Bei seinem IndyCar-Schnuppertest Mitte Oktober stand für Mick Schumacher nur eines im Mittelpunkt: Er wolle wieder Spaß am Rennsport haben. Im Anschluss an sein unfreiwilliges Formel-1-Aus Ende 2022 musste der heute 26-Jährige zuletzt einige Umwege dafür gehen. Neben der Mercedes-Testfahrerrolle bestritt er schließlich zweimal für Alpine Le Mans. Beides sollte den früheren Formel-2-Champion nicht wirklich erfüllen.
Als Stern-Tester durfte er zwar in einem Monoposto Platz nehmen, hatte dabei aber keine Konkurrenz. Die WEC-Läufe sahen hingegen zahlreiche Herausforderer, der deutlich schwerere Langstrecken-Prototyp bot allerdings weniger Fahrspaß. Die US-amerikanische Traditionsserie IndyCar samt ihres absoluten Saisonhighlights Indy 500 – dem nach Zuschauern gerechnet größten Rennen der Welt – soll Sport und Freude verbinden.
Mick Schumacher erklärt seine Entscheidung: "Die Erfahrung aus der Formel 1 und der Langstrecke sowie anderer Formelformate kann der Partnerschaft weiterhelfen. Das Auto und die amerikanische Rennsport-Mentalität haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Hier fühlt sich das Racing echter und direkter an. Genau auf diesen Aspekt freue ich mich sehr." Stichwort: Spaß.

Während des Oktober-Rundkurs-Tests fuhr Mick Schumacher noch links an der ikonischen Pagode entlang. Kommenden Mai wird er beim legendären Indy 500 rechts daran vorbeischießen.
RLL kämpfte hart für "Schumi"
Rahal Letterman Lanigan Racing – oder kurz: RLL – ging für die Dienste des Deutschen voll in die Offensive. Die Truppe des früheren Indy-500-Siegers Bobby Rahal erlebte jüngst eine schwierige Phase und wartet seit Mitte 2023 auf einen Sieg. Mit Mick soll sich alles ändern. Deswegen schmiss man sogar den vermögenden Paydriver Devlin DeFrancesco aus seinem bestehenden Vertrag.
"Micks Probefahrt auf dem Indianapolis-Rundkurs hat wirklich alle im Team restlos begeistert. Danach haben wir alles getan, damit er Teil des Programms wird", blickt Boss Bobby Rahal zurück. Dabei konnte er zudem auf die Hilfe des Motorenpartners Honda setzen. Der US-Rennableger der Japaner machte eigens vor dem Test den Simulator fit und stattete Schumacher mit wichtigen Details aus. Genau das überzeugte.
Die Ängste vor Oval-Rennen, welche nicht nur sein Vater Michael, sondern auch sein Onkel Ralf öffentlich teilten, sind Mick fremd. Bereits beim Test unterstrich er: "Darum geht es doch in einer Meisterschaft. Ich fände es falsch, nur einen Teil zu absolvieren. Wenn ich es mache, dann richtig." In der Bestätigung legte er nach: "Ich bin immer daran interessiert, meinen Horizont zu erweitern."

Neue Optik für Schumi-Fans: der Dallara-Einheitsrenner der IndyCar mit Aeroscreen und Rundkurs-Setup. Sein Renner trägt 2026 die Nummer 47.
Volle Saison mit Langstrecken-Hintertür?
Vor dem Saisonstart am 1. März auf dem Stadtkurs von St. Petersburg (Florida) muss Mick Schumacher noch viele Hausaufgaben abarbeiten. Der erste deutsche IndyCar-Pilot seit vielen Jahren – unter anderem trat Timo Glock 2005 in der Vorgängerserie ChampCar an – steht noch am Anfang der zahlreichen Finessen des über 700 PS starken Hybrid-Renners. Zusätzlich zum manuell aktivierbaren Elektro-Schub kommt außerdem das klassische Taktik-Werkzeug "Push to Pass". Dieser Boost der Twin-Turbos kann parallel gezündet werden.
Bei den Ovalen wartet gleich eine Vielfalt an Linkskurven. Neben dem vier Kilometer langen Indianapolis Motor Speedway umfasst der 17 Läufe lange Kalender auch etliche kompakte, also unfalllastige Kurzversionen. Ikonische Rundstrecken wie das legendäre Laguna Seca und knüppelharte Stadtkurse wie Long Beach sind dagegen bekannteres Terrain. Bekannt sind grundsätzlich auch die Chassis-Philosophie von Dallara, welche Schumacher aus der F2 kennt, und das Fahren mit einer Scheibe vor der Nase. Der Aeroscreen der IndyCar ist ein Mix aus Halo und geschlossenem Cockpit.
Vielleicht wird Mick Schumacher ebenfalls in anderer Form wieder eine Scheibe vor sich haben. Ab nächster Saison setzt RLL das McLaren-GT3-Projekt in der US-Serie IMSA ein. So könnte sich vielleicht die Tür für ein Papaya-Prototypen-Programm in Zukunft öffnen. Zak Brown soll schon Interesse am Deutschen bekundet haben.
Die Ankündigung rundet der neben Mike Lanigan zweite Co-Owner David Letterman ab. Der ikonische Talkshow-Host aus Indianapolis freut sich: "Mit Bobbys Sohn Graham, Louis Foster und nun Mick kennt die Zukunft keine Grenzen. Die Saison 2026 wird herausragend. Ich frage mich allerdings, wann ich mal ans Steuer gelassen werde." Jetzt muss sich der Spaß an der Partnerschaft nur noch in die neue Saison retten.












