In München glaubt man noch an die technische Bedeutung des Motorsports. Nachdem zuletzt alternative Antriebe stark an Bedeutung verloren haben, will der ADAC sie wieder anschieben. Unter dem Kürzel "XT1" formulierte der größte Automobilclub Europas ein Reglement-Konzept, das alle Technologien auf Augenhöhe bringen soll.
Die "Battle of Technologies" setzt trotzdem auf Einheitstechnik. Grundgerüst ist ein Mehrzweck-Chassis, dem Hersteller ihre eigene Optik aufziehen. Es trägt zudem vier einheitliche Elektro-Motoren in sich. Sie sollen mehr als 1.000 PS Gesamtleistung liefern. Um dem Ziel der Offenheit doch gerecht zu werden, dürfen die Partner die Energieart frei wählen.
Sie kann beispielsweise durch einen mit E-Fuel oder Wasserstoff betriebenen Verbrennungsmotor, durch einen Batteriespeicher, durch eine Brennstoffzelle oder auch weitere Technologien bereitgestellt werden. Neben den Technikern dürfen sich auch die Piloten über mehr Freiheiten freuen.
Fahrer wieder als Stars
Im Gegensatz zu heutigen Rennautos mit ihrem hohen Abtrieb und intensiven Fahrhilfen fordern Wagen auf XT1-Basis ihre Nutzer. Der Mix aus reduziertem Anpressdruck und dafür stark erhöhter Power soll einen viel größeren Fokus auf das Talent legen.
Energiemanagement, wie es in der Formel E häufig kritisiert wird, schließen Thomas Voss, Sportchef des ADAC, und seine Truppe kategorisch aus. So soll die erste wie die letzte Runde ohne Einschränkungen bestritten werden.
Auch die Sorge eskalierender Kosten will Voss von Anfang an entkräften. Einheitliche E-Motoren, Getriebe, Inverter und Steuergeräte müssen die Entwicklung und Einsatzkosten auf GT3-Niveau halten. Die aktuelle GT-Topklasse gibt außerdem das Performanceziel für die etwa 1.600 Kilogramm schweren Renner vor. Man sieht sich dennoch als Ergänzung, und nicht als Ersatz, für GT3-Formate.

Etliche Einheitsteile, darunter Elektro-Motoren und das Getriebe, sollen die XT1-Autos vor Kostenexplosionen bewahren.
Wann startet die XT1?
Durch die variablen Chassis, welche klassische Limousinen genauso wie reinrassige Sportwagen abbilden sollen, bietet sich eine Vielfalt an Szenen. Selbst die Langstrecke kann von den Verbrenner-Lösungen abgedeckt werden, was sich ebenfalls am GT3-Beispiel orientiert.
Voss hat bereits eine Zeitschiene vor Augen. Im Moment präsentiert der ADAC das Konzept Herstellern und anderen Partnern. Bis zum Jahresende soll eine Arbeitsgruppe entstehen, die das Feedback formalisiert. 2026 und 2027 möchte der ADAC ein ordentliches Reglement festzurren, mit dem 2027 und 2028 Testträger Kilometer sammeln.
Nach einem Generalproben-Jahr 2029, das weitere Tests und Demo-Runden umfassen kann, sollen die XT1-Hoffnungsträger 2030 eine echte Saison bestreiten. Thomas Voss merkt an: "Das sind nur etwas mehr als vier volle Jahre. Sie käme schneller, als man denkt."

Brennstoffzelle als Beispiel für die "Battle of Technologies": So könnte Wasserstoff im GT-Sport funktionieren.
Wird die DTM zu einer XT1-Serie?
"Technologienoffen, serienrelevant und nachhaltig – XT1 ist das Konzept des ADAC für den Motorsport der Zukunft", wirbt der ADAC-Sportpräsident Dr. Gerd Ennser. "Wir übernehmen mit dem wegweisenden Konzept XT1 die Vorreiterrolle, ein nachhaltiges und international einsetzbares technisches Reglement zu entwickeln, das konsequent serienrelevante Technologien berücksichtigt."
"Alle Automobilhersteller sind eingeladen, sich zu beteiligen und gemeinsam mit dem ADAC aus diesem Konzept ein Reglement zu entwickeln", hofft Ennser auf reges Interesse. Eine entscheidende Frage lässt der Automobilclub allerdings offen. Wird die DTM analog zur Vorreiterserie?
Sportchef Voss umschifft es etwas: "Bei der Konzeption von XT1 haben wir sowohl die Anforderungen des Werksports als auch von Privatteams berücksichtigt. XT1 ist keine Rennserie, sondern ein weltweit einsetzbares und vielfältig adaptierbares Konzept. Es eignet sich sowohl für packende Sprintrennen als auch – erstmals – für 24-Stunden-Rennen mit einem elektrifizierten Antriebsstrang."







