Porsche stellt beim Cayenne die Glaubensfrage: Besser mit Verbrenner oder rein elektrisch?

Porsche Cayenne-Benziner gegen Cayenne Electric
Verbrenner- oder E‑Cayenne – was ist besser?

ArtikeldatumZuletzt aktualisiert am 30.11.2025
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Porsche Cayenne vs. Porsche Cayenne Electric
Foto: Porsche / Schönfeld

Mit dem Cayenne betrat Porsche im Jahr 2002 erstmals die komplett neue Welt der SUV. So risikoreich die Entscheidung für den Sportwagenhersteller war, so sehr erwies sie sich später als strategisch richtig. Besonders auf dem Hauptmarkt USA entwickelte sich der Cayenne nämlich schnell zu einem Verkaufserfolg und ist bis heute eines der wichtigsten Modelle im Portfolio.

Elektro-SUV fährt auf Parallel-Gleis

Die erste Generation (Typ 9PA) lief von 2002 bis 2010 von den Bändern in Leipzig und Bratislava. 2010 folgte die zweite Generation (Typ 92A), die bis 2017 durchhielt. Mit der dritten Generation (Typ PO536), die Porsche erstmals auf der IAA 2017 zeigte, legten die Schwaben technisch kräftig nach. Im Frühjahr 2023 erhielt der wohl noch lange aktuelle Cayenne ein umfassendes Facelift – laut Porsche die größte Produktaufwertung in der Geschichte des Modells. Neben mehr Leistung, neuer Elektronikarchitektur, Taycan-inspiriertem Cockpit und erweiterten Assistenzsystemen entwickelten die Zuffenhausener auch die Plug-in-Hybride deutlich weiter.

Ende 2025 folgt schließlich der nächste große Schritt: Mit dem Cayenne Electric (Typ E4) und dem Cayenne Turbo Electric präsentiert Porsche erstmals eine rein elektrische Variante des Erfolgs-SUV. Der elektrische Cayenne wird auf einer ganz anderen Plattform (PPE) parallel zum weiterhin produzierten Verbrenner- und Hybridmodell angeboten. Bis ins nächste Jahrzehnt hinein möchte Porsche nun im Luxus-SUV-Segment zweigleisig fahren. Doch welches Modell ist für wen die bessere Wahl? Dieser Vergleich soll eine klare Orientierung geben.

Abmessungen der Cayenne-Baureihen

Der Cayenne ist traditionell eines der größeren Luxus-SUV im Premiumsegment. Mit dem Facelift 2023 behielt Porsche die bekannten Karosseriemaße weitgehend bei, optimierte jedoch Aerodynamik, Beleuchtung und Details an Front und Heck. Der neue Cayenne Electric (Typ E4) bewegt sich ebenfalls in diesem Größensegment, setzt aber konstruktiv auf eine völlig andere Architektur, die besonders Platz für große Batteriepacks und eine kompakte Antriebseinheit schafft.

Im Vergleich der Generationen zeigt sich, dass Porsche das typische Cayenne-Format beibehält, den Elektro-Modellen jedoch spürbar mehr Innenraum verschafft. Während der Verbrenner/PHEV-Cayenne (PO536) weiterhin auf der MLB-Plattform basiert, nutzt der Cayenne Electric die elektrisch optimierte PPE-Architektur. Diese ermöglicht einen flachen Unterboden, eine effiziente Raumausnutzung und Platz für große Batteriepakete. Der Elektro-Cayenne ist mit 4,99 Metern Außenlänge etwas länger als die bisherigen Varianten (4,92 Meter). Beim Elektromodell ist zudem der Vorderwagen kürzer, der Innenraum länger. Der Kofferraum bleibt trotz Batterie im Unterboden stattlich (781 bis 1.588 Liter).

Innenraum und Platzangebot

Mit dem Facelift 2023 erhielt der Cayenne ein stark modernisiertes Interieur, das sich optisch und funktional am Taycan orientiert. Dazu zählen ein gebogenes 12,6-Zoll-Kombiinstrument, ein 12,3-Zoll-Infotainmentdisplay sowie optional ein Beifahrerdisplay, das aufgrund einer speziellen Folierung für den Fahrer unsichtbar bleibt. Die Materialqualität, Ergonomie und Verarbeitung entsprechen typischen Porsche-Standards.

Der Cayenne Electric führt dieses Konzept einen riesen Schritt weiter, wird nun nochmals deutlich digitaler. Zusätzlich zum Curved-Glass-Zentraldisplay oberhalb der Handablagefläche (Ferry Pad) integriert Porsche das gesamte Cockpit samt Ambientebeleuchtung in ein einheitliches Lichtkonzept, das sogar mit Assistenzsystemen interagieren kann. Da der Mitteltunnel entfällt, ermöglicht die PPE-Architektur einen luftigeren Fußraum und eine flachere Mittelkonsole. Besonders im Fond profitieren Passagiere von einem längeren Radstand und einer optimierten Sitzposition.

Digitalisierung und Infotainment

Mit dem Cayenne Electric führt Porsche ein vollständig neues Interieur- und Displaykonzept ein, das sich deutlich von den bisherigen Modellen unterscheidet. Während Porsche beim Cayenne bisher vergleichsweise zurückhaltend mit großflächigen Touchscreens war, markiert der elektrische Cayenne den Übergang zu einer stärker digitalen Benutzerführung. Im Mittelpunkt steht ein großformatiges, gebogenes OLED-Panel, das Porsche als Flow Display bezeichnet. Es besitzt einen horizontalen Knick, der die obere Anzeigezone für Karten, Apps oder Widgets von der unteren Bedienzone trennt. Beide Bereiche können in ihrer Funktion getauscht werden. Das Display sitzt hinter festem Glas und bietet eine hochwertige Haptik.

Technisch basiert das System auf der neuesten Generation von Android Automotive OS, kombiniert mit dem Porsche App Center. Musik-, Video- und Service-Apps – etwa Apple Music, Spotify, Amazon Music, Audible, YouTube, DAZN oder Smart-Home-Integrationen – lassen sich direkt installieren. Dagegen wirkt selbst der bisherige Cayenne fast ein bisschen aus der Mode. Der neue Cayenne Electric bietet so viele Screens wie kein Porsche zuvor: ein volldigitales Kombiinstrument, das große Flow Display, ein optionales 14,9‑Zoll-Beifahrerdisplay sowie ein 87‑Zoll-AR-Head-up-Display.

Ferry Pad vorerst nur beim Electric

Unterhalb des Flow Displays befindet sich weiterhin eine Reihe haptischer Tasten sowie eine massive Handauflage namens "Ferry Pad". Sie stabilisiert die Hand bei Touch-Eingaben – besonders praktisch auf unebenem Untergrund oder bei dynamischer Fahrt. Bis zu neun Mood Modes kombinieren Ambientebeleuchtung, Displayanimationen, Sitzfunktionen, Klangwelten, Klimasteuerung und Massageprogramme zu stimmungsabhängigen Innenraumprofilen. Sie reichen von "Dynamik" und "Reise" bis zu Wellness-Szenarien wie "Flussreise" oder "Thermalquelle".

Dazu versteht der neue Voice Pilot komplexe Fragen und Folgeanfragen, ohne erneutes Aktivierungswort. Dank Echtzeitdaten, Google-gestützter POI-Suche und moderner Sprachmodelle liefert er kontextbezogene Antworten. Streaming-, Gaming-Funktionen und ein interaktives Onboard-Handbuch erweitern die Nutzungsmöglichkeiten. Der Porsche Digital Key ersetzt erstmals den herkömmlichen Schlüssel: Per UWB-Technologie erkennt das Fahrzeug automatisch, wenn sich Smartphone oder Smartwatch nähern.

Ausstattung und Technologie

Bereits der Cayenne Facelift (PO536) erhielt eine deutlich aufgewertete Serienausstattung. Dazu gehören 20-Zoll-Räder, Matrix-LED-Scheinwerfer, Parkassistent, Rückfahrkamera, das Porsche Active Suspension Management (PASM) sowie eine gekühlte induktive Smartphone-Ladeschale. Optional stehen HD-Matrix-LED-Scheinwerfer, die ihre Ausleuchtung in mehr als 1.000 Stufen variieren, sowie zahlreiche Komfort- und Sportoptionen bereit.

Auch hier setzt der elektrische Cayenne nochmals einen drauf und erweitert die Ausstattung um spezifische E-Technologien. Dazu zählen:

  • Eine neue 800‑Volt-Elektroarchitektur für hohe Ladeleistungen
  • Optimierte Wärmepumpe für Kälte-Effizienz
  • Multifunktionsrekuperation mit einstellbaren Stufen
  • EV-spezifische Navigation mit Ladeplanung
  • Aktive Aerodynamik-Elemente zur Effizienzsteigerung

Beide Cayenne-Baureihen setzen auf modernste Assistenzsysteme, darunter automatisches Spurhalten, adaptiver Tempomat, Verkehrszeichenerkennung und Umfeldüberwachung. Während der Verbrenner/PHEV verstärkt auf mechanische Performance fokussiert ist, zeigt der Elektro-Cayenne seine Stärken vor allem im Bereich intelligenter Software-Features, Schnellladefähigkeit und Energieoptimierung.

Antriebe: Verbrenner, Hybrid, Elektro

Der bisherige Cayenne wird weiterhin mit klassischen Verbrennungsmotoren angeboten. Der 3,0‑Liter-V6 leistet 353 PS, während der überarbeitete 4,0‑Liter-V8 im Cayenne S nun 474 PS bietet. Das reicht für 5,7 (bezieungsweise: 4,7) Sekunden für den Standardsprint und 248 (273) km/h Beide Aggregate zeichnen sich durch hohe Laufkultur, direkte Leistungsentfaltung und ein breites Drehmomentplateau aus. Dazu hat Porsche das PHEV-Portfolio tiefgreifend überarbeitet. Die neue 25,9‑kWh-Batterie steigert die elektrisch möglichen WLTP-Reichweiten auf 72 bis 90 Kilometer. Die Leistungsdaten reichen von 470 PS (E‑Hybrid) über 519 PS (S E‑Hybrid) bis zum 739 PS starken Turbo E‑Hybrid mit 950 Nm. Geladen wird per 11-kW-AC-Lader in rund 2,5 Stunden.

Ähnlich breit wird Porsche auch die rein elektrische Cayenne-Baureihe aufstellen – zum Marktstart gibt es vorerst zwei Allradmodelle. Dafür nutzt der Cayenne Electric zwei neue Elektromotoren-Generationen. Schon das Basismodell ist kräftig motorisiert: 300 kW (408 PS) im Alltag und 325 kW (442 PS) während aktivierter Launch Control. Bemerkenswert ist zudem, dass der Cayenne Electric – abhängig von der Ausstattung – eine Anhängelast von bis zu 3,5 Tonnen bietet und damit zu den zugstärksten Elektrofahrzeugen überhaupt gehört.

Überflieger: Cayenne Turbo Electric

Als Topmodell setzt der Turbo Electric auf besonders leistungsstarke E‑Motoren, eine vergrößerte Frontmotoreinheit und intensive thermische Stabilisierung. Die Systeme wurden für maximale Dauerleistung konzipiert und ermöglichen wiederholbare Beschleunigungs- und Launch-Control-Sequenzen ohne Leistungsabfall. Im Launch-Control-Modus setzt der Turbo bis zu 850 kW (1.156 PS) und bis zu 1.500 Nm Drehmoment frei und erreicht damit Fahrleistungs-Werte eines Supersportwagens. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in nur 2,5 Sekunden, 200 km/h fallen nach 7,4 Sekunden, und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 260 km/h.

Dagegen wirken die ebenfalls beeindruckenden Werte auf Verbrennerseite fast ernüchternd. Die aktuellen Verbrenner erreichen 0–100 km/h Zeiten ab 4,7 Sekunden (V8), während die PHEV-Modelle dank Elektromotor-Unterstützung deutlich schneller ansprechen und im Turbo E‑Hybrid bis auf 3,7 Sekunden (295 km/h Spitze) sprinten.

Laden oder Tanken?

Während der Verbrenner-Cayenne durch sein großes Tankvolumen und den effizienten V6/V8 besonders reichweitenstark ist, bieten die PHEV-Modelle eine flexible Kombination aus E‑Reichweite und klassischem Verbrennerkomfort. Der 11‑kW-AC-Lader ermöglicht vollständige Aufladung innerhalb von rund 2,5 Stunden. Je nach Fahrweise schaffen die bisherigen Cayenne-Modelle Reichweiten zwischen 400 und 800 Kilometern. Die neuen Elektro-Cayenne schaffen das dank 108 kWh großer Batterie aber ebenso gut. Bis zu 642 Kilometer gibt Porsche für den WLTP-Zyklus an, im Stadtverkehr sind es sogar 806 Kilometer.

Der Cayenne Electric setzt dazu auf modernste Ladeleistung. Die 800‑Volt-Architektur ermöglicht hohe DC-Ladegeschwindigkeiten mit 400 Kilowatt, während die Batterie zusätzlich auf hohe Rekuperation ausgelegt ist und Energie mit hoher Effizienz zurückführt. Ein typischer 10-bis-80-Prozent-Ladevorgang benötigt weniger als 16 Minuten und zählt damit zu den schnellsten überhaupt. Die Ladeplanung integriert Echtzeitdaten, Vorkonditionierung des Akkus und Streckenanalyse. Damit ist der E4 technisch auf Augenhöhe mit den neuesten Hochvolt-Plattformen des Volkswagen-Konzerns. Zusätzlich ermöglicht Porsche induktives Laden – also ohne Kabel – mit 11 Kilowatt.

Preise und Marksituation

Die Preisstruktur beider Cayenne-Welten ist klar segmentiert und lässt sich hier wie da mächtig nach oben skalieren. Der klassische Cayenne mit 353 PS starkem V6 startet bei 101.500 Euro, der V8 im S-Modell kostet über 121.500 Euro. Die leistungsstarken Plug-in-Hybride decken bei den Einstiegspreisen ein Spektrum von rund 126.500 bis über 187.600 Euro ab.

Die vollelektrischen Cayenne-Modelle sind bereits bestellbar. Die Preise beginnen in Deutschland bei 105.200 Euro für den Cayenne Electric mit 442 PS und bei 165.500 Euro für den 1.156 PS starken Cayenne Turbo Electric. Auch hier lassen sich die Kosten mit zahlreichen Kreuzchen dramatisch nach oben schrauben.

Fazit