Als der Mercedes 300 SL Mitte der fünfziger Jahre auf den Markt kam, war er weniger ein Straßenauto als ein technisches Statement. Die Flügeltüren entstanden nicht aus gestalterischem Übermut, sondern aus der Notwendigkeit, den hochgezogenen Rohrrahmen des Rennwagens zugänglich zu machen. Das machte den 300 SL zur automobilen Ausnahmeerscheinung. Die Karosserie aus Aluminium und Stahl glänzte mit einer für die Zeit bemerkenswerten Aerodynamik, der 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit Benzineinspritzung brachte in der Sportversion 215 PS auf die Hinterräder.
Damit erreichte der Wagen Geschwindigkeiten jenseits von 220 km/h und setzte Maßstäbe, an denen sich europäische Sportwagen noch Jahre orientierten. Nur rund 1.400 Exemplare entstanden zwischen 1954 und 1957, was den 300 SL heute zu einem der gefragtesten Oldtimer macht. Die Preise spiegeln diesen Status wider: Schon damals war der SL ein teures Vergnügen, doch heute bewegen sich gute Exemplare im Millionenbereich, einzelne Fahrzeuge erreichten Auktionswerte über sechs Millionen Dollar.
Restomod auf moderner Basis
In dieses Umfeld wagt sich nun ein Restomod, der bewusst nicht versucht, dem Original Konkurrenz zu machen, sondern dessen Idee in die Moderne überträgt. Signature Autosports nutzt dazu einen Mercedes SLK 55 AMG aus dem Modelljahr 2014 als Basis. Das Projekt trägt dementsprechend die Bezeichnung 355 SL und übernimmt Formelemente und Proportionen des historischen Flügeltürers. Die typischen Türen öffnen nun wie beim Vorbild nach oben, die Linienführung orientiert sich am klassischen Coupé, während die technischen Grundlagen unverändert aus dem modernen Serienfahrzeug stammen.
Der eingesetzte 5,5-Liter-V8 des SLK 55 AMG bleibt unangetastet und liefert weiterhin 421 PS, immerhin fast doppelt so viel wie das Original. Auch das Siebengang-Automatikgetriebe mit den bekannten Fahrmodi bleibt im Einsatz. Um den sportlichen Charakter zu schärfen, erhielt der 355 SL allerdings ein in Höhe, Zug- und Druckstufe einstellbares Gewindefahrwerk des deutschen Herstellers KW. Dreiteilige 18-Zoll-Räder im Stil der Fünfzigerjahre tragen originale 300-SL-Radkappen, die Reifen dagegen sind aus nachvollziehbaren Gründen moderne Sport-Gummis.
Gänzlich unhistorisch zeigt sich dagegen der Innenraum, der nahezu vollständig dem ehemaligen SLK entspricht. Die beibehaltenen Sitze, nun ohne Kopfstützen, sowie die Vielzahl an Schaltern und Funktionen wirken im Retro-Kontext fast futuristisch. Moderne Komfortelemente wie Klimaanlage und Soundsystem bleiben Teil des Pakets, ebenso der mit Alcantara ausgekleidete Kofferraum. Damit kombiniert der 355 SL die Anmutung eines klassischen Sportwagens mit der Bedienbarkeit und Alltagstauglichkeit eines modernen Autos.
Nicht ganz billig
Angesichts der Preise, die mittlerweile für originale 300 SL Flügeltürer aufgerufen werden, ist der Restomod 355 SL ein echter Schnapper. Solo betrachtet ist er allerdings nicht mehr ganz so günstig: 299.950 Dollar ruft Signature Autosports für den schwarzen Flügeltür-Restomod auf, umgerechnet sind das aktuell rund 257.000 Euro.
