Grundsätzlich gilt: In Deutschland ist das Durchschlängeln von Motorradfahrern zwischen den Fahrzeugreihen im Stau nicht erlaubt. Anders als in einigen Nachbarländern fehlt hierzulande eine gesetzliche Grundlage, die das sogenannte "Lane Splitting" oder "Filtering" gestattet. Wer sich dennoch durch den Stau bewegt, riskiert ein Bußgeld – und in bestimmten Fällen auch Punkte in Flensburg.
Urteil bestätigt das Verbot
Motorradfahrer, die im stockenden Verkehr an stehenden Autos vorbeifahren, verstoßen nach geltender Rechtslage gegen mehrere zentrale Vorschriften der Straßenverkehrsordnung. In der Praxis handelt es sich dabei meist um einen unerlaubten Fahrstreifenwechsel oder ein nicht zulässiges Überholen zwischen zwei Fahrzeugreihen. Maßgeblich sind hier unter anderem § 5 StVO (Überholen) sowie § 7 Abs. 2 StVO (Fahrstreifenbenutzung).
Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf von 2019 unterstreicht diese Rechtslage deutlich. Das Gericht stellte klar, dass ein Motorradfahrer, der im Stau zwischen den Fahrzeugen hindurchfährt, nicht mehr auf seinem ursprünglichen Fahrstreifen unterwegs ist. Damit liegt ein Überholen unter Missachtung der allgemeinen Verkehrsregeln vor – selbst dann, wenn die übrigen Fahrzeuge stehen.
Keine Sonderregel für Motorräder
Auch das Argument der besseren Fahrzeugbeherrschbarkeit oder geringeren Abmessungen wird vom Gesetzgeber bislang nicht anerkannt. In Ländern wie Frankreich oder Italien existieren hingegen gesetzlich geregelte Sonderrechte, die das vorsichtige Durchfahren bei Schrittgeschwindigkeit erlauben – oft unter bestimmten Bedingungen wie Warnblinklicht, Maximaltempo oder innerstädtischem Kontext.
In Deutschland bleibt der Regelverstoß dagegen eindeutig. Wer sich durch den Stau schlängelt, muss mit folgenden Sanktionen rechnen:
Polizei und Justiz bewerten die Praxis kritisch
Polizeibehörden weisen regelmäßig darauf hin, dass das Durchschlängeln gefährlich ist – für Motorradfahrer ebenso wie für Autofahrer. Bereits leicht geöffnete Türen, ein abruptes Ausscheren oder das Übersehen eines Zweirads können zu schweren Unfällen führen. In Unfallstatistiken sind diese Szenarien zwar zahlenmäßig nicht dominant, das Gefahrenpotenzial ist aber nach Ansicht von Experten hoch.
Ein Sprecher der Berliner Polizei erklärte gegenüber dem rbb bereits 2022: "Motorradfahrer, die sich im Stau durchschlängeln, handeln ordnungswidrig. Solche Verstöße werden geahndet." Auch andere Polizeidirektionen kündigen gezielte Kontrollen zu Saisonbeginn an.
Forderungen nach Gesetzesänderung
Motorradverbände wie der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) fordern seit Jahren eine gesetzlich abgesicherte Regelung, die das Durchfahren bei Stau erlaubt – zumindest auf Autobahnen oder Schnellstraßen und unter strengen Sicherheitsvorgaben. In Frankreich ist ein entsprechendes Pilotprojekt inzwischen gesetzlich geregelt, auch in Belgien und den Niederlanden existieren vergleichbare Ausnahmen. In Deutschland hingegen sind bislang keine Gesetzesänderungen in Sicht.
Die letzte nennenswerte Diskussion auf Bundesebene fand im Rahmen der Novelle der Straßenverkehrsordnung 2021 statt – ohne konkrete Ergebnisse für Motorradfahrer. Verkehrsministerien auf Landes- und Bundesebene verweisen auf die fehlende Verkehrssicherheit und warnen vor neuen Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern.





