„Magic Roundabout“ in Swindon: Das kann doch nicht funktionieren!

„Magic Roundabout“ in Swindon
Das kann doch nicht funktionieren!

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.12.2025
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Magic Roundabout Swindon
Foto: Imago

Der Magic Roundabout besteht aus fünf Mini-Kreisverkehren, die ringförmig miteinander verbunden sind. Jeder dieser kleinen Kreisel liegt an einer der fünf Hauptzufahrten zur Innenstadt von Swindon: County Road, Queen’s Drive, Fleming Way, Drove Road und Shrivenham Road. Der äußere Ring wird – wie in Großbritannien üblich – im Uhrzeigersinn befahren. Im Inneren dagegen verläuft der Verkehr gegen den Uhrzeigersinn.

Dieses gegenläufige System sorgt dafür, dass Fahrer mehrere Routen wählen können. Je nach Ziel entscheiden sie sich für den längeren äußeren Weg oder den direkten Innenweg. Ortskundige nutzen meist die kürzere Verbindung durch die Mitte, während Fremde eher den äußeren Ring bevorzugen. Die Beschilderung und Fahrbahnmarkierungen sind klar erkennbar, dennoch verlangt die Anlage Aufmerksamkeit und ein gutes Verständnis der Verkehrsregeln.

Magic Roundabout gegen Stau-Chaos

Ende der Sechzigerjahre war der damalige Drove Roundabout in Swindon ein ständiger Stauschwerpunkt. Fünf Hauptstraßen trafen an einer Engstelle zusammen, und herkömmliche Lösungen wie Ampeln oder ein einzelner Großkreisverkehr hätten die Kapazität kaum verbessert.

Magic Roundabout Swindon
dpa Picture Alliance

Der britische Ingenieur Frank Blackmore entwickelte daraufhin am TRRL eine neue Struktur, die mehrere kleine Kreisel zu einem Ring verband. Durch diese Aufteilung sollten sich die Verkehrsströme entzerren, ohne dass zusätzliche Signalsteuerungen nötig waren.

Der Bau begann 1972 auf einem Gelände, das zuvor vom alten Wilts-&-Berks-Kanal durchzogen war. Teile der Fahrbahn liegen bis heute über dem zugeschütteten Kanalbett. Am Rand des Kreisels erinnert eine alte Steinbrücke aus dem Jahr 1810 an diese Vorgeschichte.

Nach Fertigstellung wurde die Anlage zunächst unter dem Namen "County Islands" eröffnet. In den ersten Tagen standen an jeder Einfahrt Polizisten, um Autofahrern den Weg zu erklären und den Verkehr zu überwachen. Schon bald nannten die Einwohner den Kreisverkehr "Magic Roundabout", angelehnt an die gleichnamige Kindersendung. Anfang der Achtzigerjahre wurde dieser Name offiziell übernommen.

Kreisverkehr in Swindon sehr leistungsfähig

Trotz ihres komplexen Aufbaus gilt die Anlage als leistungsfähig. Untersuchungen der staatlichen Forschungseinrichtung TRRL (Transport and Road Research Laboratory) ergaben, dass der Magic Roundabout 25 bis 35 Prozent mehr Fahrzeuge pro Stunde abwickeln kann als eine gleich große Kreuzung mit Ampeln oder ein einzelner Großkreisel. In der Praxis entspricht das einer Steigerung um rund 1.000 Fahrzeuge pro Stunde.

Auch die Unfallbilanz fällt positiv aus. In den ersten 25 Jahren (1972 bis 1997) registrierte die Polizei 14 schwere und etwa 100 leichte Unfälle. Zwischen 2015 und 2019 wurden 23 Unfälle gemeldet, meist mit Fahrrädern oder Motorrädern. Todesfälle sind äußerst selten; nach inoffiziellen Angaben soll es seit der Eröffnung nur einen tödlichen Unfall gegeben haben.

Experten führen die vergleichsweise gute Bilanz auf die niedrigen Geschwindigkeiten innerhalb der Anlage zurück. Jeder Mini-Kreisverkehr zwingt Fahrer zu Vorsicht und reduziert die Aufprallenergie bei Fehlern. Das Ergebnis ist ein System, das zwar ungewohnt aussieht, aber objektiv sicher funktioniert.

Mehr als nur eine Verkehrsanlage

In Swindon ist der Magic Roundabout längst mehr als eine Verkehrsanlage. Viele Einwohner sehen ihn als Wahrzeichen und Beweis für technische Eigenständigkeit. Der Vorsitzende der Roundabout Appreciation Society, Kevin Beresford, sagte einmal: "Nach ein paar angsteinflößenden Momenten funktioniert das ganze System wunderschön."

2024 zeichnete dieselbe Gesellschaft den Magic Roundabout als "Roundabout of the Year" aus. Er erscheint regelmäßig in britischen Kalendern und Publikationen, die sich außergewöhnlichen Straßen widmen. Gleichzeitig wird er in Medienumfragen immer wieder zu den "furchteinflößendsten" oder "ungewöhnlichsten" Kreuzungen Großbritanniens gezählt.

Auch international zieht die Anlage Aufmerksamkeit auf sich. Touristen fotografieren den Kreisel, drehen Videos oder fahren gezielt hindurch, um das Erlebnis zu dokumentieren. Auf Bewertungsportalen wie "TripAdvisor" wird er überwiegend positiv beurteilt. Ein Besucher aus Deutschland schrieb, der Magic Roundabout sei "chaotisch, aber faszinierend präzise organisiert". Andere bezeichneten ihn als "mutige Idee, die erstaunlich gut funktioniert".

Ein lokaler Taxifahrer berichtete, ausländische Gäste hätten ihn schon als "interessanter als den Times Square" bezeichnet. Trotz solcher Anekdoten bleibt der Kreisverkehr für die Bewohner Swindons vor allem eines: eine Alltagsstrecke, die funktioniert.

Magic Roundabout als Vorbild

Das Konzept aus Swindon inspirierte den Bau weiterer Ring Junctions in England. In Hemel Hempstead entstand 1973 der Plough Roundabout mit sechs Mini-Kreisverkehren, in High Wycombe, Colchester und Hatton Cross folgten ähnliche Varianten. Einige dieser Anlagen blieben bestehen, andere wurden später vereinfacht oder zurückgebaut, weil sie von Autofahrern als zu unübersichtlich empfunden wurden.

In Swindon selbst existierte ein zweiter Mini-Ringkreisel am Bruce Street Bridges. Er wurde 2016 wieder in einen klassischen Kreisverkehr umgewandelt. Damit bleibt der Magic Roundabout heute die einzige dauerhaft funktionierende Anlage dieses Typs im Vereinigten Königreich – und weltweit.

Bedeutung für die Verkehrsplanung

Der Magic Roundabout gilt als Symbol einer experimentierfreudigen Phase der britischen Verkehrsplanung. Die Idee, mehrere Mini-Kreisel zu kombinieren, war in den Siebzigerjahren neu und diente als Grundlage für viele spätere Verkehrskonzepte. Heute sind Mini-Kreisverkehre in Großbritannien weitverbreitet – allerdings fast immer einzeln.

Fachleute betrachten die Swindoner Anlage als Beweis, dass Komplexität beherrschbar sein kann, wenn Markierungen, Beschilderung und niedrige Geschwindigkeit zusammenspielen. Sie zeigt, dass selbst scheinbar chaotische Systeme zuverlässig funktionieren können, solange die Regeln klar definiert sind.

Fazit