Neue Autobahn-Maut in Italien: Bei Stau gibt es Entschädigung

Neue Autobahn-Maut in Italien
Bei Stau gibt es Entschädigung

ArtikeldatumZuletzt aktualisiert am 18.09.2025
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Italien Autobahn Maut-Station
Foto: travelview via Getty Images

Ab Januar 2026 soll ein einheitliches Berechnungsverfahren gelten, das stärker als bisher an die tatsächlich getätigten Investitionen der privaten Autobahnbetreiber gekoppelt wird. Ziel ist es, die Maut für Autofahrer zu senken und die Zusammensetzung der Kosten transparenter darzustellen.

Der Ansatz geht über die bisherige Praxis hinaus, bei der die Tarife regelmäßig angepasst wurden, ohne dass ein direkter Zusammenhang zu den erbrachten Investitionen bestand. Die endgültige Genehmigung des neuen Systems steht noch aus, wird aber nach Angaben der Behörde in den kommenden Wochen erwartet. Regierung, Parlament sowie Ministerrat müssen dann dem Plan zustimmen.

Rückerstattungen bei Baustellen

Ein zentrales Element der Reform betrifft mögliche Entschädigungen bei durch Baustellen verursachten Beeinträchtigungen. Autofahrer, die auf betroffenen Abschnitten längere Verzögerungen hinnehmen müssen, sollen Anspruch auf Rückerstattungen erhalten. Derzeit läuft eine öffentliche Konsultation, in deren Rahmen Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen ausgewertet werden.

Die ART prüft dabei, in welchen Fällen eine teilweise Erstattung gerechtfertigt ist und wie die Verfahren standardisiert werden können. Damit würde erstmals ein klar geregelter Ausgleich für Einschränkungen geschaffen, die bislang vollständig zu Lasten der Nutzer gingen.

Mehr Transparenz und Informationspflichten

Parallel dazu plant die Behörde eine Ausweitung der Informationspflichten der einzelnen Autobahn-Konssessionäre. Autofahrer sollen künftig Zugang zu detaillierteren und standardisierten Daten erhalten, darunter Angaben zur Verkehrslage und zu Fahrzeiten in Echtzeit, zur Verfügbarkeit von Ladesäulen, zu Rast- und Tankanlagen sowie zu den Methoden der Mautberechnung. Auch Informationen zu Baustellen und geplanten Arbeiten mit Auswirkungen auf den Verkehrsfluss sollen einheitlich veröffentlicht werden.

Damit will die ART erreichen, dass Fahrten besser planbar werden und die Nutzer nachvollziehen können, wie sich die Mautkosten zusammensetzen. Dies soll nicht nur Transparenz schaffen, sondern auch das Vertrauen in das System stärken.

Das bisherige Berechnungsmodell

Derzeit wird der Preis aus einer sogenannten "Tariffa unitaria" ermittelt, die von Fahrzeugklasse, Streckencharakteristik und der jeweiligen Konzessionsgesellschaft abhängt. Diese wird mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und anschließend um 22 Prozent Mehrwertsteuer ergänzt. Zudem gibt es Rundungen nach oben oder unten sowie Abgaben an die staatliche Straßenbehörde ANAS.

Die Unterschiede sind erheblich: Für einen Pkw der Klasse A kostet die 200 Kilometer lange Strecke Mailand–Bologna rund 16 Euro, während für Mailand–Aosta etwa 35 Euro fällig werden. Beim Mont-Blanc-Tunnel steigt der Betrag auf über 40 Euro. Solche Differenzen entstehen, weil in bergigen Regionen höhere Bau- und Betriebskosten durch Tunnels und Viadukte anfallen.

Neues Modell und Zeithorizont

Im künftigen System soll die Höhe der Maut stärker an nachweislich erbrachte Investitionen gebunden werden. Die bisherige Tariffa unitaria verliert damit ihre zentrale Bedeutung. ART-Präsident Nicola Zaccheo erklärte gegenüber "TGCOM24": "Die Autobahnmaut wird an die tatsächlich realisierten Investitionen gekoppelt. Wir sind überzeugt, dass es einen Vorteil für die Nutzer geben wird und die Maut sinken wird".

Allerdings betonte Zaccheo, dass die spürbaren Effekte erst nach Anpassung der wirtschaftlich-finanziellen Pläne der Konzessionäre sichtbar werden. "Die tatsächlichen Auswirkungen wird man erst zwischen 2027 und 2028 erkennen", so Zaccheo zur italienischen Nachrichten-Agentur ANSA. Damit ist klar, dass die Reform zwar ab 2026 in Kraft treten soll, aber erst mittelfristig Entlastungen bringen wird.

Reaktionen der Verbraucher

Verbraucherverbände bewerten die Reform grundsätzlich positiv. Die Unione Nazionale Consumatori teilte mit: "Gut, eine sehr gute Nachricht! […] Wir haben in der öffentlichen Konsultation angeregt, die Vertragsstrafen bei Unterschreitung von Qualitätsniveaus über die in der Entwurfsfassung vorgesehenen 2 Prozent hinaus anzuheben und sie gestaffelt auszugestalten, damit ein echter Anreiz zur Verbesserung besteht".

Die Organisation begrüßt insbesondere die geplanten Entschädigungen bei Baustellen, fordert aber Nachbesserungen bei den Sanktionen gegenüber Konzessionären. Höhere Strafsätze sollen sicherstellen, dass Qualitätsstandards nicht nur eingehalten, sondern auch kontinuierlich verbessert werden.

Einordnung der hohen Mautkosten

Nach einer Untersuchung der Beratungsfirma Tollwayr zählen Italien und Frankreich zu den Ländern mit den höchsten Autobahngebühren in Europa. Dies hängt auch mit der geografischen Lage zusammen: In Ländern mit vielen Gebirgsregionen sind die Bau- und Instandhaltungskosten höher, was sich direkt auf die Gebühren auswirkt.

Fazit