Der RAV4 hat seine optischen Fettpölsterchen abgelegt, wirkt mit der drahtigen, scharf geschnittenen Karosserie und den geradezu asiatisch nach hinten gezerrten Scheinwerfer-Augenwinkeln deutlich jünger und dynamischer. Als habe man das alte, freundliche Pummelchen richtig am Skalp gefasst, um Krähenfüße, Falten und Tränensäcke unter der am Heck angebrachten Reserverad-Abdeckung verschwinden zu lassen. Im Innenraum musste der alte Abwaschbar-Look einer modernistischen Playstation-Optik weichen. Frei nach dem Motto: Wir haben eine computergesteuerte Plastik-Spritzgußmaschine und keine Angst, sie auch zu benutzen. Die großzügige Verwendung des synthetischen Materials mag Geschmacksache sein, aber an der Funktion des aufgeräumten Cockpits mit den gut ablesbaren Instrumenten und keine Rätsel aufgebenden Schaltern gibt es nichts zu mäkeln. Allerdings machen sich die harten Plastikplanken des Armaturenträgers auf schlechter Wegstrecke durch Knarzen und gelegentliches Klappern akustisch deutlich bemerkbar. Passend zum grauen Ambiente kommt der RAV4 mit komfortablen Sitzen, die guten Seitenhalt bieten, aber mit billig wirkendem Stoff bezogen sind. Die Mittelbahnen scheinen aus dem Netzmaterial einer Bade-Innenhose gefertigt zu sein, die Sitzflanken fallen durch das fantasielos mausgraue Synthetik-Material gar vollends aus dem geschmacklichen Rahmen. Ausstattungsseitig kann der RAV4 dagegen etliche Punkte verbuchen: Mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern vorne und hinten, KassettenRadio, Dachreling, lackierten Stoßfängern sowie einer umfangreichen Sicherheitsausstattung – ABS, Fahrer- und Beifahrer-Airbag, Dreipunkt-Gurten auf allen Sitzplätzen sowie aktiven Kopfstützen – lässt der viertürige RAV4 Special außer ESP kaum etwas vermissen. Darunter rollt ab Oktober das für 43.950 Mark lieferbare Einstiegsmodell zu den Händlern, die Spitze der Modellpalette bildet das nahezu komplett ausgestattete, 52‑750 Mark teure Topmodell Limited. Aber auch hier muss jede Lackvariante abweichend vom casablancaweißen Einheits-Serienlack mit 750 Mark teuer bezahlt werden. Als weitere Sonderausstattungen sind ein elektrisches Schiebedach für 1600 Mark, ein 880 Mark teurer CD-Wechsler und das Toyota-Navigations-System für 2200 Mark erhältlich.
Zusätzlich wird das RAV4-Programm durch die ab Frühjahr 2001 lieferbare zweitürige Karosserievariante und eine Version mit Frontantrieb bereichert. Während diese einen 125 PS starken 1,8-Liter-Motor unter der Haube hat, kommt in der Allradvariante ein 150 PS starker Zweiliter-Vierzylinder zum Einsatz. Der Vierventiler gefällt durch seinen ruhigen Lauf und die zurückhaltende Geräuschentwicklung. Erst bei hohen Drehzahlen entwickelt der kultivierte Antrieb ein angestrengtes Dröhnen, das allerdings im noch vertretbaren Rahmen bleibt. Ein glücklicher Umstand. Denn der Vierventiler ist trotz der von
Toyota hoch gepriesenen variablen Ventilsteuerung VVT-i ein zwar drehfreudiger, aber durchzugsschwacher Geselle. Er braucht stets ein paar entscheidende Umdrehungen mehr, um den Geländewagen samt energieschluckender Allradtechnik in Fahrt und auf die akzeptable Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h zu bringen. Mit einem Testverbrauch von 11,4 Litern erntet der RAV4 allerdings keine Öko- oder Spar-Lorbeeren. Verantwortlich für den beachtlichen Durst sind neben dem höheren Luftwiderstand der bulligen Karosserie Reibungswiderstände in Visco-Kupplung und Verteilergetriebe des permanent mitlaufenden Vierradantriebs. Thema Allrad: Ohne Getriebe-Reduktion und Differenzialsperren bewegen sich die Off-road-Fähigkeiten des hochbeinigen Allradlers erwartungsgemäß auf nicht allzu hohem Niveau. Die meisten Interessenten scheint das kaum zu stören, zumal der neue RAV4 ein erstaunlich talentiertes Straßenauto ist. Für seine Gattung bewegt er sich in Kurven wieselflink, relativ neutral und mit geringer Seitenneigung über den Asphalt. Zusammen mit dem quirligen, drehfreudigen Motor und dem exakt schaltbaren Getriebe kommt richtig Fahrspaß auf. Manko des flinken Spaßmobils ist allenfalls die indirekte Lenkung, die ein wenig gefühllos wirkt. Dieser Nachteil wird beim Rangieren aber schnell zum Vorteil, denn die über-leichtgängige Lenkung macht im Verein mit der übersichtlichen Karosserie selbst die ärgsten Kurbel-Orgien zum Kinderspiel. Von einem gelungenen Einstand des variablen Freizeit-Offroaders kann aber nicht gesprochen werden: Fadingempfindliche Bremsen und der hohe Verbrauch sind in hohem Maße kontra-RAV-ormatorisch.
Mit seinem handlichen, gutmütigen Fahrwerk und dem variablen Innenraumkonzept erweitert der RAV4 die SUV-Bandbreite um die Qualitäten Fahrspaß und Nutzwert. Die Schwächen des Toyota: fadingempfindliche Bremsen und ein hoher Verbrauch.