Experten empfehlen Pkw-Maut: Infrastruktur-Kosten explodieren

Infrastruktur-Kosten explodieren
Experten empfehlen Pkw-Maut

ArtikeldatumVeröffentlicht am 27.11.2025
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Maut auf Slowenischen Autobahnen
Foto: SimonSkafar und altmodern via GettyImages

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Agora Verkehrswende und dem Dezernat Zukunft. Demnach übersteigt der Finanzierungsbedarf im Verkehr schon heute deutlich das, was der Bundeshaushalt abdecken kann. Neben den bestehenden Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität wären zusätzliche Mittel notwendig, um zentrale Projekte in Straßenbau, Schiene und ÖPNV zu sichern. Die Studie verweist darauf, dass sich der Investitionsbedarf bis 2035 weiter erhöhen werde: Viele Brücken müssen saniert, Tunnel erneuert und Bahnstrecken modernisiert werden. Parallel dazu sollen sich die Kapazitäten im öffentlichen Nahverkehr bis 2040 nahezu verdoppeln.

Finanzierungsoptionen im Überblick

Die Autoren skizzieren mehrere Wege, um diese Lücke zu schließen. Genannt werden staatliche Kredite, höhere GVFG-Mittel (ÖPNV-Bundesförderung/Gemeindeverkehrsfinanzierung) und der Abbau klimaschädlicher Steuervergünstigungen. Ergänzend wird die Einführung einer zusätzlichen Maut im Straßenverkehr geprüft. Während die Lkw-Maut bereits erweitert wurde, könnte eine Pkw-Maut künftig einen ähnlichen Beitrag leisten. Gedacht wird an ein System, das sich an der tatsächlichen Fahrleistung orientiert und dadurch Vielfahrer sowie Fahrzeuge mit "hohem Energiebedarf" stärker einbezieht.

Nach Einschätzung der Studie wäre ein solches Modell technisch und organisatorisch realisierbar, wenn es schrittweise eingeführt wird. Es könnte Einnahmen ersetzen, die durch den Rückgang von Benzin- und Dieselverkäufen fortlaufend verloren gehen. Vorgesehen ist zudem, einen Teil möglicher Mauterlöse zweckgebunden für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu verwenden – in Analogie zur heutigen Lkw-Maut, deren Einnahmen teilweise in das Schienennetz fließen.

Sozialverträgliche Einführung gefordert

Eine Pkw-Maut wird nur dann als tragfähig bewertet, wenn sie sozial ausgewogen gestaltet wird. Vorgesehen sind Entlastungen für Haushalte mit geringem Einkommen sowie Mechanismen, die abrupte Mehrbelastungen vermeiden. Zudem müsse das Modell mit einer Neuordnung der Kfz- und Energiesteuern abgestimmt werden, um parallele Belastungen zu verhindern.

Die Studie schlägt ein mehrstufiges Vorgehen vor. Denkbar wäre zunächst eine freiwillige Pilotphase, die technische und organisatorische Erfahrungen liefert. Langfristig könnte das System über digitale Verfahren wie On-Board-Units oder GPS-basierte Abrechnungsmethoden gesteuert werden. Konkrete technische Details werden nicht festgelegt, die Umsetzung wird jedoch grundsätzlich als machbar eingeschätzt.

Gesamtstrategie zur Finanzierung des Verkehrs

Über die mögliche Pkw-Maut hinaus skizziert die Analyse ein breiteres Konzept zur Stabilisierung der Verkehrsfinanzierung. Vorgeschlagen werden ein überjähriger Infrastrukturfonds für die Bahn, höhere Regionalisierungsmittel für die Länder, ein stärkerer finanzieller Beitrag der Nutzer des ÖPNV sowie eine stärker emissionsorientierte Kfz-Steuer. Zudem wird empfohlen, den Grundsatz "Erhalt vor Neubau" verbindlich im Bundesverkehrswegeplan zu verankern, um die verfügbaren Mittel effizienter zu nutzen.

Alle genannten Maßnahmen erfordern politische Entscheidungen mit langfristiger Wirkung. Ohne zusätzliche Einnahmen drohten Verzögerungen bei der Sanierung zentraler Brücken, der Elektrifizierung des Schienennetzes sowie beim Ausbau des Nahverkehrs. Die Studie betont, dass eine verlässliche Haushaltsplanung entscheidend sei, um die Verkehrsinfrastruktur bis 2035 stabil und klimafreundlich auszurichten.

Agora Verkehrswende

Agora Verkehrswende ist eine gemeinnützige Denkfabrik mit Sitz in Berlin. Sie ist keine klassische Lobby-Organisation, sondern betreibt Policy Advocacy, also fachliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen. Sie wirbt nicht für einzelne Unternehmen, sondern für bestimmte politische Maßnahmen, z. B. zur CO₂-Reduktion, zum ÖPNV-Ausbau oder zu Abgaben- und Steuerreformen. Die Organisation wird von der Mercator Stiftung und der European Climate Foundation gefördert und arbeitet mit Forschungsinstituten, Verkehrsverbänden sowie politischen Institutionen auf Bundes- und Landesebene zusammen.

Fazit