Ford Tourneo Courier (2025) im Test: Familienauto mit Raum, Vernunft und einem Zweifel

Ford Tourneo Courier im Test
Familienauto mit viel Platz und einem Zweifel

ArtikeldatumVeröffentlicht am 02.11.2025
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Eines Tages, verehrte Mütter, liebe Mitväter, wird unser Leben wohl wieder in einen Mini Cooper, Mercedes CLE, ja womöglich gar einen BMW Z4 oder jedes andere Auto passen, von dem wir nun glauben, es schon jetzt gerne fahren zu wollen. Oder ganz sicher, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Dabei ahnen wir, was wir dann viel, viel lieber hätten: dass die Kinder wieder im Haus sind.

Denn so viel freier Raum, wie dann in Autos wie dem Ford Tourneo Courier bleibt, hält nach den zeiteffizient durchgetakteten Jahren dereinst auch jeder Tag bereit. Also genießen wir doch diese vollen, erfüllten Zeiten, in denen ein vollgekrümelter Held des Familienalltags wie der Courier vor dem Haus steht anstatt eines manikürten Coupés/Sportwagens/Roadsters.

Und waren es nicht auch bei uns die uneitel-praktischen Autos, auf deren Rückbänken wir durch die Zauberzeiten der Kindheit reisten, an die wir uns am wärmsten erinnern? Eben, also klären wir im Top-Test, was der Courier an Kinderstube mitbringt.

Ford Tourneo Courier
Achim Hartmann

Doch bringen wir zunächst etwas Übersicht in die Rangordnung der Nutzautos von Ford. Die heißen in ihren familiären Varianten nämlich alle Tourneo. Mit Zusatzname Custom tritt die Großraum-Van-Version an, die Ford auch für VW als neuen Transporter baut. Den Connect bekommt Ford im Gegenzug von VW zugeschanzt, der ist baugleich mit dem Caddy. Den kleineren Kastenkombi Courier gibt es nur von und für Ford.

Das kleinste Kästchen hat was auf dem Kasten

Mit 4,34 Metern sortiert er sich in der Gegend von Subkompakt-SUV ein, schafft mit seinem kastigen Format jedoch ein Raumangebot, das bei einem maximalen Ladevolumen von 2.162 Liter selbst einen 5,18 Meter langen BMW X7 um 42 Liter übertrifft. 570 Liter sind es, wenn die geteilt nach vorn klapp- und arretierbare Rücksitzbank als Sitzgelegenheit Verwendung findet. Auf ihr wie auf den vorderen, auf erhabenen 64 cm Sitzhöhe arrangierten Sesseln kommen Erwachsene ordentlich unter.

Jedoch liegen die Vorzüge der Dreierbank eher in ihren leicht zugänglichen Isofix-Ankern als in innigem Halt oder kuscheliger Bequemlichkeit. Doch wie bequem sich das Einsteigen oder das Anschnallen der Kinder durch die hohen, weit öffnenden Schiebetüren gestalten. Weniger Geschick zeigt der Courier mit den wenigen Ablagen im Fond. Und Luftausströmer sollte es da hinten unbedingt geben.

Ford Tourneo Courier, Rückbank
Achim Hartmann

Vorn richtet sich der Courier zuvorkommender ein, mit tiefen Türtaschen bis zur Dachgalerie in schwindelnder Höhe, induktiver Ladestelle, feuriger Sitzheizung und pustiger Klimaanlage – beide gilt es über den Quer-Touchscreen zu bedienen. Der hat eine Menge Aufgaben zu organisieren, auch Navigation, die Unterhaltungs- sowie die Assistenzabteilung. Mit Spurhalter, Notbremser, Totwinkelwarner und einer nur einigermaßen gewissenhaften Tempolimiterkennung stellt die sich nicht viel breiter auf als vorgeschrieben.

Einfach gehalten – vielleicht zu einfach?

Auch nicht wirklich mehr als nötig bemühen sich Materialien und Verarbeitung. Schaut auf den ersten Blick noch ganz nett aus. Aber zwischen den vorderen Sitzpolstern lugen die Zahnräder für die Lehnenverstellung durch, die wabbelige Hutablage hat scharfe Kanten und hängt mit dürren Bändchen an der unverkleideten Heckklappe.

Schon klar, eine gewisse, fast überpragmatische Einfachheit zählt zum Grundwesen eines Kastenkombi. Aber bei einem Preis inklusive Extras von 30.172 Euro käme ein wenig mehr Sorgfalt schon recht. Beim Fahrwerk treiben sie die schon inniger. Wobei das eben recht prinzipiell nicht in beschwingter Agilität oder flauschigem Komfort oder gar beidem gipfeln kann. Nicht bei der Höhe, dem dafür kurzen Radstand und der hohen Zuladung (603 kg).

Ford Tourneo Courier, Sitze
Achim Hartmann

Wegen der straffen Abstimmung spricht die Federung hoppelig auf kurze Unebenheiten an, hat die Wankbewegungen des hohen Aufbaus aber nur durch frühe, teils harsche Intervention des ESP unter Kontrolle. Und nein, dafür muss man es nicht arg drauf anlegen. Bis dahin immerhin kurvt der Courier verlässlich und sogar munter – vor allem wegen der Lenkung, die neben ordentlicher Präzision sogar etwas an Rückmeldung durchschickt.

Und so könnte es geradezu vergnüglich vorangehen, auch wegen des emsigen Temperaments des akzeptabel effizienten Turbomaschinchens (6,8 l/100 km im Test), das trommelig durch die sechs präzise schaltbaren Gänge tourt. Doch dann ist es nicht die Begeisterung für den Courier, die kaum zu bremsen ist. Sondern der Courier selbst.

6,9 m machen einen meilenweiten Unterschied

Bei einer Vollbremsung aus 100 km/h steht der Kastenkombi erst nach 40,4 Metern. Völlig inakzeptabel, und umso unverständlicher, weil der ähnlich teure und technisch eng verbandelte Ford Puma schon nach 33,5 m steht. Das heißt: An der Stelle, an welcher der Puma steht, hat der Courier noch 41 km/h drauf. Ob das an den Bremsen selbst oder der älteren Reifenkonstruktion liegt? Sollte Ford mal dringend klären, ist jetzt aber einfach: egal.

So jedenfalls können wir den raumreichen Courier trotz der praktischen Talente und des erschwinglichen Preises nicht empfehlen. Denn: Die Familie geht vor.

Fazit

Technische Daten
Ford Tourneo Courier 1.0 Ecoboost Titanium
Außenmaße4337 x 1800 x 1817 mm
Kofferraumvolumen570 bis 2162 l
Hubraum / Motor998 cm³ / 3-Zylinder
Leistung92 kW / 125 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit175 km/h
0-100 km/h11,1 s
Verbrauch6,5 l/100 km
Testverbrauch6,8 l/100 km