Dieses entscheidende Detail änderte man: Konkurrenz entschlüsselt McLaren-Geheimnis

Dieses entscheidende Detail änderte man
Konkurrenz entschlüsselt McLaren-Geheimnis

GP Niederlande 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 30.08.2025
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Das dritte Training ließ Schlimmes ahnen. Lando Norris und Oscar Piastri hängten die Konkurrenz um neun Zehntel und mehr ab. In der Qualifikation schrumpfte der Abstand zu Max Verstappen auf 0,263 Sekunden. Mercedes verkürzte auf 0,593, Ferrari auf 0,678 Sekunden.

Wo kam der Zeitensprung her? Bei der Analyse der Rundenzeiten in den drei freien Trainingssitzungen kam heraus, dass die McLaren ihren Vorsprung hauptsächlich in den Kurven 9 und 10 herausfuhren. Ferrari verlor allein in diesen beiden Dritte-Gang-Kurven mit 120 km/h sechs Zehntel. Auch Red Bull und Aston Martin schauten dort den McLaren ins Auspuffrohr. Mercedes schenkte seine Zeit in den Kurven 7,8 und 9 her, war dafür aber in Kurve 10 schneller als McLaren.

Bouncing killt McLaren-Gegner

Dafür gab es einen Grund. Die Kurven 5, 6, 7 und 8 sind extrem schnell. Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur erklärte, was dort dann passiert ist. "Wir waren immer an der Grenze zum Bouncing. Das provoziert Rutschen. In den schnellen Kurven heizen sich die Reifen auf und sind dann zu heiß für die langsamen Ecken 9 und 10."

Speziell die Hinterreifen und der linke Vorderreifen waren nach der Highspeed-Tortur am Limit. Da bleibt zunächst Zeit beim Einlenken in die Kurve 9 liegen, weil das Auto untersteuert. Am Kurvenausgang bestraft einen schlechte Traktion. Das Ganze noch einmal in Kurve 10. Dort, weil der rechte Vorderreifen nach vier Rechtskurven in Folge zu kalt ist.

Auch das Geschwindigkeitsprofil von Mercedes lässt sich so erklären. Den Silberpfeilen fehlte Speed in den Kurven 7, 8 und 9. Deshalb waren die Reifen dann in Kurve 10 im Top-Zustand. Unter dem Strich verlor man trotzdem auf McLaren.

Die Antwort hieß Reifen schützen

Nur McLaren schaffte es die Reifen in ihrem Wohlfühlfenster zu halten. Und profierte dann natürlich in den beiden Problemkurven. Wie McLaren das macht, ist nur zum Teil entschlüsselt. Ein Trumpf ist, dass die Papaya-Renner nicht vom Bouncing betroffen sind, weniger rutschen und damit mehr die Reifen schonen. Ein anderer liegt in den Bremsbelüftungen. McLaren hat einen Trick, mit dem sich die Temperatur in den Reifen besser kontrollieren lässt.

Die Konkurrenz sah der Überlegenheit des WM-Spitzenreiters nicht tatenlos zu. Jeder reagierte anders. "Wir haben Maßnahmen getroffen um die Reifen in den schnellen Kurven besser zu schützen. Das hat unser Delta in den kritischen Kurven von sechs auf drei Zehntel reduziert", verrät Ferrari-Teamchef Vasseur und nimmt seine Piloten in Schutz: "Lewis und Charles mussten sich in der Qualifikation an ein völlig neues Setup gewöhnen."

Lewis und Charles mussten sich in der Qualifikation an ein völlig neues Setup gewöhnen.

Wind verweht Verstappen in Kurve 1

Das gleiche trifft auf Red Bull zu. Max Verstappens RB21 wurde vor der Qualifikation laut Technikchef Pierre Waché auf den Kopf gestellt. Plötzlich war Verstappen in den Kurven 9 und 10 so schnell wie die McLaren und im gesamten Sektor 2 sogar einen Tick besser. Dafür fing er sich seinem Rückstand fast ausschließlich in der Tarzan-Kurve ein.

Das war schon im dritten Training ein wunder Punkt. "Unser Auto ist auf den Strecken mit maximalem Abtrieb extrem windanfällig. Mit Rückenwind auf der Zielgerade und Seitenwind im Mittelteil haben wir das schlechteste Szenario erwischt. Wir haben mit dem Setup versucht, dass uns der Wind so wenig wie möglich schadet. Das ist uns nur zum Teil gelungen. Die erste Kurve blieb ein Problem", erzählte Waché.

Wenn man die Topspeed-Werte über das Wochenende verfolgt, dann hat Red Bull bei Verstappen offenbar ein bisschen den Abtrieb geopfert. Sportchef Helmut Marko urteilte: "In unserer Setup-Wahl liegt ein gewisses Risiko, aber Max ist der Meinung, dass er das im Rennen unter Kontrolle halten kann. Ich glaube, wir sind in der Lage die McLaren im Rennen zu ärgern."

Oscar Piastri - GP Niederlande - McLaren - 30. August 2025
Clive Rose via Getty Images

Auch ohne Wind wäre McLaren schneller

Auch Ferrari sieht sich für das Rennen besser gerüstet. "Im Rennen wird nicht so am Limit gefahren. Deshalb leiden die Reifen auch nicht so in den Kurven 7 und 8, was uns in den Kurven 9 und 10 helfen wird", hofft Vasseur. Red Bull-Mann Waché bestätigt: "Speziell mit vollen Tanks bist du in den schnellen Kurven vorsichtiger, um die Reifen nicht zu überfordern. Deshalb erwarte ich an der Stelle auch keine Probleme." Der Franzose macht aber auch klar: "Wir wären auch bei Windstille hinter den McLaren gelandet. Auf Strecken, die maximalen Abtrieb verlangen, hat unser Auto ein Problem."

Mercedes ist ebenfalls zuversichtlich. Das Aufsetzen der Autos auf der Straße in den Kurven 5 und 6 sollte sich bei geringeren Geschwindigkeiten reduzieren. Und im Rennen steht man auch nicht so vor dem Dilemma, die Reifen für einen bestimmten Sektor zu schonen. George Russell konnte es sich aussuchen, wo er seine Zeit liegenlässt. Entweder im ersten Sektor, wenn er die Runde zu vorsichtig angegangen ist. Oder im letzten Abschnitt, wenn er zu Beginn der Runde zu aggressiv war.