KGM. Noch nie gehört? Das ändert sich jetzt. Zumal die Marke kein weiterer Newcomer aus Fernost ist. Nein, wir klären gern auf: Ssangyong heißt nun KGM – und der Actyon ist das erste frische Modell der Südkoreaner unter dem neuen Namenskürzel bei uns. Kaum ist er vorgestellt, versammelt sich auch schon die etablierte Konkurrenz: Hyundai Tucson und Ford Kuga hängen die Messlatte hoch. Kann der KGM drüberspringen?
Äußerlich tritt der Actyon selbstbewusst in optionaler Zweifarblackierung auf, bietet reichlich Bodenfreiheit, überragt seine Gegner mit 4,74 Metern deutlich und nimmt am Heck Anleihen bei Range Rover. Warum KGM auf der Haube zwei Griffe montiert, erschließt sich jedoch nicht wirklich.
Stimmiger wirkt dagegen der Innenraum mit seinem Mix aus beigen und braunen, meist unterschäumten Oberflächen. Der KGM muss sich weder in puncto Materialanmutung noch bei Verarbeitung oder Geräuschdämmung verstecken. Der Fahrer nimmt auf serienmäßig kühl- und beheiz- sowie elektrisch verstellbaren Sitzen Platz; eine Lordosenstütze existiert, aber die Beinauflage ist zu kurz. Das sechseckige Lenkrad gibt den Blick auf das geschwungene digitale Kombi-Instrument mit mehreren Layouts frei. Die erinnern stark an BMWs Bumerang-Design – während das Infotainment dem Hyundai-System ähnelt. Sowohl Menüstruktur als auch Design wirken wie aus der letzten Software-Generation des Hyundai Tucson entlehnt. Android Auto funktioniert hier aber nur kabelgebunden, und navigiert wird mit TomTom.
Schade auch, dass KGM bei der Prozessorgeschwindigkeit spart: Der Touchscreen reagiert träge, gönnt sich häufig eine Gedenksekunde, und die Sprachbedienung funktionierte im Testwagen nicht. Immerhin erlaubt das System schnellen Zugriff über eine Dropdown-Shortcut-Leiste. Umständlich ist jedoch, dass sich das Klimamenü – wie beim Kuga – im Touchscreen versteckt.
Bei allen dreien erleichtern dafür Lenkradtasten und -wippen die Bedienung von Fahrassistenz und Bordcomputer. So lässt sich beispielsweise der übergriffige Spurhalteassistent in Hyundai und KGM mit einem langen Tastendruck abschalten. Im Actyon verteilt der Hersteller reichlich und groß dimensionierte Ablagen. Das Platzangebot im Fond ist ebenfalls großzügig: viel Beinfreiheit, neigungsverstellbare Lehne, beheizbare Sitzfläche, Sonnenrollos – und die Möglichkeit, wie im Tucson den Beifahrersitz mit Tasten an der linken Sitzwange für mehr Platz elektrisch nach vorn zu schieben. Dazu gibt’s an den Vordersitzen Kleiderhaken und Smartphone-Taschen.

Das Heck ist zwar sehr geräumig, jedoch fehlen praktische Taschenhalter oder Ösen.
Noch mehr Platz ist im Gepäckraum: Wenn die Rücksitzlehne im Verhältnis 60 : 40 umklappt, werden aus den stattlichen 668 Litern bis zu 1.568 Liter Kofferraumvolumen (Ford: 553–1.534 l; Hyundai: 577–1.756 l). Eine Durchladeklappe und Verzurrösen fehlen allerdings, ebenso ein Platz für das Kofferraumrollo. Dafür steigt die Ladefläche nur leicht an, und Kleinteile verschwinden in den Fächern des doppelten Ladebodens.
Alternativloser Antrieb
Luftig ist’s auch unter der Fronthaube. Den Actyon gibt es im Gegensatz zu den Kontrahenten nur mit einer Motorisierung: Der e-XGDI 150T genannte Benziner bringt es auf 163 PS und 280 Nm Drehmoment und muss ohne elektrische Unterstützung auskommen. Auch deshalb ist er nicht der Sparsamste: Im Testmittel kam er auf glatte 9,0 Liter pro 100 Kilometer (Ford: 7,2 l/100 km; Hyundai: 7,9 l/100 km). Und auch bei der Leistungsabgabe gerät er ins Hintertreffen. Um seine mehr als 1,6 Tonnen zügig von null auf Tempo 100 zu hieven, braucht es mehrere Anläufe. Teils sind die Schaltpausen so lang, dass der Vortrieb einbricht. Eingriffe über die Wippen am Lenkrad bringen kaum Besserung. Die Stoppuhr zeigt am Ende 12,4 Sekunden, da sind die Kontrahenten deutlich schneller (Kuga: 9,6 s, Tucson: 9,2 s).

9,2 Sekunden benötigt der Tucson für den Standardsprint. Mit 9,6 Sekunden ist der Kuga kaum langsamer. Im Actyon vergehen endlos lange 12,4 Sekunden bis Tempo 100.
Im Alltagsbetrieb werkelt der 1,5-Liter-Benziner des KGM meist unauffällig. Beim Kaltstart vibriert er jedoch spürbar, beim Zwischenbeschleunigen heult er unangenehm auf. Auf der Autobahn muss der Actyon spätestens ab Tempo 160 merklich kämpfen, und um die Höchstgeschwindigkeit von 191 km/h zu erreichen, sollte es lange bergab gehen und Rückenwind wehen. Dafür ist der Bremsweg mit 32,6 Metern aus 100 km/h mit kalter Bremsanlage in der Klasse rekordverdächtig. Der Tucson braucht für diese Übung gute 34,2 Meter und der Kuga gerade noch akzeptable 37,4 Meter.
Sportliche Ambitionen pflegt der KGM sonst jedoch keine. Die gefühllose Lenkung, die träge Automatik und der unelastische Motor legen nahe: Kurvige Straßen standen im Lastenheft nicht im Fokus. Komfort dagegen schon: Das Stahlfahrwerk schluckt vor allem kurze Stöße souverän und lange Asphaltwellen harmonischer als die Fahrwerke von Kuga und Tucson. Der Testwagen kommt zudem als Top-Version Lux optional mit Allradantrieb (2.200 Euro). Und tatsächlich sorgt das Hang-on-System für gute Traktion.

Der neue KGM Actyon tritt selbstbewusst auf, überzeugt mit großem Kofferraum und viel Komfort.
Weniger souverän agiert der Abstandsregeltempomat: Er fährt in der kleinsten Abstandsstufe recht forsch auf und überholt rechts. Andererseitsvergisst das System, Gas zu geben, sobald sich der Verkehr vor dem Fahrzeug lichtet. Das Lenkrad pendelt beim aktiven Spurhalten zudem ständig leicht hin und her. Und die LED-Scheinwerfer sehen zwar schick aus, leuchten bei Dunkelheit aber streifig.
Handarbeit ist gefragt
Der Kuga strahlt dagegen mit optionalen Matrix-Scheinwerfern. Seine Verkehrszeichenerkennung funktioniert am verlässlichsten – einen aktiven Spurführassistenten sucht man beim Testwagen jedoch vergebens, und der Abstandstempomat funktioniert im Stau nicht. Der einfache Grund: Während die Konkurrenten auf Automatik setzen, kommt der Ford mit Handschaltung. Ja, das ist selten geworden. Schade, denn der Schalthebel lässt sich auf kurzen Wegen einfach führen. Alternativ baut Ford aber auch eine Automatik in den Kuga ein.

Mit 37,4 Metern aus 100 km/h bremst der Kuga solide, aber nicht Klassenbester.
Im Zusammenspiel mit der direkt übersetzten Lenkung kommt beim Handschalter auf der Landstraße tatsächlich etwas mehr Fahrspaß auf. Dabei zupft der 1,5-Liter-EcoBoost-Motor beim zügigen Beschleunigen an den Vorderrädern. Das erinnert fast an frühere sportliche Fronttriebler von Ford, wirkt hier allerdings etwas deplatziert. Akustisch ist der Dreizylinder durchaus präsent, und er hängt willig am Gas. Dabei ist er einer von den Sparsamen: Auf der Eco-Runde lässt sich der Verbrauch deutlich unter sechs Liter pro 100 Kilometer drücken (Hyundai: 6,7 l/100 km; KGM: 7,5 l/100 km).
Aufhorchen lässt auch das straffe Fahrwerk. Beim Überfahren von Gullydeckeln rumpelt es kräftig im Innenraum. Auf der Autobahn fährt der Kuga wenig spurtreu, auf schlechten Landstraßen rüttelt er die Insassen ordentlich durch. Dieses Set-up ist auch fahrdynamisch kontraproduktiv: Sowohl im 18-Meter-Slalom als auch beim doppelten Spurwechsel ist der Kuga der Langsamste.

Das Klimamenü versteckt der Kuga nun im aufgesetzten Touchscreen. Auch bei den Materialien spart Ford.
Dabei richtet Ford seinen SUV mit roten Ziernähten der ST-Line X sportlich ein. Die Materialien wirken jedoch deutlich einfacher als in KGM Actyon und Hyundai Tucson, auch wenn die Verarbeitung stimmt. Viel wichtiger: Die Ergonomie überzeugt. Die Sitze bieten guten Seitenhalt und eine ausziehbare Oberschenkelauflage. Im Fond punktet der Kuga mit der verschiebbaren Rückbank, allerdings sind die Ablagen vor allem in den Türen zu klein dimensioniert.
Viel größer fällt der Touchscreen seit dem letzten Facelift aus. Leider steuert man über das aufgesetzte Display nicht nur die Navi- und Unterhaltungssoftware, sondern auch die Klima- und Fahrmodi-Menüs. Letztere sind ohnehin verzichtbar, denn kein Modus macht den Kuga – wie übrigens auch Actyon und Tucson – wirklich dynamischer.
Einfach am Rad drehen
Also lieber Gas rausnehmen. Da fühlt sich auch der Tucson am wohlsten. Er bietet die subjektiv beste Geräuschdämmung, denn hier dringen kaum Fahrwerks- oder Windgeräusche ans Ohr. Die Lenkung arbeitet präzise und harmonisch, trotz geringer Rückmeldung. So kurvt der Koreaner betont neutral, geht allerdings auch früh ins Untersteuern. Sein Doppelkupplungsgetriebe schaltet spürbar flotter als die Sechsstufenautomatik im KGM, bleibt aber ebenfalls eher komfortorientiert. Bei rutschigen Bedingungen tut sich die Vorderachse allerdings schwer – Traktion ist nicht die Stärke des Hyundai Tucson.

Der 1,6-Liter-T-GDI mit 160 PS läuft kultiviert und harmonisch, bleibt aber effizient.
Mitreißend ist auch das futuristische Design des Tucson. Doch hinter dem spacigen Look hat sich seit dem letzten Facelift etwas getan. Für die Klimasteuerung gibt es jetzt – Trommelwirbel! – zwei Drehregler, die die Bedienung erleichtern. Insgesamt wirkt der Hyundai-Innenraum am hochwertigsten. Der Fahrersitz ist bequem geschnitten, und das Head-up-Display projiziert seine Infos direkt in die Frontscheibe statt auf eine Plastikscheibe wie im Ford Kuga. Hinzu kommt ein aufgeräumtes Infotainment: Die Grafiken sind feiner und die Kacheln großzügiger gegliedert. Zudem werden Sprachbefehle wie "Fenster öffnen" oder "Mir ist kalt" zuverlässig erkannt.
Auch im Fond punktet der Tucson mit den variablen Rücksitzlehnen samt Cargo-Stellung, die sich per Fernentriegelung dreiteilig umklappen lässt. So entsteht der nach Litern größte Laderaum.

Angenehmer Sitzkomfort dank variabler Lehnenneigung, dazu eine Cargo-Stellung.
Da können die anderen einpacken. Auch beim Preis? Am günstigsten kommen Sie im Actyon weg: Für 44.450 Euro schnürt KGM beim Lux ein Paket mit großzügiger Ausstattung. Ein Head-up-Display oder adaptive LED-Scheinwerfer bekommen Sie aber nur bei Ford und Hyundai, deren Autos gäbe es ebenfalls mit Allradantrieb. Der Kuga ist laut Liste am teuersten, Ford bietet aber Rabatte ab Werk. Doch der Tucson ist als Prime nicht nur gut, sondern auch günstig und sichert sich so den Sieg.
| Hyundai Tucson 1.6 T-GDI MHEV Prime | Ford Kuga 1.5 EcoBoost ST-LINE X | KGM Actyon 1.5 AWD Lux | |
| Außenmaße | 4510 x 1865 x 1650 mm | 4615 x 1882 x 1682 mm | 4740 x 1910 x 1680 mm |
| Kofferraumvolumen | 577 bis 1756 l | 553 bis 1534 l | 668 bis 1568 l |
| Hubraum / Motor | 1598 cm³ / 4-Zylinder | 1497 cm³ / 3-Zylinder | 1497 cm³ / 4-Zylinder |
| Leistung | 118 kW / 160 PS bei 5500 U/min | 111 kW / 150 PS bei 6000 U/min | 120 kW / 163 PS bei 5000 U/min |
| Höchstgeschwindigkeit | 192 km/h | 195 km/h | 191 km/h |
| 0-100 km/h | 9,3 s | 9,6 s | 12,4 s |
| Verbrauch | 7,2 l/100 km | 5,6 l/100 km | 7,9 l/100 km |
| Testverbrauch | 8,5 l/100 km | 7,2 l/100 km | 9,0 l/100 km |
