Das 50jährige Jubiläum des zivilen Jeep feiert derbekannteste Geländewagenhersteller der Welt mit einem ganz neuen Wrangler, der sich stilistisch an klassischen Vorbildern orientiert.
Ein Jeep steht seit 1951 im Museum of Modern Art. Neben Coca-Cola ist diese legendäre Marke der weltweit bekannteste Name in der US Industrie. Der Jeep (angeblich entstanden aus GP für General Purpose = Allzweck) ist in der amerikanischen Lebensart so tief verwurzelt wie Hamilton- Mixer, Campbell’s Suppen oder der Sechsschüsser des Samuel Colt.Ein solches Denkmal zumodernisieren stellt keineleichte Aufgabe dar. Schon beim Vorgänger, der noch viele Blechteile mit dem Urgestein Jeep CJ gemein hatte, erbosten sich die in der Wolle gefärbten Jeeper ob der rechteckigen Scheinwerfer. Und jetzt ist noch viel mehr neu – genauer gesagt sämtliche Karosserieteile außer der Heckklappe und den Türen.Dafür kamen die runden Scheinwerfer wieder, die jetzteinen deutlich niedrigeren Kühlergrillflankieren. So richtig macho wie früher kommt der Jeep trotzdem nicht daher, denn die serienmäßigen Reifen stehen trotz stattlicher Größe (225/75 R 15) etwas mickrig in den Radhäusern. Dass der deutsche TÜV dem Wrangler unförmige Plastikverkleidungen verordnete, macht die Sache für Kerle in Western- stiefeln und karierten Hemden nicht besser. Noch gewöhnungsbedürftiger wird die Glaubensgemeinde das neue Interieur finden. Sicherheitsanforderungenhaben hier ein Ambiente geschaffen, dessen steriles Plastikdesign keinerlei markentypische Elemente mehr zeigt. Aber dafür besitzt der Jeep jetzt zwei Airbags, und auch die Ergonomie der Bedienungselemente hat von der Orientierung an Allerweltsvorbildern profitiert. Die knappe Außenlänge – der Wrangler misst 14 Zentimeter weniger als ein VW Golf – schränkt das Platzangebot ein. Im Fond gibt es nur ein niedliches Bänkchen, auf dem zwei Personen in enge Tuchfühlung geraten.
Wer vorn sitzt, wird zwar ebenfalls nicht mit Ellenbogenfreiheit verwöhnt, aber die Sitze sind ausreichend dimensioniert. Ihre schwammige Polsterung vermittelt eine vordergründige Bequemlichkeit, sie bietet dem Körper aber wenig Unterstützung. An der Sonnenblende entdeckt der Fahrer noch immer den Hinweis, dass es sich hier nicht um einen konventionellen Personenwagen handelt und dass deshalb auch nicht mit dessen Fahrverhalten gerechnet werden kann. Der Wrangler hat zwar ein völlig neues Fahrwerk mit Schraubenfedern erhalten, aber das ändert nichts daran, dass der Jeep mit Recht zur weit gefassten Kategorie der leichten Trucks gezählt wird. Dies äußert sich nicht etwa in kräftezehrender Bedienung. Die Servolenkung arbeitet leichtgängig, auch die Pedalerie und die Schaltung des Fünfganggetriebes machen keineMühe. Und dass ein Geländewagenmit derart kurzem Radstand seine eigenen Gesetze hat, ist klar. Aber das entschuldigt nicht, dass die Lenkung des Wranglers mit ihrem schwammigen Ansprechen bestenfalls, zunächst nur die grobe Richtung vorgib und anschließend gefühlvoll die Feinarbeit vornimmt. Auch beim Bremsen ist der Jeep darauf angewiesen, dass ihm die Richtung vorgegeben wird.Vollbremsungen bringen ihn leicht ins Schlingern, obwohl die Bremswirkung bescheiden bleibt. Der Testwagen besaß allerdings noch kein ABS, das künftig beim Sechszylinder- Wrangler zur Serienausstattung gehören wird. Damit werden sich kürzere Bremswege erzielen lassen, weil es keine Schwierigkeiten mit der Dosierung der Bremswirkung gibt. Dass die Bremse nicht unterdimensioniert ist, zeigt das relativ geringe Nachlassen der Wirkung nach zehn Vollbremsungen mit voller Zuladung.
Solange es geradeaus geht, zeigt der Jeep eine ordentliche Richtungsstabilität, auch im oberen Geschwindigkeitsbereich. Aber schnelle Richtungswechsel mag er gar nicht, da neigt er zu Schaukelbewegungen, die nicht geeignet sind, das Vertrauen des Fahrers in die Fahrsicherheit zu fördern. Der hohe Schwerpunkt, die weich abgestimmte Federung und die zu schwache Dämpfung setzen hier enge Grenzen. In Kurven benimmt sich der Jeep brav. Die Seitenneigung der Karosserie ist beträchtlich, aber das Eigenlenkverhalten bleibt beruhigend untersteuernd, bis die Reifen mit lautem Aufschreien den Grenzbereich verkünden. In engen Kurven gelingt es, mit Leistung Unruhe ins Heck zu bringen, aber durch Gaswegnehmen lässt sich die Situation leicht bereinigen. In solchen Fällen zeigt sich auch, dass die Traktion des Heckantriebs begrenzt ist. Da der Wrangler über einen einfachen, zuschaltbaren Allradantrieb verfügt, kann der nur bei geringen Reibwerten eingesetzt werden, weil sich sonst der Antriebsstrang verspannt. Diesen grundsätzlichen Nachteil macht der Jeep durch erstklassige Off-road-Traktion wett. Hier erweist er sich als wahrer Meister seiner Zunft, zumal auch die langen Federwege der Schraubenfedern eine starke Verschränkung der Achsen erlauben. Da muss es schon sehr schlimm kommen, bis ein Rad in der Luft schwebt und die Antriebskraft verpuffen lässt. Die weiche Federung beschert dem Wrangler einen angemessenen Komfort. Kleinere Unebenheiten schluckt er willig, wozu auch die fülligen Reifen mit 75er Querschnitt beitragen. Auf langen Wellen kommt es zu Nickschwingungen, die von den Stoßdämpfern nicht genügend im Zaum gehalten werden.
Dennoch: Der Fahrkomfort setzt den neuen Wrangler am deutlichsten von seinen Vorgängern ab. Nur das Geräuschniveau ist hoch geblieben, wenigstens bei der Version mit Faltverdeck. Stramm sitzend, schlägt dies zwar nicht gegen sein Gestänge, aber es verursacht doch Windgeräusche, die bei hohem Tempo das Abrollen der Reifen weit übertönen – und den Motor erst recht. Die neue Dachmechanik ist simpel, das Öffnen und Schließen bedeutet nicht mehr den Arbeitsaufwand, als gelte es, ein Hauszelt in Form zu bringen. Aber kräftiges Hinlangen ist nach wie vor gefragt. Das beste Stück am Wrangler ist zweifellos der Sechszylinder, ein Stoßstangen-Veteran, der für das neue Modell nur geringfügig überarbeitet wurde. Beeindruckend ist das mächtige Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen. Hier liegt seine wahre Stärke, weniger bei hohen Drehzahlen, wo er Vibrationen produziert und seine ansonsten zurückhaltende Tonart einem zornigen Fauchen weicht. Diese Leistungscharakteristik passt gut zu einem Naturburschen wie dem Wrangler – weit besser jedenfalls als die Getriebeabstufung. Um den in den USA streng limitierten Verbrauch zu dämpfen, ist die fünfte Fahrstufe so lang übersetzt, dass der Jeep, reichte seine Kraft dazu, bei Höchstdrehzahl über 270 km/h laufen würde. Eine solche Auslegung lässt auch den hubraumstarken Sechszylinder gründlich abschlaffen. Der fünfte Gang kommt deshalb relativ selten zum Einsatz, womit sich der angestrebte Effekt ins Gegenteil verkehrt: Der Wrangler spricht dem Benzin freudig zu, einigermaßen sparsam bleibt er nur bei behutsamer Fahrweise. Wenigstens in diesem Punkt ist er ganz der alte geblieben.
Vor- und Nachteile
- Gute Übersichtlichkeit
- solide verarbeitetes Verdeck
- variabler Kofferraum
- befriedigende Verarbeitungsqualität
- gute Serienausstattung
- Eingeschränktes Platzangebot vor allem im Fond
- unbequemer Einstieg nach hinten
- schwergängige Verdeckbetätigung
- Federung mit ausreichendem Schluckvermögen
- übersichtliche Bedienung
- wirksame Belüftung
- Laute Windgeräusche
- llangsam ansprechende Heizung
- zu nachgiebig gepolsterte Sitze
- starke Nickschwingungen auf kurz aufeinanderfolgenden Bodenwellen
- Hubraumstarker Sechszylindermotor mit befriedigender Laufkultur und sehr guter Durchzugskraft bei niedrigen Drehzahlen
- sehr gute Beschleunigung
- exakt schaltbares Fünfganggetriebe
- Viel zu lange Übersetzung im fünften Gang
- simpler Allradantrieb
- Sehr gute Eigenschaften im Gelände durch große Achsverschränkung
- gut berechenbares Eigenlenkverhalten
- Unexakte Lenkung, instabiler Geradeauslauf
- starke Wankbewegungen durch zu schwache Dämpfung
- ungenügende Spurstabilität beim Bremsen
- Gute Sicherheitsausstattung mit zwei Fullsize- Airbags, höhenverstellbaren Gurten vorn und solidem Überrollbügel
- Abgasverhalten entspricht Euro 2-Norm
- Hoher, bei schneller Fahrweise stark ansteigender Benzinverbrauch
- keine Rücknahmegarantie
- Günstiger Anschaffungspreis
- gute Wiederverkaufschancen
- sieben Jahre Garantie gegen Durchrostung
- relativ geringer Wartungsaufwand
- Teure Versicherung
- hohe Kraftstoffkosten
- relativ hohe Ersatzteilkosten
- dünnes Servicenetz mit unbefriedigender Qualität