Das Traditionsteam Sauber hatte 2024 ein Jahr zum Vergessen. Monatelang blieb die Truppe aus Hinwil ohne Punkte und fand sich folgerichtig abgeschlagen am Tabellenende wieder. Mittlerweile hat Sauber die Kurve bekommen. Und das zu einem wichtigen Zeitpunkt: Schließlich prangen 2026 die Ringe von Audi auf den Formel-1-Autos von Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto. Hinterherfahren ist für die Chefetage in Ingolstadt keine Option.
Technikchef James Key erklärt im ausführlichen Gespräch mit auto motor und sport, wie Sauber die Kurve bekommen hat und was die Gründe für die schwachen Leistungen in den vergangenen Saisons waren. Dass es 2024 so schlecht lief, lag auch an den Werkzeugen, die man in Hinwil eingesetzt hatte. Die seien nicht mehr präzise genug gewesen. "Diese Autos waren schon im letzten Jahr ziemlich ausentwickelt. In diesem Jahr noch mehr. Wenn du dann bei Details nicht das Vertrauen hast, dass es funktioniert, kannst du leicht über das Ziel hinausschießen", führte Key aus. Kleinste Unterschiede seien oft nicht messbar gewesen. In einem Feld, in dem zwei Zehntelsekunden über mehrere Plätze entscheiden, sei Sauber häufig auf der falschen Seite dieser Abstände gelandet.
Erste Lösungsansätze brachte ein Upgrade-Paket beim GP Ungarn 2024, doch viele Ideen erwiesen sich als Sackgasse. Der entscheidende Schritt nach vorn kam erst spät. Wegen langer Vorlaufzeiten in der Produktion erschien das letzte große Update 2024 zu spät, um die Saison zu retten, deutete aber die richtige Richtung an. "Da war dann schon absehbar, dass wir auf einem guten Weg waren, unsere Probleme zu lösen. Es hat einfach lange gedauert", beschrieb Key die Situation.
Sauber hinkt Anfang 2025 hinterher
Umso größer war die Enttäuschung, als das neue Auto 2025 erneut am Ende des Feldes zu finden war. Lediglich dem Chaos-Rennen beim Auftakt in Melbourne und der Übersicht von Nico Hülkenberg war es geschuldet, dass Sauber Punkte holte. Key spricht von einer wirklich verwirrenden Situation: Der Abtrieb war vorhanden, aber nicht stabil genug. Weder Windkanal noch Simulator hatten die Probleme angedeutet.
"Es gibt da ein paar Technologien, die wir im Windkanal noch nicht implementiert haben, größere Teams aber schon, wie zum Beispiel eine PIV-Messtechnik (Partikelbildgeschwindigkeitsmessung), mit der man die Strömungsgeschwindigkeit speziell unter dem Auto ermitteln kann. Das hätte uns geholfen, dieses Problem früher zu erkennen", gab Key Einblick in die Details.
Das Team verschob sein geplantes Update von Imola auf Barcelona. Diese Entscheidung erwies sich als goldrichtig. "Wir haben aus dem Abtriebsgewinn, der sehr gut war, auf der Rennstrecke das Doppelte von dem herausgeholt, was wir erwartet hatten", sagte Key. Damit war Sauber endlich da, wo man schon zum Saisonstart hatte stehen wollen.
Hülkenberg und Bortoleto finden Vertrauen
Wichtiger noch als die reinen Zahlen war das Vertrauen von Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto in das Auto. Der alte Simulator hatte das Verhalten des Fahrzeugs vor der Saison stabiler erscheinen lassen, als es in der Realität war. "So kam es, dass unser Auto vor der Saison im Simulator stabiler lag als auf der Rennstrecke. Deshalb waren wir happy mit unserem Ausgangsprodukt. Viele unserer Entscheidungen, die uns da in die falsche Richtung führten, rührten daher, dass uns der Simulator auf eine falsche Fährte führte", identifizierte Key einen Teil des Übels. Inzwischen arbeitet Sauber an einem neuen Simulator der neusten Generation, der künftige Fehlentwicklungen verhindern soll.
Die Fortschritte wirken. Das spüren die Fahrer vor allem im Rennen. Dort punktet das Auto durch seine Konstanz und den schonenden Umgang mit den Reifen. "Weil das Auto jetzt so konstant und stabil ist, haben die Fahrer einfach mehr Vertrauen. Sie haben das Gefühl, dass sie damit alles anstellen können", erklärte Key. Über die volle Distanz summiert sich dieser Vorteil stärker als auf einer einzigen Qualifikationsrunde, wo kleinste Rückstände große Wirkung haben.
Audi steht vor der Tür
Trotz dieser Verbesserungen richtet sich der Blick längst nach vorn. Die bevorstehende Regelrevolution 2026 verändert nicht nur die Technik, sondern auch die Rolle des Teams. Sauber wird unter Audi als Werksteam antreten und die gesamte Formel-1-Welt auf das ambitionierte Projekt der Premiummarke schauen. "2026 ist die größte Regeländerung, die es je gab. Alles wird anders. Für uns kommt noch mehr dazu. Wir werden ein Werksteam mit einer neuen Identität. Audi steigt in diese Meisterschaft mit viel Einsatz, Aufmerksamkeit und Vertrauen in dieses Team ein. Das ist für uns fantastisch, aber auch eine Verantwortung", blickte der Technikchef voraus.
Schon seit Ende 2023 arbeitet ein Großteil der Mannschaft am neuen Auto, zeitweise lag der Fokus fast zu hundert Prozent auf dem 2026er-Projekt. Ein besonderer Trumpf könnte erneut im Gewichtsmanagement liegen. In dieser Disziplin glänzte man schon 2022. Damals kamen die Groundeffect-Autos in die Formel 1 und Sauber war als einziges am Gewichtslimit. Das verschaffte einen Vorteil. "Dieses Team hat einige Bereiche, in denen sie brillant sind. Eines ist das Gewichtsmanagement. Es ist unübertroffen. Ich habe so etwas bei keinem anderen Team erlebt", sagt Key. Angesichts verschärfter Limits könnte dieser Vorteil entscheidend werden.
Ob 2026 die Motoren die größte Rolle spielen, bleibt offen. Für Key steht fest, dass die Arbeitsteilung zwischen Neuburg und Hinwil die Chancen verbessert. "Die Motorenabteilung in Neuburg und die Chassis-Fraktion in Hinwil arbeiten sehr eng und in einer freundlichen Atmosphäre zusammen. Es hilft, wenn du die Möglichkeit hast, Dinge schnell zu lösen. Alle gemeinsamen Entscheidungen werden auf der Basis von Performance getroffen. Eine ganz andere Welt."












