Aston Martin Valhalla mit 1.079 PS auf der Rennstrecke getestet

Aston Martin Valhalla auf der Rennstrecke getestet
Mit 1.079 PS auf heiligem F1-Boden

ArtikeldatumVeröffentlicht am 13.08.2025
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So sieht er also aus, der Himmel für Wikinger: kein englischer Rasen, sondern schwarzer Asphalt. Hier in Silverstone, wo die Formel 1 ihre Wiege hat, fahren wir exklusiv den Prototyp des Aston Martin Valhalla . Direkt um die Ecke sitzt der F1-Rennstall der Engländer samt Aerodynamik-Guru Adrian Newey. Der zeichnet für den Plug-in-Supersportler verantwortlich. Kein Wunder also, dass der auf 999 Exemplare limitierte Sportwagen wirkt wie im Windkanal gegossen.

Bis zu 600 kg Abtrieb

So reißt der Valhalla das Kühlermaul weit auf, scheint den Asphalt mit dem mehrteiligen Splitter verschlingen zu wollen. Dieser ist nicht starr, sondern verstellt sich wie der Heckflügel aktiv im DRS-Stil. Unsichtbar schließt sich eine konkave Unterbodenfläche an den Splitter an, die ebenfalls aktiv via Flaps und Flics gesteuert wird und durch Unterdruck Anpressdruck erzeugt. Sichtbar wird das nur in durch die mächtigen Venturi-Tunnelenden am Heck oder kleine geschlitzte Lamellen auf dem Schweller, die den Luftstrom unter dem Auto ableiten. Ja, sogar die Abgase werden zur Abtriebsgenerierung über den mehrteiligen Heckflügel geleitet.

Tiefer geht’s nicht

Reinklettern gelingt dank weit aufschwenkender Türen leicht, da nun Teile des Dachs fehlen. Man lässt sich einfach in die gerade mal fingerdünne Karbonschale gleiten. Klingt hart, doch die ist bestens gepolstert. Die Hüfte des Fahrers rastet ungefähr auf Höhe der Pedale ein, der Hosenboden sitzt noch tiefer. Laut Aston sogar tiefer als jedem anderen Serienauto auf dem Markt. Denn an der Stelle, wo der in seiner Neigung verstellbare Kohlefaser-Schalensitz montiert ist, ist der innere Fahrzeugboden nach unten gewölbt. Der Fahrer streckt seine Beine also nach vorn und nicht nach unten und legt die Fersen auf einem Zwischenboden ab, Rennwagengefühle pur! Und doch ergibt sich eine angenehme Sitzposition.

Der digitale Tacho sitzt fest auf der Schnipsel-Carbon-Lenksäule. Und die rutscht jetzt erstmal weiter nach unten, da der Redakteur nur 1,74 m misst. Durch die kanzelartige Scheibe blickt der Fahrer auf freiliegenden Pushrod-Federdämpfer sowie die Flanken der Michelin Pilot Sport 5 S durch die nach innen offenen Kotflügel. Im Vergleich zum Valkyrie bietet der Valhalla zudem innen mehr Platz. Wobei Aston Martin natürlich keinen Raum für Gepäck oder ähnlich alltägliche Belange vorsieht. Nur ein Getränkehalter und eine Ablage für das Smartphone. Fertig.

Aston Martin Valhalla
Max Earey

Das digitale Cockpit bündelt alle wichtigen Anzeigen übersichtlich auf dem Display auf der Lenksäule. Die Lenkrad-Bedienelemente stammen noch aus dem alten Benz-Regal, sind trotz kleiner Touchflächen aber schlicht gut bedienbar. Für mehr Infotainment sorgt der Touchscreen samt Navi und Co. in der Mitte. Dessen Softwarestand ist allerdings nicht final – Die Inhalte kennt man aber von anderen Aston Martin Modellen.

V8 aus dem AMG GT Black Series

Trotz der Infotainment-Technik – Rennwagengefühle pur! Dabei ist der Valhalla ein Plug-in-Hybrid mit Nummernschild. Der Verbrenner-Part des Antriebstrangs leitet sich übrigens aus dem Mercedes-AMG GT Black Series ab: flache Kurbelwelle und Trockensumpfschmierung. Bei Aston Martin reift der 4,0-l-Bi-Turbo dank noch größerer Lader nun zum stärksten Achtzylinder, den die Briten je in ein Auto eingepflanzt haben. Zudem sitzt er zentral direkt hinter dem Fahrer, blickdicht abgekapselt durch eine Lufthutze samt Cover. Der Klang? Kein Bollern, sondern vielmehr sonorer V8-Beat.

Aston Martin Valhalla
Max Earey

Dabei ist der Verbrenner akustisch stets sofort zur Stelle. Bereits ab dreieinhalbtausend Umdrehungen versteht man kaum noch sein eigenes Wort in der Karbon-Kanzel. Grandios und vor allem steht es im krassen Gegensatz zu den Berichten der Außenstehenden. Denn dank der EU-Lärmschutzmaßnahmen kommt der Sound in voller Lautstärke außen nicht rüber, viel mehr rauscht der Valhalla wie ein Kampfjet vorbei. Apropos: Die Leistung: 828 PS und 857 Nm. Zusammen mit gleich drei E-Maschinen gipfelt die Systemleistung in 1.079 PS und einem maximalen Drehmoment von 1.100 Nm.

Ohne E-Motoren geht nichts mehr im Sportwagen-Olymp

Zwei E-Motoren sitzen an der Vorderachse, der Dritte ist in das Achtgang-DKG integriert. Das überträgt die Antriebskraft über ein hydraulisch betätigtes elektronisches Differenzial auf die Hinterachse und schaltet in Sekundenbruchteilen. Im manuellen Modus knallt es die Gänge mit ordentlichem Nachdruck rein. Wer vermisst da einen Handschalter? Zumal das Lenkrad im Prototyp rechts montiert ist. Im Bestfall geht es in 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h. Höchstgeschwindigkeit? 350 km/h.

Aston Martin Valhalla
Max Earey

Die E-Überbrückung funktioniert dabei bestens. Keine Anfahrschwäche oder gar ein Turboloch ist wahrnehmbar, sondern nur brachialer Schub. Die E-Motoren an der Vorderachse erlauben einen rein elektrischen Fahrbetrieb – rückwärts geht’s ausschließlich rein elektrisch – und natürlich gewinnen sie beim Bremsen Energie zurück. Rein elektrisch schafft der Valhalla bis zu 14 Kilometer mit maximal 140 km/h. Noch wichtiger: Die E-Maschinen agilisieren die Vorderachse via aktivem Torque Vectoring.

Vier Fahrmodi, Achtstufige Traktionskontrolle

Das Zusammenspiel der Antriebskomponenten steuert eine ausgeklügelte Fahrdynamikregelung mit vier Fahrmodi (Pure EV, Sport und Sport+ sowie Race) plus achtstufiger Traktionskontrolle. Schon beim ersten Einlenken fühlt sich der Valhalla extrem steif an und offenbart, dass er ein paar Hundert Kilogramm weniger auf den Karbon-Rippen hat als andere gewichtige Hybrid-Supersportler dieser Leistungsklasse. Das Karbon-Monocoque wiegt nur 74,2 kg. An der Vorder- und Rückseite der Wanne sind Aluminium-Hilfsrahmen angebracht. Das komplette Fahrzeug bringt trocken 1.655 Kilogramm auf die Waage.

Aston Martin Valhalla
Max Earey

Weniger Gewicht tut dem Handling gut. Zudem kündigt sich der Grenzbereich früh an. In den teils engen Kurven hilft die unglaublich präzise, rückmeldungsintensive Lenkung. Angenehmes Handmoment lässt die Oberarme auch nach mehreren Runden nicht ermüden. Viel eher, will man überhaupt nicht mehr aussteigen. Von der ersten Sekunde gibt sich der Mittelmotorsportler so unerwartet gutmütig. Dabei tastet sich der Fahrer mutig an den Grenzbereich, indem er die Traktionskontrolle Schritt für Schritt zurückfährt.

Hart anbremsen gelingt dank Carbon-Keramik-Komponenten (410er-Scheiben vorn mit Sechskolben-Zangen, 390er-Discs hinten mit Vierkolben-Zangen) auch nach mehreren Runden am Stück völlig fadingfrei. Das Bremspedalgefühl bleibt absolut konsistent, auch wenn natürlich – typisch Brake-by-Wire-Bremsanlage – das ABS-Pulsieren fehlt.

Der Heckflügel tanzt im Rückspiegel

Dafür füllt der Heckflügel, der sich in mehreren Stufen ein- und ausfährt, auf den Geraden flachlegt, beim Anbremsen als Airbrake das digitale Innenspiegelformat komplett aus.

Aston Martin Valhalla
Max Earey

Schade nur, dass der Handling-Parcours "Stowe" im Infield von Silverstone zwar ein paar knifflige S-Kurven, jedoch keine echten Hochgeschwindigkeitspassagen bietet, auf denen der volle Anpressdruck von bis zu 600 kg auch zum Tragen oder besser Drücken kommt. Wobei die aktive Aerodynamik des Hypercars den Anpressdruck vorn und hinten kontinuierlich derart feinjustiert, dass Gripniveau und Fahrzeugbalance stets optimal austariert sind. Und der Valhalla kurz vor dem Anbremsen der Start-Ziel-Schikane dermaßen auf den Asphalt gedrückt wird, dass er auf der kurz aufsetzt.

Krass, dieses Gefühl kannte ich bisher nur von einem Formel-Monoposto. Gutes Stichwort: Denn auf dem 1,8 Kilometer kurzen Kurs nimmt der Valhalla den Formel-4-Fitzern laut Track-App locker fünf Sekunden ab. Dabei kann man mit dem Valhalla auch ordentlich spielen. Die Michelin Pilot Sport 5s (Dimensionen 285/30 R21 vorn und 335/35 R21 hinten) bieten für einen Straßenreifen enorm viel Grip, lassen sich aber auch wunderbar zum Powersliden und Quertreiben missbrauchen.

Preis: Rund 1.000.000 Euro

Trotzdem, kaum auszumalen, wie der Valhalla mit Semi-Slicks auf dem Grand Prix Kurs direkt nebenan performen würde. Um das herauszufinden, braucht es eine glatte Million Euro oder Geduld bis zur Präsentation des Serienautos Ende 2025. Zumindest wissen wir aber schon jetzt, dass wir wie die Wikinger keine Angst haben müssen vor Valhalla, sondern uns darauf freuen können.

Fazit