Wenn man sich dieser Tage im Fahrerlager mit Motoreningenieuren unterhält, dann ist die Anspannung deutlich zu spüren. Mit Informationen über den erwarteten Output der Power Units gehen die Verantwortlichen äußerst spärlich um. Keiner will sich frühzeitig in die Karten schauen lassen. Und keiner will der Konkurrenz unnötige Hinweise geben.
Sollte ein Motorenlieferant jetzt noch einen größeren Rückstand aufweisen, wäre aber wohl nicht mehr viel zu retten. Schon im Januar wartet beim Test in Barcelona die erste große Bewährungsprobe. Deshalb laufen in den Fabriken aktuell die Prüfstände auf Hochtouren. Zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung haben die Ingenieure weniger die maximale Leistung, sondern eher die Standfestigkeit im Fokus.
Für die Benzin-Partner stellt sich nun die Herausforderung, genügend Liter der nachhaltigen Sprit-Mischung zu produzieren, damit den Motoren bei den Probeläufen nicht der Saft ausgeht. Auch die Motorenbauer starten jetzt in die heiße Produktionsphase. Vor allem, wenn, wie im Fall von Mercedes oder Ferrari, noch mehrere Partnerteams beliefert werden müssen. Verzögerungen kann sich jetzt keiner mehr leisten.
Leistung der 2026er-Motoren jetzt schon "ähnlich"
Weil sich die Techniker nicht in die Karten schauen lassen, ist die Spannung natürlich groß, wie wohl das Endprodukt aussehen wird und wie viel Leistung die neuen Motoren auf die Kurbelwelle wuchten. Ziel der FIA war es ursprünglich, einen Power-Split von 50:50 zwischen elektrischer Leistung und Verbrenner-Power zu erzielen.
Weil der Hybrid-Teil mit maximal 350 Kilowatt (475 PS) festgeschrieben ist, würde das also rechnerisch eine Systemleistung von 950 PS ergeben. Damit würde man allerdings ein gutes Stück unter dem Output der aktuellen Motorengeneration bleiben, die es im schärfsten Rennmodus auf knapp über 1.000 PS bringt.
Doch die Ingenieure sind bei der Verbrennerseite schon weit über das Elektro-Limit hinausgeschossen. Auf die Frage, wo die Systemleistung im Vergleich mit den aktuellen Autos liegen wird, antwortete Mercedes-Motorenchef Hywell Thomas leicht grinsend: "Es wird ähnlich werden." Wenn sich der hochrangige Ingenieur solch eine Aussage entlocken lässt, dann dürfte klar sein, dass die neuen Autos auf keinen Fall schwächer als ihre Vorgänger sind.

Beim Ausarbeiten der neuen Regeln hatte die FIA ursprünglich einen Power-Split von 50/50 angepeilt.
Power-Split mit Verbrenner-Vorteil
Hinter vorgehaltener Hand haben wir bei auto motor und sport bereits von Werten um die 430 kW – also 585 PS – für den Verbrenner gehört. Addiert man die 475 PS von der elektrischen Seite, käme man also für die maximale Gesamtleistung auf einen Wert von 1.060 PS, was einem Power-Split von rund 55/45 zu Gunsten des Verbrenners entsprechen würde.
Dazu muss man aber bedenken, dass die Ingenieure jetzt noch ganz am Anfang der Entwicklung stehen. Vor allem beim Benzin sind große Fortschritte zu erwarten, die sich am Ende auf die Power auswirken werden. Experten erwarten deshalb, dass die neuen Aggregate ihre Vorgänger bald schon deutlich in den Schatten stellen.
Vor allem in den Beschleunigungsphasen aus engen Kurven heraus werden sich die Piloten umstellen müssen. Der Elektro-Motor sorgt für ordentlich Dampf an der Hinterachse – viel mehr als aktuell vorhanden ist. Vor allem im Qualifying wird das den Fahrern ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Weil der Abtrieb der Autos aber deutlich reduziert ist, sind trotz höherer Leistung zunächst keine Rundenrekorde zu erwarten.
Steile Lernkurve in der ersten Saison
Im Rennen dürfte die Schere zu den aktuellen Autos noch ein gutes Stück weiter aufgehen. Weil die Benzinmenge begrenzt ist und der Verbrenner im Schleppbetrieb mithelfen muss, die Batterien zu laden, wechseln die Autos am Ende von langen Geraden früh in den Segelmodus. Eine effiziente Verbrennung und eine gute Ladestrategie werden in Zukunft also noch wichtiger als heute.
Sollten die neuen Autos vor allem zu Beginn der neuen Saison die Erwartungen in Sachen Performance und Entertainment nicht ganz erfüllen, sollten die Fans nicht vorschnell Kritik üben. Die Technik-Revolution ist so groß, dass die Lernkurve vor allem beim Energie-Management extrem steil verlaufen wird. Schon nach wenigen Monaten könnte sich das Bild also ändern.





