Warum wurden beide McLaren disqualifiziert?
Eigentlich hätte Lando Norris nach dem zweiten Platz hinter Max Verstappen in Las Vegas zufrieden sein können. Der Pole-Setter war zwar beim Start von seinem Kumpel überholt worden, aber letztendlich hatte er in der Zockermetropole seinen Vorsprung in der WM wieder ausgebaut. Mit 30 Punkten vor Teamkollege Oscar Piastri hätte der Engländer in die letzten zwei Rennen gehen können.
Doch kurz nach dem GP drohte auf einmal Ungemach. Um 23.31 Uhr Ortszeit flatterte ein Dokument der FIA im Posteingang rein. In dem stand geschrieben, dass sowohl das Auto von Norris als auch von Piastri den Mindestwert von neun Millimetern bei der Unterbodenplatte unterschritten hatten. Die Teamverantwortlichen wurden zum Rapport um 23.45 Uhr gebeten. Danach dauerte es noch geschlagene 136 Minuten, ehe das offizielle Urteil feststand: Beide McLaren nahm die Rennleitung aus der Wertung.
Der McLaren von Norris hatte am vorderen rechten Messpunkt 8,88 Millimeter aufzuweisen und am hinteren waren es 8,93 Millimeter. Bei Teamkollege Piastri maßen die FIA-Techniker links vorne 8,96 Millimeter und rechts vorne 8,74 Millimeter. Am hinteren Messepunkt stellte man lediglich 8,90 Millimeter fest.
Schon während der 50 Runden war am TV-Bildschirm aufgefallen, dass Piastri starkes Bouncing auf der Geraden hatte. Norris wurde im World Feed nicht eingefangen. Doch Mercedes-Pilot George Russell bestätigte gegenüber auto motor und sport, dass auch Norris unter dem Aufsitzen gelitten hatte. Russell konnte das während des Rennens beobachten.
Sein Landsmann wurde in den letzten Runden angehalten, Fahrt rauszunehmen, weil McLaren bemerkt hatte, dass sie Gefahr laufen, die Unterbodenplatte zu weit abzuschleifen. Das halft nichts. Null Punkte statt 30 waren das Resultat für die McLaren-Truppe.
Wieso war Verstappen so schnell?
Der Nutznießer des McLaren-Dramas heißt Max Verstappen. Dank der Disqualifikation seiner WM-Gegner liegt er nur noch 24 Zähler hinter Norris und ist punktgleich mit Piastri. Der Unforced Error bei McLaren hat die Tür zum fünften Titel in Serie wieder weit aufgestoßen. Verstappen überzeugte in Las Vegas mit einer starken Pace. Schon am Start zog er an Norris vorbei, der ihn zuerst gegen die Boxenmauer drückte und dann in T1 zu weit ging: "Ich habe es versaut", gab der WM-Leader zu.
Red Bulls Sportchef Helmut Marko sah das Überholmanöver eher bei Verstappen als bei einem Patzer von Norris. "Er hat ihn in einen Fehler gezwungen", war der Grazer sich sicher. Einmal in Führung hatte der 28-Jährige alles im Griff. "Max konnte immer reagieren. Er war der Schnellste und hat die Reifen gemanagt. Norris hätte uns niemals eingeholt."
Verstappen hatte im Gegensatz zu seinen Rivalen weniger mit dem Graining auf dem Medium-Reifen zu kämpfen, mit dem die Top-Piloten gestartet waren. Ein Vorteil, wenn man freie Fahrt hat. "Heute schien es so, als hätten wir es gut unter Kontrolle, und ich konnte ein bisschen mehr pushen", freute sich Verstappen. Den zunächst auf P2 liegenden George Russell schüttelte er schnell aus dem DRS-Fenster, Lando Norris kam nie mehr in Schlagdistanz.

George Russell rückte dank der Disqualifikation von Lando Norris auf Platz zwei auf.
Weshalb hatte Russell keine Siegchance?
Im Vorjahr dominierte Mercedes noch nach Belieben und galt in Las Vegas als Top-Favorit. Nach Platz vier im Qualifying konnte George Russell beim Start zwei Ränge gutmachen und sah kurzzeitig als der schnellste Mann im Feld aus. Doch der Engländer fiel schnell aus Verstappens DRS-Fenster: "George hat die Reifen zu hart rangenommen", hielt Teamchef Toto Wolff nach dem Rennen fest. Bereits in der 17. Runde musste sein Pilot den Medium-Reifen gegen den harten Gummi tauschen. Deutlich früher als die Konkurrenz.
Auch auf der C3-Mischung waren Russell die Hände gebunden. Der WM-Vierte strapazierte auch den zweiten Satz seiner Pirelli zu stark und musste später noch Norris mehr oder weniger kampflos ziehen lassen. Zudem beklagte der 27-Jährige ein Problem mit der Servolenkung. Das hatte ihn schon im Qualifying verfolgt. "Unter Beobachtung der FIA haben wir gestern die Lenkung getauscht und trotzdem war es heute nicht besser", rätselte Wolff. Ein Mercedes-Mann teilt mit: "George hat schon in der Formationsrunde gefunkt, dass sich etwas komisch anfühlt. Aber wir konnten nichts erkennen. Das Gefühl kam wohl eher von der Aufhängung."
Eine starke Aufholjagd zeigte Andrea Kimi Antonelli. Den Strategen gelang mit dem Italiener ein Coup. Sie holten den von P17 gestarteten Rookie in der zweiten Runde an die Box und setzten ihn vom soften auf den harten Reifen. Das zahlte sich aus, weil er die meiste Zeit freie Fahrt hatte und sogar Piastri und Charles Leclerc hinter sich halten konnte.
Dennoch musste er eine Fünf-Sekunden-Strafe hinnehmen, weil er beim Start kurz gezuckt hatte. "Er hat sich bewegt, aber die Kupplung nicht losgelassen. Das sah komisch aus. Wir müssen uns das nochmal anschauen", erklärte Wolff.

Lewis Hamilton wurde nach einem schwachen Qualifying nur Achter in Las Vegas.
Warum war Ferrari kein Podestkandidat?
In den ersten beiden Trainings hatte Ferrari noch einen guten Eindruck hinterlassen, doch ab dem Freitag ging es wieder zurück. Das nasse Qualifying erwischte das Team auf dem falschen Fuß. Leclerc wurde nur Neunter, Hamilton sogar Letzter. "Die Qualifikation hat unser Rennen kaputtgemacht", klagte Teamchef Frédéric Vasseur.
Dabei ging es gut los. Hamilton profitierte vom Chaos, das Gabriel Bortoleto in T1 mit seinem Foul an Lance Stroll ausgelöst hatte. Nach der kurzen VSC-Phase hing er aber fest. Teamkollege Leclerc verpasste das Podium lediglich um 0,190 Sekunden, weil Antonelli sich noch genügend Vorsprung herausfuhr. Die Pace war aber auf Niveau von Piastri.
Lewis Hamilton hingegen wurde nur Achter. Verglichen mit Antonelli war er auf dem harten Reifen gestartet und fuhr einen langen ersten Stint. Ein Fehler. "Was ist mit der Strategie passiert? Es sah doch gut aus", fragte Hamilton sein Team. Der Rekordsieger kam am Ende nicht mehr an Nico Hülkenberg vorbei. Die Antonelli-Taktik war klüger. Zudem rumpelte Alexander Albon in Runde 16 vor T14 ins Heck des Ferrari und löste die zweite VSC-Phase aus.
"Wir müssen einfach mal ein ganzes Wochenende zusammenbringen", drosch Vasseur Durchhalteparolen. "Die anderen Teams haben auch mal schlechte Rennen, aber bei uns wird da viel mehr draufgeschaut", beschwerte sich der Franzose.
Wie schaffte es Hülkenberg in die Punkte?
Einen siebten Platz und sechs Zähler holte Nico Hülkenberg in Las Vegas. Von P11 gestartet befand sich der Emmericher meistens auf dem neunten Rang, wegen der McLaren-Disqualifikation wurde das Spielerparadies zum Zahltag. "Die Autos vor uns hatten etwas mehr Pace, aber wir haben das mit einer soliden Einstopp-Strategie nach Hause gefahren", lobte Hülkenberg sein Team. Der Deutsche musste mit nur einem frischen Satz der C3-Mischung auskommen. Den anderen hatte Sauber bereits im Training angerührt.
"Das war eine Weltklasse-Leistung von Nico", adelte ihn Teamchef Jonathan Wheatley. "Ich hätte auch nicht gedacht, mal sagen zu können, dass wir schneller als ein Ferrari sind." Hamilton und Ferrari wollten Sauber in die Falle laufen lassen, als der Engländer hinter Hülkenberg steckte. "Sie haben gesagt, er soll das Gegenteil von Nico machen." Das tat der Rekordsieger auch. Er versuchte den Undercut und scheiterte. "Heute war es wichtiger in freier Fahrt zu sein als auf den Pace-Vorteil mit einem frischen Reifen zu hoffen", erklärte Wheatley.












