Schon wieder hat sich ein Tesla-Fahrer auf sein Autopilot-Assistenzsystem verlassen und einen Unfall mit einem Polizeiauto verursacht.
Schon wieder hat sich ein Tesla-Fahrer auf sein Autopilot-Assistenzsystem verlassen und einen Unfall mit einem Polizeiauto verursacht.
Ein Dodge Charger der North Carolina State Highway Patrol (NCSHP) stand am Straßenrand, als hinten links ein Tesla Model S in ihn einschlägt. Der Deputy hatte auf der US 64, zirka 13 Meilen (21 Kilometer) außerhalb von Nashville, gehalten, um zwei Polizisten bei einem Unfall zu helfen. Der Tesla-Fahrer, ein Arzt aus Burlington in North Carolina, hatte nach eigener Aussage das Autopilot-Assistenzsystem seines Teslas aktiviert – um während der Fahrt ungestört einen Film auf seinem Smartphone anzuschauen.
Der Einschlag des Tesla hat das Polizeiauto in einen angrenzenden Wald gedrückt, durch die Wucht brach zudem das linke Hinterrad ab. Die beiden vor dem Charger stehenden Polizisten gingen zu Boden, aber zum Glück trugen weder die Beamten noch der Unfallverursacher ernsthafte Verletzungen davon. Der Staat North Carolina hat inzwischen Anklage gegen den Arzt wegen Missachtung des sogenannten Move Over Laws und des Filmschauens während der Fahrt erhoben. Das Move Over Law ist ein US-Gesetz, dass Autofahrern vorschreibt, ihre Fahrt zu verlangsamen und extrem vorsichtig fortzusetzen, wenn am rechten Fahrbahnrand ein Einsatzfahrzeug mit aktivierter Lichtsignalanlage steht. Bei mehrspurigen Straßen muss der Fahrer auf eine weiter links gelegene Spur wechseln.
Der Tesla-Autopilotunfall erinnert einmal mehr daran, dass es aktuell kein einziges Fahrzeug gibt, dass vollautonom fahren kann. Da es diese Technik noch nicht gibt, ist auch unklar, welche technischen Komponenten für eine vollautonome Fahrt nötig wären – dies gilt insbesondere für die Sensoren und die Schnelligkeit der in den Recheneinheiten verbauten Prozessoren. Außerdem zeigt sich immer deutlicher, dass teilautonome Assistenz-Technik nur die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht, wenn sie gleichzeitig überwacht, ob sich der Autofahrer noch auf den Verkehr konzentriert. Tesla arbeitet bei seinem irreführend "Autopilot" genannten Assistenzpaket unter anderem mit simplen Lenkwinkel-Sensoren, die sich sehr einfach überlisten lassen. Andere Hersteller überwachen die Augen des Fahrers – schaut dieser nicht mehr auf die Fahrbahn, schalten sich die Assistenten ab.
Grundsätzlich scheint die Tesla-Technik große Probleme beim Erkennen stehender Hindernisse zu haben, wie diverse Unfälle in den vergangenen Jahre zeigen. Allerdings weisen neuere Studien darauf hin, dass auch die Systeme anderer Hersteller nicht immer stehende Fahrzeuge erkennen.
Keith Stone, Sheriff von Nash County, betonte gegenüber dem Fernsehsender CBS 17, dass der Unfall beweise, dass eine Automatisierung niemals einen aufmerksamen Fahrer, der nicht telefoniert oder an seinem Handy Nachrichten schreibt, ersetzen könne.
Inzwischen haben zahlreiche Teslas trotz aktiviertem Autopilot-Assistenz-Paket Unfälle verursacht – teilweise mit tödlichem Ausgang. Tesla selbst weist in seinen Betriebsanleitungen darauf hin, dass das Autopilot-System nicht für autonomes Fahren geeignet ist und dass der Fahrer jederzeit das Verkehrsgeschehen überwachen und die Fahrzeugkontrolle übernehmen können muss. Andererseits halten die Tesla-Verantwortlichen erbittert an der fatalen Namenswahl "Autopilot" für ihr Assistenzpaket fest und nennen zudem die zentrale Tesla-Recheneinheit "FSD" für Full Self Driving. Dieses widersprüchliche Verhalten könnte ein Grund dafür sein, dass sich einige Autofahrer auf Teslas Assistenzsysteme verlassen.
Allerdings ist es rätselhaft, wieso trotz der bekannten Mängel der nach wie vor in den Kinderschuhen steckenden Technik für teilautonomes Fahren, Autofahrer die Fahrzeugkontrolle komplett der Technik überlassen. Das Teslas Begriff Autopilot nichts weiter als ein misslungener Marketing-Gag ist, dürfte inzwischen jeder anhand der permanenten Berichterstattung über die zahlreichen und oft schweren Autopilot-Unfälle verstanden haben. Die Behörden schieben Teslas irreführendem Gebaren erst so nach und nach einen Riegel vor – so verbot kürzlich ein deutsches Gericht Tesla die Verwendung des Begriffs Autopilot. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Aktuell sind die Sicherheits-Assistenz-Systeme nicht dazu gedacht, den Komfort des Fahrers zu erhöhen. Wer sie verantwortungsvoll einsetzt, fährt genauso aufmerksam weiter wie bisher, und nutzt die Technik nur als zweite Sicherheitsstufe. Wer sich ausschließlich auf die Technik verlässt, gefährdet das Leben von anderen und sich selbst.