Der BMW X5 zählt zu den erfolgreichsten Sportlern unter den 4Wheelern. Doch wie verhält sich das kann das 4,85 Meter lange und 2,3 Tonnen schwere Dickschiff im Gelände? Meistert der Besteller auch unsere harte Geländeprüfung, den Supertest?
Der BMW X5 zählt zu den erfolgreichsten Sportlern unter den 4Wheelern. Doch wie verhält sich das kann das 4,85 Meter lange und 2,3 Tonnen schwere Dickschiff im Gelände? Meistert der Besteller auch unsere harte Geländeprüfung, den Supertest?
Das Jahr 1999 hat bei BMW einen besonderen Stellenwert: Damals präsentierten die Bayern ihr erstes Allradauto mit Gelände-Ambitionen, den X5. Gebaut im US-Werk Spartanburg, South Carolina, soll der massige Offroader mit dem Produkt-Code E53 von Anfang an eine besondere Rolle spielen: BMW bezeichnet den X5 als SAV (Sports Activity Vehicle).
Der BMW X5 gehört zu den meistverkauften Geländewagen
Damit will man den BMW X5 vom Rest der Allradwelt unterscheiden: als besonders fahraktiven, sportlichen Vertreter seiner Zunft. Das Ziel wurde erreicht. Von Beginn an überzeugte der X5 nicht nur durch seine hohe Fertigungsqualität (ein Punkt, mit dem der im Nachbarstaat Alabama gebaute Konkurrent Mercedes ML in den Anfangsjahren arg zu kämpfen hatte), sondern auch mit seinem messerscharfen Handling. So etwas hatte es bis dato im Geländewagen-Lager noch nicht gegeben.
Beeindruckendstes Beispiel: die 7:49-Minuten-Runde von Hans-Joachim Stuck auf dem Nürburgring, gefahren im X5 LeMans-Prototypen mit 700-PS-V12. Der Verkaufserfolg gab den Bayern Recht, darauf hatte der Markt offensichtlich gewartet: Seit seiner Deutschland-Premiere im Jahr 2000 gehört der X5 zu den meistverkauften Geländewagen bei uns.
Der X5 will Maßstab im Bereich der sportlichen Geländegänger sein
Im März 2007 - in den USA schon zum Produktionsbeginn Ende 2006 - ist der Nachfolger gestartet: der X5 mit dem Werkscode E70. Erheblich größer, mit neuen Motoren, überarbeitetem xDrive-Allradsystem und weiterhin dem Willen, Maßstab im Bereich der sportlichen Geländegänger zu sein. Für das Modelljahr 2008 kamen noch weitere Feinheiten an Bord. Allen voran der prächtige Dreiliter-Biturbo-Diesel, der satte 286 PS liefert. Und mit grünem Anstrich daherkommt: Ab sofort hält auch beim X5 Efficient Dynamics Einzug - jenes Konzept, das unter anderem mit Bremsenergie-Rückgewinnung, bedarfsweise abgeschalteten Komponenten wie Lichtmaschine und Klimakompressor oder verbesserter Aerodynamik zur entsprechenden Verbrauchsreduzierung führen soll.
Extrem sparsam wird der 580-Newtonmeter-Bulle damit jedoch nicht, 2,3 Tonnen Leergewicht fordern ihren Tribut. Einen Rückschritt gegenüber dem Vorgänger E53 gibt es aber auch: Der bot mit der optionalen Luftfederung noch die Möglichkeit, per Schalter für den Geländebetrieb ein paar Zentimeter zusätzliche Bodenfreiheit herauszukitzeln. Der E70 hat nur noch an der Hinterachse eine Luftfederung mit automatischer Niveauregulierung und beim xDrive35d immer gegen Aufpreis - Offroad-Vorteil dahin.
Der E70-X5 scheitert auf der zweiten Teilstrecke vollständig
Die Unterbodenverkleidung bringt dem X5 bei flüchtiger Betrachtung zwar ein optisch sehr aufgeräumtes Unterhaus, doch dort liegt trotz vorbildlicher Aggregate-Verlegung einiges im Argen. Nicht zu vergessen das Problem, dass die großflächigen Verkleidungen auch dankbar jedweden Schlamm und Schmutz, der sich durch die zahlreichen Öffnungen mogelt, dauerhaft aufsammeln. Überhaupt keinen Spaß hat uns in diesem Supertest der Ritt über die Verwindungsbahn bereitet: Diese Verschränkungsstrecke hätte der Vorgänger mit höhenverstellbarer Luftfederung und kürzerem Radstand eventuell noch irgendwie bewältigt, der E70-X5 jedoch leidet schon auf dem gemäßigten ersten Abschnitt und scheitert auf der zweiten Teilstrecke vollständig.
Die sehr straffe Federung ist eines Luxus-SUV völlig unwürdig
Zu viel Sport? Das fragen wir uns auch am Geröllhang, denn BMW ist berüchtigt dafür, in den X-Modellen sehr straffe Federungen zu installieren. Und tatsächlich rumpeln wir über die eingemauerten Gesteinsbrocken dahin - für ein Luxus-SUV völlig unwürdig. Erste aufkeimende Fahrfreude gibt es dagegen bei den Steilhang-Prüfungen. Einerseits wegen des fabelhaften Dieselmotors, der den X5 mit bemerkenswertem Druck bergauf schiebt. Andererseits wegen der Bergabfahrkontrolle HDC, die - mit Schwächen bei der Bedienung - hervorragend funktioniert. Kein Wunder allerdings, hat doch BMW als ehemaliger Eigner von Land Rover die HDC-Technik schon für den Vorgänger bei den Briten abgestaubt. Neben dem Geländeeinsatz ist die regelbare Hill-Descent-Control allerdings auch im Straßeneinsatz Gold wert. Besonders auf winterlich vereisten oder schneebedeckten Straßen im Gebirge ist sie extrem hilfreich, um den schweren Allradler sicher talwärts zu lenken. Passend dazu die regelbare Geschwindigkeit bis Tempo 25.
Beim Thema Handling lässt der BMW X5 nichts anbrennen
Großes Aufgeigen bei der Paradedisziplin des X5: Handling. Da lässt er auch in unserer auf diesen Aspekt abgestimmten Supertest-Prüfung nichts anbrennen. Der Fotograf hat sein Equipment längst eingepackt, alle Test- und Messprotokolle sind ausgefüllt, und trotzdem legen wir begeistert eine um die andere Extrarunde auf der Lockersand-Strecke zurück - besser war hier noch keiner. Freude am Fahren! Weniger begeistert ist das Testteam, als die Vorbereitung für die Wasserdurchfahrt ansteht: Die Luftansaugung im direkten Schwallwasserbereich mag zwar leistungsfördernd für die Autobahn sein, in nassen Furten ist das aber lebensgefährlich für den Motor. Nicht umsonst schreibt BMW Schrittgeschwindigkeit bei der sehr optimistischen Wattiefe von einem halben Meter vor.
Der BMW X5 zeigt sich überraschend übersichtlich und wendig
Überraschendes gibt es bei unserer Walddisziplin im Trial-Kurs, wo Übersichtlichkeit und Wendigkeit bewertet werden. Besonders in letzterer Disziplin kann das 4,85 Meter lange und 1,93 Meter breite Dickschiff Verwunderung stiften. Wie es die Stangen umschmeichelt - da könnte sich manch schmalerer und kürzerer Geländewagen ein Beispiel daran nehmen. Forstbesitzer, Jäger und sonstige Waldfahrer dürfen sich freuen: Mit dem X5 sind sie auch im engen Baumbestand trotz der respektablen Abmessungen bestens ausgerüstet. Gleiches gilt für die Traktionsprüfung im Lockersand-Modul: Das elektronisch gesteuerte Allradsystem xDrive mit seiner variablen Kraftverteilung krempelt den tiefen Pudersand auf links - war da was? Das läuft sehr souverän ab, allerdings auch nur in der kurzen achten Prüfung.
Einer tiefe Schlammdurchfahrt sollte man mit dem X5 vermeiden
Die letzte Sektion des Supertests, abermals tiefer Sand, diesmal aber mit 20 Prozent Steigung über eine lange Distanz, bringt den BMW X5 ziemlich aus dem Tritt. Nicht nur, dass die Motorsteuerung trotz aktiviertem Geländemodus der Traktionskontrolle schwer dazwischenpfuscht - der Bayer schafft es auch nicht ganz nach oben und überhitzt zudem! Diese Sektion lässt sich von den Traktionsverhältnissen mit einer tiefen Schlammdurchfahrt vergleichen - so was sollte man also mit dem X5 tunlichst vermeiden. Auf diese Idee kommt man ohnehin von selbst angesichts des Innenraums unseres Testwagens: tieffloriger Teppich in hellem Beige. Wer so ein Fahrzeug in einer Modderpfütze versenkt, dort aus- und wieder einsteigt, gehört definitiv zum schmerzfreien Teil der X5-Käufer.
Auf den ersten Blick wirkt das alles sauber gemacht: Großflächige Verkleidungen ziehen sich bis nach hinten. Beim Nachfassen wird allerdings klar: Fast alles Plastik, reine Aerodynamik-Hilfen, kein echter Schutz. Ungewöhnlich: Die Hinterachs-Bremsleitungen flattern lose hinter dem Achsquerträger, das muss nicht sein und ist bei hochspreizenden Ästen gefährlich. Der ungeschützte Seitenschweller liegt extrem tief. Weit unten sitzt auch der Endschalldämpfer, von dem die beiden Auspuffrohre abzweigen. Hier kann es auf felsigem Untergrund schnell zu Beschädigungen kommen. Die reichlichen Verkleidungen verbessern zwar die Aerodynamik auf der Straße, doch bei einer Schlammfahrt wird kiloweise Material aufgesammelt, dessen anschließende Entfernung zur echten Fleißarbeit ausarten dürfte. Nur unter dem Motor ist statt Kunststoff ein echter Blechunterfahrschutz verbaut. Noch tiefer als das Hinterachsdifferential schlängelt sich das Edelstahl-Rohr der Auspuffanlage bis zum Endtopf.
Ratlos sehen sich die Testfahrer an, als der X5 bereits auf der gemäßigten, mit nur 50 Punkten bewerteten ersten Teilstrecke der Verwindungsbahn hörbar über den Boden schabt. So schlecht? Die Traktionskontrolle gibt sich verwirrt, bei zwei Rädern in der Luft geht es nur mit viel Gas voran. Es kommt noch ärger: Auf Bahn 2 muss bereits im ersten Drittel abgebrochen werden. Der X5 setzt auf, eine Weiterfahrt wäre nur mit Beschädigung möglich, das ersparen wir uns und dem BMW. So etwas kann er definitiv nicht, er beendet damit als erster "Abbrecher" die Verwindungsbahn: Vor ihm haben alle Supertest-Kandidaten diese Disziplin geschafft. Manche irgendwie, manche überragend.
Holper, holper, holper! Das ist die Bildsprache im Comic-Stil, die sich bei der Begutachtung des großen BMW im Geröllhang zwangsläufig ergibt. Bergab macht es ohne die aktivierte Hill-Descent-Control und mit eiligst zu Tal rauschendem BMW keinen großen Spaß, auch mit HDC rüttelt der X5 die Besatzung ordentlich durch, nur eben bei langsamer Fahrt. Die Federung hat spürbar Mühe, Bodenkontakt zu halten. Ohne HDC wäre das auf einer langen Bergabstrecke im verworfenen Gelände ein richtiges Abenteuer. Bergauf besinnt sich der BMW seiner Traktionskontrolle und treibt die schwere Fuhre in Schrittgeschwindigkeit lässig nach oben. Allerdings etwas ruckartig: Das sehr sensibel reagierende Gaspedal, die permanenten Impulse vom Untergrund - daraus resultieren ständige kleine Gasstöße und eine entsprechend unharmonische Fahrweise, so sehr man sich auch anstrengt. Das gilt insbesondere für die manuell geschaltete Fahrt im ersten Gang - in Stufe D des Automatikgetriebes fährt er im zweiten an.
Ohne Hill-Descent-Control nimmt der BMW bereits bei der 20-Prozent-Steigung bergab Tempo auf, mit aktiviertem HDC dagegen - absolut souverän. Störend jedoch: Die Regelung über den Hebel des Tempomaten muss bei jedem HDC-Einsatz neu vorgenommen werden, sie startet stets bei 9 km/h. Auf extremen Steilstücken ist das zu schnell. Bergauf geht dem Dreiliter-Diesel so schnell nicht das Schmalz aus - selbst die steilste Messstrecke bezwingt er mit jeder gewünschten Geschwindigkeit, ob Schleichfahrt oder im Galopp. Die Berganfahrkontrolle hält den X5 für drei Sekunden fest, nachdem das Bremspedal gelöst wurde. Im steilsten Teilstück greift beim Anfahren im Hang kurz die Traktionskontrolle ein.
Hier ist er zu Hause - eine überwältigende Performance. Nicht nur die schiere Kraft des 286-PS-Motors, auch die ausgezeichnete Lenkung und das stramme Fahrwerk leisten Bestes. Das ESP lässt sich in zwei Stufen entschärfen: Normal abgeschaltet, meldet es sich bei extremem Ausbrechen zu Wort, bei kompletter Deaktivierung bleibt es selbst bei wilden Drifts untätig. Der Power-Diesel lässt den schweren BMW mit unglaublichem Druck durch den tiefen Sand pflügen, baut mächtig Tempo auf - Rallyefeeling pur. Der manuell vorgewählte erste Gang wird jedoch vor Erreichen des Drehzahllimits automatisch ausgeblendet und der zweite eingelegt. Dünen- und Tiefsand-Etappen sind zumindest leistungsmäßig und fahrdynamisch ein Kinderspiel. Allerdings wird es dem Antriebsstrang hier bei forcierter Gangart bereits ziemlich warm - durch die Unterbodenverkleidung kann weniger Hitze über die Gehäuseaußenseiten abgeführt werden.
500 Millimeter Wattiefe gibt BMW frei, allerdings nur bei Schrittgeschwindigkeit. Man tut gut daran, selbst dieses Tempo zu unterschreiten: Jede größere Bugwelle mündet unmittelbar im Ansaugstutzen, der direkt hinter dem Kühlergrill liegt - akute Wasserschlag-Gefahr! Die doppelten Türdichtungen halten das Wasser zuverlässig draußen. Dafür dringt trotz laufendem Motor Wasser in den voluminösen Endtopf, das mit Gasstößen spektakulär wieder ausgeblasen wird. In die Hohlräume fließt Wasser ein, Schlamm wäre da fatal. Der anspringende E-Lüfter schaufelt den Motorraum voll. Die Scheinwerfer beschlagen leicht. Und: Nach dem Test funktioniert die Heizung nicht mehr. Also: Wasser besser meiden!
Mit seinen stattlichen Abmessungen wirkt es zunächst ein bisschen mutig, den Tanz zwischen den eng gesteckten Stangen zu wagen. Doch der X5 gibt sich überraschend wendig und lässt sich mit ein bisschen Rangierarbeit relativ problemlos durchzirkeln - Respekt! Vor engen Waldetappen muss man sich also nicht zu sehr fürchten, wenn man es langsam angeht und die Flanken samt der herausgestellten Radhäuser stets im Rückspiegel beobachtet. Die Übersichtlichkeit ist dagegen nicht berauschend. Den Bug kann man nur erahnen, direkt nach hinten behindern die Kopfstützen und die sich nach unten verbreiternde D-Säule die Sicht.
Bei der Sektion Sanddurchfahrt gibt es entspannte Gesichter. Trotz des hohen Gewichts bleibt der X5 berechenbar und einfach zu dirigieren. Dazu kommt tüchtig Druck aus dem Maschinenraum. Wie sehr die gute Performance seinem höchst effektiven xDrive-Allradantrieb zuzuschreiben ist, zeigt der Bremstest, bei dem die relativ fein profilierten Reifen ohne nennenswerten Widerstand in Gleitflug gehen und das ABS schier endlos in der Regelphase bleibt. Im Lockersand anfahren gelingt problemlos; überlässt man dem Automatikgetriebe die Auswahl, wird stets im zweiten Gang gestartet. Kräftigeres Wühlen bringt der manuell geschaltete Erste, was auf lockerem Untergrund aber nicht immer von Vorteil ist.
Auch dieser BMW ist eines der modernen Fahrzeuge, bei denen die Elektronik nicht immer nachvollziehbare Entscheidungen trifft. Gerade in dieser Sektion hatten wir das bereits bei mehreren Kandidaten. Egal, in welchem Modus gefahren wird - gelegentlich und ohne erkennbaren Grund gibt es volle Leistungsfreigabe, dann wird wieder in Intervallen abgeregelt. Bis zum Ende des Sandhangs schafft es der X5 nicht. Beim ersten Versuch gräbt er sich ein, beim zweiten Durchlauf meldet der Bordcomputer, dass Überhitzung droht. Klar, dass die Automatik vom Power-Diesel tüchtig durchgequirlt und richtig warm wird. Doch nach nur zwei Durchläufen ergebnislos die Segel zu streichen, bedeutet eine Nullnummer in Teilwertung zwei. Kein Vergnügen, wenn so etwas auf einem richtigen Offroad-Trip fern der Heimat passiert.
Bereits zur Markteinführung wurde BMW nicht müde zu betonen, es handele sich beim X5 um ein neuartiges Konzept, kein SUV, sondern ein "SAV". Dennoch: Der X5 ist per Definition ein Geländegänger, konkurriert mit Mercedes ML und VW Touareg. Offensichtlich aber nur auf der Straße. In unserem Supertest offenbarte der BMW konzeptionelle und konstruktive Defizite in mehreren schweren Sektionen, die von seiner fabelhaften Fahrdynamik nicht aufgefangen werden konnten. Wer sich mit dem großen Münchner in schweres Geläuf wagt, kann im Zweifelsfall böse scheitern. Ganz klar: Den Supertest hat der BMW X5 daher nicht bestanden.
BMW X5 3.0d Sportpaket | |
Grundpreis | 50.050 € |
Außenmaße | 4667 x 1872 x 1715 mm |
Kofferraumvolumen | 465 bis 1550 l |
Hubraum / Motor | 2993 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 160 kW / 218 PS bei 4000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h |
Verbrauch | 9,5 l/100 km |