Für viele ist der Lamborghini Countach mehr als nur ein Auto – er ist ein Mythos auf vier Rädern. Für Malte Buls wird dieser Mythos zur Realität, als er unverhofft die Gelegenheit erhält, den letzten gebauten Lamborghini Countach 25th Anniversary persönlich zu fahren. Statt der ursprünglich geplanten Kameraposition rückt er durch eine Flugverspätung seines Chefs plötzlich in den Fahrersitz. Der V12 läuft bereits, als er in Sant’Agata Bolognese vor den Hallen der Marke Platz nimmt.
Der Countach war für eine ganze Generation der Inbegriff des Supersportwagens. Auch wenn Malte altersbedingt nicht zur Ur-Zielgruppe gehört, wurde er durch das Videospiel Need for Speed III: Hot Pursuit infiziert. Dort bezeichnete Egon Hoegen, bekannt aus Der 7. Sinn, das Auto als "Tarnkappenbomber unter den Sportwagen". Ein silberner 25th Anniversary mit blau-weißem Interieur – exakt jenes Exemplar, das Malte fährt – stand wahrscheinlich Pate für das digitale Modell.
Technische Fakten und Fahrgefühl
Der Countach, gebaut von 1974 bis 1990, war der Nachfolger des Miura. Das finale Modell, der 25th Anniversary, verfügt über einen 5,2-Liter-V12 mit 455 PS und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 300 km/h. Der Sprint auf 100 km/h gelingt in unter fünf Sekunden. Doch Zahlen treten in den Hintergrund, wenn man selbst am Steuer sitzt. Das Fahren ist körperliche Arbeit – und ein Erlebnis.
Bereits die ersten Meter im italienischen Alltagsverkehr fordern volle Konzentration:
- Servolose Lenkung und breite Reifen reagieren empfindlich auf Spurrillen
- Die Bremse zeigt einen langen Pedalweg mit überraschend leichtem Druckpunkt
- Eng positionierte Pedale erfordern präzises Arbeiten beim Gangwechsel
Hinzu kommen Herausforderungen wie die eingeschränkte Sicht nach hinten und die mangelhafte Kühlung des Innenraums bei 35 Grad Außentemperatur.
Überzeugende Technik trotz hoher Anforderungen
Trotz aller Widrigkeiten zeigt sich der Countach als fahraktiver Sportwagen. Die Schaltkulisse ist offen und mechanisch präzise, das Dogleg-Getriebe mit dem ersten Gang unten links sorgt für optimale Performance beim Wechsel zwischen zweitem und drittem Gang. Die Kupplung verlangt Kraft, doch der Schalthebel führt exakt durch die Gassen.
Auf kurvigen Passstraßen entfaltet der V12 sein ganzes Potenzial. Der Sound ist einzigartig, das Lenkgefühl direkt – jedoch ebenfalls kräftezehrend. Auf der Passhöhe angekommen, ist eine Pause dringend nötig. Die Rückfahrt beginnt mit einem klassischen Countach-Moment: Der Anlasser kämpft hörbar, bevor der Motor mit einigen Gasstößen zum Leben erwacht.
Zwischen Polizeikontrolle und Alltagstauglichkeit
Auch eine kurze Kontrolle durch die italienische Polizei kann die Freude am Fahren nicht trüben. Dank freundlicher Beamter und einem ordentlichen Führerschein bleibt das Erlebnis ungetrübt. Beim Gedanken an den verbleibenden Tankinhalt von 120 Litern stellt sich die Frage, wie weit man wohl noch fahren könnte. Doch Vernunft siegt über Fernweh.
Das Resümee nach einem Tag im Countach fällt eindeutig aus. Trotz aller körperlicher Anforderungen vermittelt das Auto ein unvergleichliches Fahrgefühl. Das ikonische Design, die mechanische Rückmeldung und der Klang des Zwölfzylinders – all das lässt sich nicht durch ein Nachbau-Kit ersetzen.
