Im Raum Bachmut setzen ukrainische Einheiten weiterhin auf improvisierte militärische Lösungen. Aktuelle Bild- und Videoaufnahmen zeigen ein ungewöhnliches Beispiel für diese Praxis. Eine BMW 7er Limousine der Baureihe E38 wurde zu einem provisorischen Mehrfachraketenwerfer (Multiple Launch Rocket System, MLRS) umgebaut.
122-mm-Rakete im Kofferraum
Das Fahrzeug, das von der 114. Territorialverteidigungsbrigade eingesetzt wird, trägt einen Teil eines sowjetischen BM-21-Grad-Raketenwerfersystems. Konkret handelt es sich um mehrere Startrohre für 122-Millimeter-Raketen, die auf einer Konstruktion am Heck und Dach der Limousine montiert sind. Im Unterschied zu regulären Grad-Systemen, die üblicherweise auf rund 14 Tonnen schweren Lkw basieren, verzichtet diese Lösung vollständig auf militärische Panzerung.
Stattdessen liegt der Schwerpunkt auf Mobilität, Tarnung und schneller Einsatzbereitschaft. Das Fahrzeug ist in einem grau-grünen Tarnfarbton lackiert, um sich besser in die Umgebung einzufügen. Während der Fahrt sind die Raketenrohre horizontal ausgerichtet. Am Einsatzort werden ausfahrbare Stützbeine genutzt, um das Fahrzeug zu stabilisieren, bevor die Startrohre manuell in Feuerstellung gebracht werden.
Schnelle Mobilität geht vor Panzerung
Nach dem Abschuss kann die Limousine den Standort rasch wieder verlassen, um gegnerischer Drohnenaufklärung und Gegenfeuer zu entgehen. Diese sogenannte "Shoot-and-Scoot"-Taktik soll die Verwundbarkeit gegenüber russischer Artillerie reduzieren. Die Verwendung eines zivilen Fahrzeugs deutet allerdings auch auf anhaltende Engpässe bei konventionellen militärischen Trägersystemen hin. Ukrainische Truppen haben seit Beginn des Krieges eine Vielzahl improvisierter militärischer Lösungen entwickelt, meist aus der Not heraus, bedingt durch Materialknappheit, schnelle Frontverschiebungen und den hohen Anpassungsdruck.
Ein zentrales Feld solcher Improvisationen waren bewaffnete Fahrzeuge auf ziviler Basis. Raketenwerfer, Mörser oder schwere Maschinengewehre wurden auf Pick-ups, Transporter oder leichte Lastwagen montiert, um bewegliche Feuerunterstützung bereitzustellen. Auch sogenannte "Technicals", also zivile Geländewagen mit aufgesetzten Waffenplattformen, kamen zum Einsatz. In Einzelfällen wurden selbst Pkw zu Trägerfahrzeugen umgebaut, etwa für Maschinengewehre oder Granatwerfer, meist für lokale Sicherungsaufgaben.
Kommerzielle Drohnen unerlässlich
Besonders prägend war der umfangreiche Einsatz kommerzieller Drohnentechnik. Handelsübliche Quadrocopter wurden mit einfachen Abwurfmechanismen ausgestattet, um Handgranaten oder kleine Sprengladungen über gegnerischen Stellungen abzusetzen. Parallel dazu etablierten sich umgebaute FPV-Drohnen als kostengünstige Präzisionswaffen gegen Fahrzeuge, Artilleriestellungen und befestigte Ziele. Diese Systeme wurden häufig in Eigenregie modifiziert und kontinuierlich weiterentwickelt.
Auch beim Schutz von Personal und Material griffen die Truppen zu improvisierten Lösungen. Fahrzeuge erhielten zusätzliche Panzerungen aus Stahlplatten oder selbst gefertigte Gitter- und Käfigkonstruktionen, um sich gegen Splitter, Drohnenangriffe oder Hohlladungswaffen zu schützen. In manchen Fällen kamen auch einfache Materialien wie Holz oder Sandsäcke zum Einsatz, um zumindest begrenzten Schutz zu bieten.





