Es gab ja mal Zeiten bei Volkswagen, da wurde jede Nische aus demselben Modellbaukasten bedient. Nein nein, wir meinen nicht die Zeit, in der die Antwort immer nur "Käfer" oder maximal "Bus" lautete. Noch vor ein paar Modellgenerationen gab es Gölfe in allen Geschmacksrichtungen. Drei- und Fünftürig, als Cabrio, Kombi oder strenge Stufenhecklimousine mit Vento-, Bora- oder Jetta-Verkleidung.
Heute, genaugenommen schon seit einigen Jahren, ist der T-Roc meistverkaufter Volkswagen. Er bietet, streng genommen, weniger Platz als ein normaler Fünftürer-Golf und sammelte in der Fachwelt zunächst Kritik für die anfangs eher billigen Hartplastik-Oberflächen überall im Interieur. Aber: Er bot eine modische Designspielart, weil er kompakte Abmaße mit einer eigenen Silhouette und breitschultrigen Kotflügeln im SUV-Look verband. Sein Crossover-Konzept war offenbar der Schlüssel zur Käufergunst. Folgerichtig ist es für VW ganz elementar, dass auch die zweite Generation des T-Roc ein Erfolg wird. Ob er das Zeug dazu hat, klären wir heute. Was ist geblieben? Was verändert sich? Und was fällt sogar weg?
Bekannte Silhouette mit neuen Abschlüssen
Was macht den T-Roc eigentlich zum T-Roc? Warum lässt er sich verhältnismäßig leicht von Golf oder Tiguan unterscheiden? Das liegt in seiner charakteristischen Silhouette. Und die wiederum besteht zunächst aus den großen Radhäusern, die von der sogenannten Tornadolinie betont werden – das ist die Karosseriefalz, die sich von den Scheinwerferspitzen bis in die Heckleuchten über die ganze Seite zieht. Obenrum gibt es die C-Säule in Wagenfarbe, die ohne zusätzliches Seitenfenster das kurze breite Heck betont und schräg nach vorn geneigt ist. Vom Dach ist sie durch eine durchgehend verlaufende Leiste getrennt. Das klingt alles etwas sperrig, macht ihn aber auf den ersten Blick erkennbar. Logisch also, dass dieses Rezept beim neuen T-Roc beibehalten wurde. Tornadolinie und C-Säule wurden zwar etwas abgeändert, bleiben jedoch weiter vertraut.

Das neue Modell (blauer Hintergrund) trägt zwar die neuen Züge des aktuellen VW-Front- und Heckdesigns, nebst Leucht-Logo und Leuchtbändern, lässt aber dennoch die Linie des T-Roc I auf den ersten Blick wiedererkennen.
Neu ist dagegen die Gestaltung von Front und Heck. Hier löst man sich von der flächig-kantigen Formsprache aus der Golf-7-Ära und wendet sich dem neuen Markenlook mit Leuchtbändern und großem Einlass-Schlund zu, der in geschlossener Form auch bei den Elektromodellen zu finden ist. Dazu gibt es flache und gepfeilte Frontscheinwerfer mit Mehrwert. Während die meisten T-Roc I in der Basisausstattung nur über Halogenscheinwerfer verfügten, ist LED-Technik beim Neuen ebenso serienmäßig, wie ein Fernlicht-Assistent. Matrixtechnik kostet weiterhin Aufpreis. Letzteres gilt auch für die umlaufenden Leuchtbänder an Front und Heck, die erst ab der Linie Style serienmäßig verbaut sind. Zugunsten von etwas mehr Platz im Innenraum wuchs die Außenlänge um ganze 12 Zentimeter.
Starke Neuerungen im Innenraum
Gewisse Vorteile bietet das Interieur des neuen T-Roc. Das gelingt zunächst leicht, da der Vorgänger nicht in jeder Hinsicht überzeugen konnte. Trotz der stämmigen Abmessungen war dieser nämlich kein Raumwunder und bot zudem mit zu viel Hartplastik eine Polo-Anmutung, die in der gehobenen Kompaktklasse nichts verloren hat. Beides wurde nun wesentlich verbessert. Hartplastik wurde vollständig ins Niveau unterhalb der Lenksäule verbannt und ins modern gezeichnete Cockpit hielt eine wertvoll gemachte Stoffleiste Einzug. Auch haptisch wurde vieles verbessert. Im Vorgänger funktionierte die Nutzung der inzwischen angejahrten Touch-Navis aus der späten Golf-7-Zeit zwar viel problemärmer als die seitdem erschienenen Versionen des Infotainment-Baukastens, war der Einfachheit der Doppel-Drehknopf-Bedienung der etwas kleineren Geräte jedoch stets unterlegen.

Der Innenraum des alten T-Roc (rechts) wurde nach dem Facelift zwar deutlich aufgehübscht, besaß aber dennoch viel Hartplastik. In Sachen Haptik und Materialauswahl das neue Cockpit ein großer Sprung.
Beim Neuen zieht jetzt unvermeidlicherweise (und serienmäßig) die neue Bediengeneration mit suboptimalen Slidern für Temperatur und Lautstärke ein. Diese wurden in anderen aktuellen VW-Modellen aufgrund ihrer Unhandlichkeit kritisiert. Hier sind sie zumindest beleuchtet. Eine separate, ständig erreichbare Klimasteuerung, stellt Mehrkosten dar, die immer weniger Hersteller aufzuwenden bereit sind. Als Hersteller, der über viele Jahre für seine Bedienfreundlichkeit berühmt war und zuletzt viel gescholten wurde, hat VW jedoch dazugelernt. Ein zentraler Dreh-Drück-Knopf in der Mittelkonsole, der in den allermeisten Situationen der Lautstärkeregelung dient, verbessert die Bedienung ganz erheblich. Auch Detailverbesserungen innerhalb des Infotainments selbst stimmen versöhnlicher als noch vor einiger Zeit. Ebenfalls lobenswert: die Lenkradbedienung erfolgt wie schon im gelifteten Golf über ordentliche Tasten, statt über die problembehafteten Touchfelder. Und noch ein Lob: Es gibt vier Fensterheberschalter anstelle der umständlichen Doppelbelegung wie im ID.3. Ob die heftige Kritik an den Sparmaßnahmen, der sich seit Kurzem sogar Mercedes stellen muss, hier etwas gebracht hat?
Die Neuerungen im Innenraum umfassen auch markantere Änderungen. Die Türöffner wanderten von ihrem gewohnten Platz an die Vorderkante der Türarmlehnen, wo auch die Fensterheberschalter untergebracht sind. Zum Öffnen wird der Hebel einfach gelupft. Das funktioniert über eine zuverlässige und herkömmliche Mechanik. Als Grund für die Neupositionierung ist denkbar, dass künftige Modelle mit elektrischen Türöffnern (wie zum Beispiel bei Audi) auf die optisch identische Weise bedient werden könnten. Ebenfalls neu positioniert: der Schalthebel. Richtig muss es heißen: Wählhebel, denn es gibt den T-Roc der zweiten Generation nicht mehr mit Schaltgetriebe. Den ohnehin längst elektronischen Wählhebel der VW-Automatikmodelle versetzte man platzsparend und sinnvoll rechter Hand hinter dem Lenkrad, ganz wie es auch bei den Elektromodellen gelöst ist.
Keine Schaltgetriebe und keine Diesel mehr
Größere Einbußen gibt es in der Antriebspalette. Die beliebten und bis Dato meist sehr empfehlenswerten TDI-Diesel entfallen völlig, gleiches gilt wie erwähnt für Schaltgetriebe. Beides in Kombination machte den ersten T-Roc zu einem beliebten Fahrschulauto, das sich auch zur Schulung für den Anhängerführerschein eignete. Auch der neue nimmt zwar – je nach Antrieb – bis 2.000 Kilogramm an den Haken, stets jedoch verbunden mit dem nicht immer ideal und schonend zu fahrenden Doppelkupplungsgetriebe. Hintergrund ist die Elektrifizierung aller Antriebe, sei es durch Mildhybridsysteme, die über Startergeneratoren Schubhilfe leisten, oder ab 2026 als Vollhybrid, basierend auf dem aktuellen Einheitsmotor 1.5 TSI. Für den T-Roc R wird dann der bekannte Zweilitermotor mit 333 PS eingesetzt werden.

Deutlich weniger Vielfalt, dafür eine konsequente Hybrid-Antriebsstrategie verdrängen die einst recht umfangreiche Motorenpalette des T-Roc.
Im Vorgänger gab es zwar keinerlei E-Unterstützung, dafür aber die deutlich größeren Motorenauswahl, begonnen beim 1.0-Liter-Dreizylinder, der die Einstiegsmotorisierung mit 115 PS darstellte. Gleich stark war die schwächste der drei Diesel-Versionen (auch mit 150 beziehungsweise 190 PS zu haben). Während die Topmodelle stets serienmäßigen Allradantrieb besaßen, konnte dieser als Option auch für die mittleren Motorisierungen geordert werden. Auch das ist nach jetzigem Stand passé im neuen T-Roc. Es gibt ihn aktuell nur mit Vorderradantrieb.
Mehr Serienausstattung
An anderen wichtigen Stellen weitet VW die serienmäßigen Funktionsumfänge des T-Roc aus. So ist neben den vorgeschriebenen Funktionen Verkehrszeichenerkennung und Notbremsassistent nun die akustische Einparkhilfe serienmäßig an Bord. Die Umstellung auf die MQB-Evo-Plattform erlaubt zudem die Umstellung auf die aktuelle Assistenzgeneration, die auch automatische Spurwechsel und Remote-Parking beherrscht.
Der Vorgänger bot nur einen herkömmlichen Spurhalteassistent mit Lenkeingriff, und die genannten Funktionen waren zum Teil aufpreispflichtig. Das erhältliche Digital-Kombiinstrument war wesentlich kleiner als im Nachfolger.
Alle Veränderungen auf einen Blick
Nach dem ersten Rundgang um den neuen T-Roc und der Sichtung des mittlerweile verfügbaren Konfigurators können wir diverse Neuerungen feststellen. Viele davon machen den T-Roc klar zum besseren Auto, andere kommen mit Verzicht daher. Die Verbesserungen sind:
- Viel hochwertigeres Interieur
- Mehr Platz
- Umfangreichere Fahrassistenz
- Modernere Antriebe mit Hybridoptionen
- LED-Scheinwerfer serienmäßig
- Mehr Vielfalt für Lichtdesign innen wie außen
Weniger gut gefällt uns im Vergleich zum Vorgänger:
- Keine Diesel
- Keine Handschalter
- Keine Allradoptionen
- Keine separate Klimabedienung
Die Produkte der deutschen Autohersteller liegen qualitativ seit langer Zeit auf einem sehr hohen Niveau. Das macht es von Generation zu Generation schwerer, Autos zu entwickeln, die in jeder Hinsicht besser sind als ihre Vorgänger. Vergleicht man T-Roc I und II auf Augenhöhe, also mit 1,5-Liter-Benziner mit Frontantrieb, ist dies eindeutig gelungen. Der neue T-Roc ist wertiger gemacht und kann mehr als sein Vorgänger. Angesichts immer strengerer EU-Verordnungen für Neuwagen sowie des Zwangs zur Kosteneffizienz, bleiben jedoch immer häufiger Details auf der Strecke, die sich ein Großserienhersteller früher problemlos leisten könnte. Das reicht von ein paar simplen Knöpfchen für die Heizung bis zu einer vollwertigen Antriebspalette für jedes Nutzungsszenario. So ist es schade, dass der Millionenseller T-Roc sich zwar spürbar weiterentwickelt ist, aber ohne Diesel oder Allrad nicht mehr für jeden Käufer infrage kommt.





