Dashcams gelten vielen Autofahrern als stille Begleiter im Alltag. Sie sollen den entscheidenden Moment dokumentieren, wenn es im Verkehr zu einem Unfall kommt. Der Wunsch nach einem klaren Beweis ist nachvollziehbar. Doch die juristische Realität ist differenzierter, wie ein Blick auf die Rechtsprechung zeigt. Fachanwältin Dr. Milchen von der Kanzlei Mielchen & Hettwer weist darauf hin, dass längst nicht jede Aufnahme zulässig ist. Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass anlassloses Dauerfilmen im öffentlichen Straßenraum gegen Datenschutzgrundsätze verstößt, aber daraus folgt kein generelles Beweisverwertungsverbot. Ein Gericht darf also Aufnahmen verwenden, selbst wenn sie datenschutzwidrig entstanden sind.
Es kommt auf den Einzelfall an
Die zentrale Frage lautet, ob die Aufnahme im konkreten Verfahren eingesetzt werden darf. Die Entscheidung liegt beim zuständigen Richter, der zwischen dem Informationsinteresse an einem funktionierenden Zivilprozess und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte abwägen muss. Entscheidend ist, ob alternative Beweismittel existieren und wie schwer der Eingriff in die Privatsphäre ausfällt. Da Verkehrsteilnehmer sich grundsätzlich der Wahrnehmung durch andere aussetzen, bewertet die Rechtsprechung diese Eingriffe häufig als moderat. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Dashcam-Aufnahmen zumindest im Zivilrecht berücksichtigt werden.
Rechtliche Grauzone
Technisch arbeiten moderne Kameras mit kurzen Schleifen, die sich fortlaufend überschreiben. Nur bei starken Erschütterungen oder manueller Aktivierung wird eine Sequenz dauerhaft gespeichert. Damit erfüllen viele Geräte das Kriterium der anlassbezogenen Aufnahme. Neben der Videodatei sichern sie Geschwindigkeit, Standort und Zeitstempel, was die Beweiskraft erhöhen kann. Dennoch bleibt eine rechtliche Grauzone bestehen, insbesondere wenn Nutzer die Daueraufnahme aktivieren oder wenn Fahrzeuge mit "Wächtermodus" im öffentlichen Raum kontinuierlich filmen. Auch diese Systeme müssen so konfiguriert sein, dass sie nur reagieren, wenn ein konkretes Ereignis erkannt wird.
Vor Gericht kann eine Dashcam also helfen, sie darf aber nicht grenzenlos eingesetzt werden. Unabhängig davon besteht das Risiko, dass die Polizei nach einem Unfall selbst auf gespeicherte Aufnahmen zugreift, wenn dies zur Aufklärung notwendig erscheint. Nutzerinnen und Nutzer sollten deshalb genau wissen, wie ihre Kamera arbeitet und welche Einstellungen datenschutzkonform sind.





