Die Bahn hat ein Ultimatum der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verstreichen lassen. Ein 50-stündiger Warnstreik ab Sonntag (14. Mai 2023) scheint unausweichlich. So kommen Sie trotzdem voran.
Die Bahn hat ein Ultimatum der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verstreichen lassen. Ein 50-stündiger Warnstreik ab Sonntag (14. Mai 2023) scheint unausweichlich. So kommen Sie trotzdem voran.
Der letzte Mega-Warnstreik am Montag, den 27.03.2023, zeigte längst nicht die befürchteten Auswirkungen auf den Reiseverkehr in Deutschland – alle Seiten schienen gut darauf vorbereitet. Ob das auch beim nächsten angekündigten Bahnstreik so sein wird, der am 14. Mai startet, erscheint jedoch fraglich. Allein die reine Länge von 50 Stunden (also mehr als zwei Tagen) dürfte dazu führen, dass der Fernverkehr in Deutschland zu weiten Teilen stillsteht – und das wohl nicht nur auf der Schiene.
"Faxen dicke!" lautet die Überschrift auf der Webseite der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Deutschlands siebtgrößte Gewerkschaft ruft ihre etwa 185.000 Mitglieder damit zu ihrem dritten bundesweiten Warnstreik in der aktuellen Tarifrunde auf. Er soll von Sonntag, den 14. Mai, 22:00 Uhr, bis Dienstag, den 16. Mai, 24:00 Uhr dauern.
Zuvor hatte die Deutsche Bahn ein von der EVG gestelltes Ultimatum verstreichen lassen. Die Forderung: Die im Mindestlohnbereich Beschäftigten sollten die von der EVG verhandelten Lohnerhöhungen dauerhaft in voller Höhe und ohne jede Einschränkung oberhalb des jeweiligen Mindestlohns bekommen. "Man will in einem Bundesunternehmen diejenigen, die am schlechtesten bezahlt werden, weiterhin finanziell benachteiligen", sagt EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch. Nach der letzten Verhandlungsrunde sprach er von einem "Scheinangebot" der Bahn.
Die Verantwortlichen der Bahn weisen die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen sei noch einmal auf die EVG zugegangen und habe bekräftigt, dass es am Thema Mindestlohn nicht scheitern werde. "Die DB hat die Forderung der EVG eins zu eins erfüllt, ohne Tricks und ohne Deckel", sagt Personalvorstand Martin Seiler. Die Bahn habe "alles versucht, den irrsinnigen 50-stündigen Warnstreik der EVG abzuwenden".
Die Deutsche Bahn wird den Fernverkehr während des Streikzeitraums komplett einstellen. "Wir werden am späten Sonntagnachmittag erste Züge im Fern- und Regionalverkehr aus dem Fahrplan nehmen müssen, um zu verhindern, dass Reisende nach 22 Uhr nicht mehr ans Ziel kommen", heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Weil aus diesem Grund sowie durch Reisende, die ihre Fahrt vorziehen, bereits bis zum Streikbeginn eine starke Auslastung der Züge zu erwarten ist, empfiehlt die Bahn ihren Kundinnen und Kunden für diesen Zeitraum dringend eine Sitzplatzreservierung.
Auch bei DB Regio wird während des Streiks größtenteils kein Zug fahren. Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden, heißt es vonseiten der Bahn. Immerhin hat Deutschlands größte Gewerkschaft Verdi inzwischen eine Einigung in ihrem Tarifkampf erzielt. Die hier organisierten Beschäftigten, zum Beispiel Fahrerinnen von Bussen und U- sowie Straßenbahnen, streiken also nicht. Im nicht von der Bahn betriebenen ÖPNV sollte demnach alles weitgehend normal laufen.
Wer eigentlich ein Bahnticket für den Streikzeitraum gebucht hatte, kann mit Sonderkulanzregelungen der Bahn rechnen und ein bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr bis Sonntagabend flexibel nutzen. Danach sei das – anders als beim letzten Warnstreik am 27. März – nicht möglich. Grund ist das direkt an den Streik anschließende verlängerte Wochenende einschließlich des Feiertags Christi Himmelfahrt, das als besonders reisestark gilt. Wer seine Fahrkarte deshalb kostenlos stornieren möchte, kann dies im Rahmen der Fahrgastrechte tun. Diesen gelten zudem bei Verspätung oder Zugausfall.
Über den Streik und seine Auswirkungen hält die Bahn ihre Kundinnen und Kunden über diese Website auf dem Laufenden.
Beim letzten Warnstreik Ende März hatten sich Klimaaktivistinnen und -aktivisten sowohl von "Fridays for Future" als auch der Gruppe "Letzte Generation" angehängt. Bisher (Stand 12.05.) haben weder die eine noch die andere Vereinigung verlauten lassen, dies beim kommenden Warnstreik zu wiederholen.
Die Erfahrung lehrt: Wird im Regional- und Fernverkehr der Bahn gestreikt, wird es auch auf den Straßen voll, weil viele Reisende auf das Auto umsteigen und mehr Güter im Lkw statt per Bahn transportiert werden. Erschwerend kommt das erwähnte Feiertags-Wochenende hinzu, das sich direkt an den Streik anschließt.
Wer trotzdem unbedingt während der Streikzeit reisen muss und dafür kein eigenes Auto nutzen kann, sollte frühestmöglich einen Mietwagen buchen. Sehr wahrscheinlich wird es kurzfristig zu einer Zunahme an Buchungen kommen; zudem werden die Preise steigen. Wer das Auto dann doch nicht nutzen muss, beispielsweise weil ein Termin abgesagt wurde, kann in den meisten Fällen die Buchung bis 24 Stunden vor geplanter Übernahme des Fahrzeugs kostenfrei stornieren. Auch bei allen anderen Mobilitäs-Alternativen zur Bahn und zum eigenen Auto – besonders Carsharing und Fernbusse – dürfte es zu einer stark erhöhten Nachfrage kommen. Hier sind ebenfalls frühestmögliche Buchungen ratsam.
Hinweis: In der Fotoshow zeigen wir Ihnen den aktuellen und alle vorherigen Bundesverkehrsminister Deutschlands.
Wie sich flächendeckende Arbeitsniederlegungen im Bahnverkehr in Deutschland auswirken können, haben unter anderem die Bahnstreiks 2014/15 gezeigt. Dabei hatte damals "nur" die relativ kleine Gewerkschaft der Lokführer (GDL) gestreikt. Diesmal führt die deutlich größere Eisenbahner-Gewerkschaft EVG einen deutschlandweiten Warnstreik durch, der mehr als zwei volle Tage dauert und sich wohl auch zuvor und danach auswirken wird. Man muss kein Prophet sein, um zu prognostizieren: Deutschland wird an diesen Tagen im Fernverkehr weitgehend stillstehen. Wer kann, sollte im Homeoffice arbeiten, kurzfristig freinehmen oder deutlich früher oder später reisen. Sonst drohen Stress und Chaos.