Zusammenarbeit) und Customer Focus (Kundenorientierung) sowie Enablement (Befähigung) und Empowerment (Ermächtigung).
Bis 2020 sollen vier elektrifizierte Modelle auf den Markt kommen. Zwei davon sind bereits angekündigt worden: Der Opel Grandland PHEV mit Plug-in-Hybridantrieb und der Corsa mit rein elektrischem Antrieb. Der neue Corsa kommt 2019 auf einer PSA-Plattform, er wird in Sarragossa gebaut.
In Rüsselsheim soll ein D-Segment-Auto (also Insignia-Größe), vermutlich ein großere Crossover, auf Basis der PSA-Plattform EMP2 (Peugeot 308 bis 5008) gebaut werden. In Eisenach soll künftig ein SUV auf derselben Plattform entstehen.
Künftig wird es zwei statt neun Plattformen (also die Compact Modular Plattform CMP und die EMP2 von PSA) geben. Die Anzahl der Antriebsvarianten wird reduziert. Diese reduzierte Komplexität spart Geld bei Entwicklung und Bau der Autos.
Modelle, die noch auf GM-Plattformen basieren – oder gar GM-Entwicklungen sind – wie der Opel Mokka X und der Ampera-e haben so keine Chance. Sie werden aus dem Programm fallen.
Über den Ampera-e hatte Tavares bereits gesagt, dass dieses Auto Verlust bringe. Das passt nicht zu einem auf Profitabilität ausgerichteten Zukunftsplan. Im September 2017 waren vom Ampera-e laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Deutschland gut 100 Fahrzeuge zugelassen. Europaweit hat Opel nach eigenen Angaben 2017 rund 2.000 Ampera-e verkauft. Inzwischen gibt Opel für den Ampera-e eine Lieferzeit von 3 bis 4 Monaten an.
Ab 2018 will Opel jedes Jahr eine große Neuheit präsentieren. Das erste Modell wird der neue Combo sein, der bereits auf einer PSA-Plattform entwickelt wird. Bis 2020 sollen 8 weitere Premieren folgen – inklusive Karosserievarianten.
Beim Thema Elektromobilität schmiedet PSA eine Allianz mit dem japanischen Elektromotorspezialisten Nidec. Mit dessen französischer Tochter Nidec Leroy-Somer haben die Franzosen ein Joint-Venture eingefädelt, an dem jeder der Partner 50 Prozent halten. Das Gemeinschaftsunternehmen soll Elektromotoren in Frankreich fertigen. Die E-Motoren sollen in Modellen aller Marken – also Peugeot, Citroën, DS und auch Opel – zum Einsatz kommen. Das französisch-japanische Joint-Venture soll Anfang kommenden Jahres starten, die Unternehmen wollen zusammen 220 Millionen Euro investieren.
Bis 2020 soll Opel 2% Marge erzielen, bis 2026 sollen es 6% Marge sein – ein Ziel, das PSA laut Tavares schon heute erreicht. Um dieses Ziel zu erreichen, soll jedes Auto 700 Euro günstiger produziert werden.. Konkret muss der Vertrieb 30% Kosten einsparen, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden um, 25 % gekürzt. Die Marketingkosten sinken um 10% senken, für IT und Dienstreisen soll weniger Geld ausgegeben werden. Die Auslastung der Werke soll verdoppelt, Komponentenvielfalt halbiert werden.
Lohscheller sagt: „Opel bietet deutsche Ingenieurkunst mit skulpturaler Formgebung und bezahlbaren Zugang zu Technik. Opel bleibt eine echte deutsche Marke.“ Als Beispiel nennt der Opel-Chef den Grandland X, der auf Basis der EMP2 zusammen mit dem Peugeot 3008 entwickelt wurde. PSA-Boss Carlos Tavares fordert die deutsche Entwicklungsmannschaft auf, den Autos typisch deutsche Eigenschaften mitzugeben.
Die Details zur Opel-Zukunft im Einzelnen:
Wirtschaftlichkeit und Jobs
Werke und Modelle