Keine Verzögerungen: Unmittelbar nach Bekanntgabe des neuen Standorts beginnt Tesla mit dem Bau seiner fünften Gigafactory.
Keine Verzögerungen: Unmittelbar nach Bekanntgabe des neuen Standorts beginnt Tesla mit dem Bau seiner fünften Gigafactory.
Am Mittwoch, dem 22. Juli 2020, verkündete Elon Musk die für den US-Bundesstaat Texas freudige Nachricht, dass die fünfte Tesla Gigafactory vor den Toren der texanischen Stadt Austin entsteht. Diese Ankündigung machte der Tesla-Chef anscheinend bestens präpariert: Bereits am folgenden Wochenende, also nur drei Tage später, begannen die Bauarbeiten. Inzwischen planieren Baumaschinen unermüdlich das künftige Firmengelände. Elon Musk selbst ist sich derweil noch nicht sicher, ob er die Fabrik wegen ihrer Größe nicht sogar "Terafactory" nennen sollte – bisher bleibt er bei "Gigafactory".
Terafactory könnte Musk sein neues Werk nennen wollen, weil in ihm Teslas mit Abstand größte Fahrzeuge vom Band laufen werden: Der Pickup Cybertruck und die bisher nur als Semi Truck bekannten Sattelschlepper-Varianten entstehen dort. Hinzu kommen noch die für die Ostküste bestimmten Model Y. Der Entscheidung für Austin war ein hartes Ringen verschiedener US-Städte vorausgegangen, die alle Heimat für Teslas neueste Gigafactory sein wollten.
Härtester Konkurrent im Rennen um die neue Produktionsstätte war Tulsa in Oklahoma. Die Stadt war clever genug, um Tesla-Chef Elon Musks mächtiges Ego zu kitzeln und baute ihr Wahrzeichen, die Statue überlebensgroßen Öl-Arbeiters "Golden Driller", kurzzeitig zu einer Elon-Musk-Statue um. Außerdem gab es in der traditionell vom Ölgeschäft lebenden Stadt Pro-Tesla-Demonstrationen. Geholfen hat das nicht – am Ende entschied sich Tesla für einen Standort, der keine Musk-Statue zu bieten hatte.
Die Pluspunkte für Texas sieht Tesla darin, dass es dort die am besten ausgebildeten jungen Arbeitskräfte des Landes geben soll. Außerdem sei das avisierte 2.100 Hektar (21 Quadratkilometer) große Firmengelände in Travis County ein "ökologisches Paradies". Austin liegt mitten in Travis County, von dessen 2.647 Quadratkilometern Fläche 85 Quadratkilometer Wasseroberfläche sind. Das wichtigste Argument dürfte allerdings eine massive finanzielle Unterstützung sein: In den kommenden zehn Jahren erhält Tesla Steuervergünstigungen in Höhe von 60 Millionen Dollar (aktuell umgerechnet zirka 51,8 Millionen Euro).
Für sein großzügiges finanzielles Entgegenkommen bekommt das Travis County die bisher größte Gigafactory: 5.000 Mitarbeiter sollen dort bei voller Auslastung beschäftigt sein. Tesla hat sich verpflichtet, insgesamt 1,1 Milliarden Dollar (949 Millionen Euro) in der Region zu investieren. In einer Telefonkonferenz gab Musk zudem bekannt, dass Tesla bezahlten Urlaub sowie eine Krankenversicherung anbieten sowie einen Mindestlohn in Höhe von 15 Dollar pro Stunde (13 Euro) zahlen werde. Das ist fast eine Verdopplung des vom Bundesstaat Texas festgelegten Mindestlohns in Höhe von 7,25 Dollar (6,25 Euro).
Beim Autoverkauf hat Tesla in Texas, wie auch in neun weiteren US-Bundesstaaten, mit einer Besonderheit zu kämpfen: Zum Schutz der unabhängigen Händler, ist es dort Autoherstellern verboten, ihre Autos selbst direkt an Kunden zu verkaufen (Texas Occupations Code § 2301.476 in Verbindung mit Texas Administrative Code Title 43 § 215.261). Da Tesla aber seine Fahrzeuge selbst verkauft, müssen Texanische Kunden ihre Fahrzeuge beispielsweise online oder per Telefon in einem anderen Bundesstaat ordern, von wo Tesla dann das gekaufte Auto zurückimportiert.
Tesla betreibt bisher sein Stammwerk im kalifornischen Fremont und vier Gigafactorys: Die erste steht östlich von Reno im US-Bundesstaat Nevada, die zweite produziert Solarmodule in Buffalo im US-Bundesstaat New York, Nummer drei steht im chinesischen Shanghai und die vierte befindet sich im brandenburgischen Grünheide im Bau. Pickups und schwere Lkw kommen dann demnächst aus der fünften Gigafactory in Texas.
Tesla wächst und wächst und langsam schält sich heraus, wonach der Elektroautobauer seine Produktionsstandorte aussucht: Die Höhe der steuerfinanzierten Zuschüsse ist keine Überraschung, die Ausbildungsqualität der potentiellen Arbeitnehmer auch nicht – aber der Wunsch nach einer Lage in einer ökologisch wertvollen Region.
Tesla wendet sich ab von der über 100 Jahre alten Idee des schmutzigen Industriegebietes, um seine Umweltschutz-Gedanken zu unterstreichen. Auch deshalb dürfte Tesla mit seiner in einem Wasserschutzgebiet gelegenen Gigafactory 4 in Brandenburg kein Problem haben – zumal die Amerikaner beweisen, dass sie auf Umweltbedenken mit Nachbesserungen bei Planung und Bau reagieren.
Das aktuell von Bürgermeister Steve Adler (Demokraten) regierte Austin ist studentisch geprägt und gilt als ausgesprochen tolerant, weltoffen, sowie als Livemusik-Hauptstadt der USA.