Cadillac Formel 1 Team: Der Masterplan für den F1-Einstieg

Formel-1-Masterplan für neues US-Team
So bereitet sich Cadillac auf den Einstieg vor

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.06.2025
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Eine Frage muss sich Cadillac immer wieder anhören. Warum so früh? Warum tritt der amerikanische Autokonzern mit seinem Auto bereits 2026 an und nicht ein Jahr später? Warum bringt General Motors schon 2029 einen eigenen Motor, wo man doch bis 2031 warten könnte, wenn die Regeln vielleicht weniger komplexe Antriebssysteme vorschreiben?

Die Antwort auf die Frage ist einfach. Die Formel 1 wollte es so. Es ist ganz offensichtlich ein kleiner Seitenhieb gegen die Amerikaner, nachdem das Zulassungsverfahren so viel Energie gekostet hat. Ganz nach dem Motto: Wenn sie schon unbedingt dabei sein wollen, dann sollen sie es auch so schnell wie möglich mit dem Start des neuen Concorde-Abkommens tun.

Der Zeitdruck ist das größte Problem für den Neuzugang. Die endgültige Zusage von der FIA flatterte Cadillac erst am 7. März auf den Tisch. Jetzt muss ziemlich exakt in zwölf Monaten ein Team aufgebaut, die nötigste Infrastruktur geschaffen, die Prozesse eingespielt, ein Auto entwickelt und produziert werden. Das ist extrem knapp.

Grame Lowdon & Pat Symonds - Cadillac - GP Australien 2023
Qian Jun/MB Media via Getty Images

Erstes Auto entsteht in England

Stand Mai standen in der Außenstelle Silverstone 300 Mitarbeiter auf der Lohnliste. Bis zum Ende des Jahres sollen es 500 bis 600 sein. Es ist nicht hilfreich, dass Audi für seine Filiale in Bicester aus dem gleichen Einzugsgebiet die gleichen Spezialisten sucht. Und es ist auch ein Problem, dass Abwerbungen von anderen Teams Arbeitssperren haben und vor Herbst nicht zur Verfügung stehen.

Bei General Motors in der Motorenfabrik in Charlotte sind momentan rund 100 Menschen angestellt. Auch das wird sich rasant vergrößern müssen, denn drei Jahre Entwicklungszeit für einen derart komplexen Antrieb gehen im Handumdrehen vorbei. Die Truppe um Russ O'Blenes kann nicht auf Erfahrungswerten aufbauen. Deshalb gaben die Cadillac-Ingenieure mit dem Prototyp des V6-Turbos Gas. Das erste Exemplar wurde bereits in der Woche nach dem GP Saudi-Arabien auf dem Prüfstand getestet.

Das neue Hauptquartier des Cadillac F1 Teams in Fishers nahe Indianapolis soll spätestens bis zum zweiten Quartal 2026 betriebsbereit sein. Um den engen Zeitplan und die Fertigstellung der Fabrik in Einklang zu bringen, wurde folgender Masterplan aufgestellt: Das 2026er-Auto wird komplett in England gebaut, das 2027er-Auto halb in England und halb in den USA, und ab 2028 findet die Produktion komplett am Stammsitz in Fishers statt.

Gewicht als Joker für Cadillac?

Für Cadillac hat die Formel-1-Saison 2026 schon begonnen. Sämtliche Belastungs- und Crashtests wurden mit einem Test-Monocoque bereits durchgeführt. Die Erkenntnisse daraus fließen dann in die Carbon-Röhre ein, welche die Basis des Autos für 2026 sein wird. Technikberater Pat Symonds verrät, dass man mit den meisten Komponenten zwei Monate früher fertig sein will als üblich, um kein Risiko einzugehen. Die Teilnahme am ersten Test im Januar 2026 ist für den Neuling Pflicht. Jeder Kilometer Erfahrung zählt.

Die einfachste Methode, gegen die etablierten Teams Boden gutzumachen, wäre das Gewicht. Die Absenkung des Mindestgewichts auf 770 Kilogramm öffnet neben Aerodynamik und Motorleistung ein drittes Feld, auf dem man sich vom Gegner unterscheiden kann. Im ersten Jahr wird kaum jemand das Gewichtslimit schaffen. Jedes Kilogramm weniger ist garantierte Rundenzeit.

Der Ferrari-Motor ist eine feste Größe. Im Vergleich zur Aerodynamik scheint das Gewicht ein einfacher bespielbares Feld. Doch Symonds warnt davor, das zu unterschätzen. "Wir haben als Neuling beim Gewicht keinerlei Referenz. Die etablierten Teams wissen bei jeder Komponente, wie weit sie gehen können, weil sie es schon hundert Mal gemacht haben."

Andretti Global - F1-Headquarter Silverstone 2024
Andretti

Problem mit kurzfristigen Regeländerungen

Die aerodynamische Entwicklung soll wie bei allen anderen Teams eine Punktlandung werden. Man lässt sich so viel Zeit, dass die Teile gerade so bis zum ersten Test und zum Saisonauftakt am 8. März fertig werden. Kurzfristige Regeländerungen treffen ein neues Team härter als die eingespielten Technikmannschaften.

So wurde zum Beispiel im Frühjahr eine Finne im unteren Bereich der hinteren Bremsbelüftungen von der FIA in ihrer Größe beschnitten. Eine kleine Änderung mit großer Auswirkung. Die Finne half beim Abdichten des Unterbodens zwischen Hinterrad und Bodenplatte. Um das auszugleichen, muss die Bodenfreiheit wieder abgesenkt werden.

Das bedeutet neue Testläufe im Windkanal, neue Rechenmodelle für die CFD-Simulation. Kleine Teams mit eingeschränkten Simulationswerkzeugen sind von solchen kurzfristigen Richtungsänderungen härter betroffen als Teams mit 400 Ingenieuren und einer voll ausgestatteten Infrastruktur. Der Erfahrungsrückstand setzt sich in anderen Bereichen fort. Den größten Nachholbedarf gibt es bei der Aero-Elastizität – Stichwort Flexi-Wings – und dem Thema, wie man über die Bremsbelüftungen die Reifentemperatur steuert.

Grame Lowdon & Valtteri Bottas - Cadillac - 2025
xpb

Cadillac fährt in der Fabrik mit

Parallel zum Aufbau des Autos arbeitet Cadillac an den Prozessen. Seit dem GP Spanien sitzt in der Fabrik in Silverstone eine Truppe von Strategen, die jedes Rennen virtuell so mitfährt, als wäre man schon dabei. So sollen die Strategieprogramme verfeinert und die Leute am Kommandostand auf ihre Aufgaben vorbereitet werden.

Im Herbst plant Cadillac von Ferrari ein 2023er-Auto auszuleihen und im Rahmen von TPC-Tests Rennen zu simulieren. Dabei soll sich das Rennteam auf die künftige Aufgabe einschießen und die Mechaniker im Realbetrieb Reifenwechsel üben.

Die Fahrerfrage soll noch im Sommer geklärt werden. Auf der Wunschliste stehen zwei erfahrene Piloten. Die Nationalität spielt zunächst keine Rolle. Ein amerikanischer Fahrer ist kein Pflichtprogramm mehr. General Motors hat entschieden, dass die Performance Priorität hat. Erst dann kommt die Zielvorgabe, ein echtes amerikanisches Team zu sein.