Ach komm, die Verbräuche sind doch eigentlich egal. Steilkurve fahren, das macht Laune!" Eben. Otto Normalfahrer düst ja nicht alle Tage durchs Oval – es sei denn, er ist im Nebenjob NASCAR-Pilot oder Profi-Testfahrer. Allerdings fährt bei unserer Leser Experience niemand mit Vollstoff durch den drei Kilometer langen Asphaltkessel von Boxberg. Wäre auch Quatsch, geht es doch um die akkurate Ermittlung von Verbräuchen. Also: mittlere Spur, höchste Konzentration, konstantes Tempo. Testziel: den Verbrauchsunterschied zwischen 100 und 130 km/h ermitteln. Windschatten? Verboten. Tempomat? Nö. Rekuperationsphasen? Nicht vorgesehen. Also kommt’s allein auf einen sensitiven Fuß am Fahrpedal an.
Wind im Quadrat
Und weil jeder der fünf Mazda6e mit vier Teilnehmern besetzt ist, entsteht schon nach kurzer Zeit ein regelrechter Unterbietungswettbewerb innerhalb der Fahrzeuge, sind die Verbräuche auf einmal gar nicht mehr egal. Bestwerte? 14,8 kWh pro 100 km bei Tempo 100, 17,6 kWh bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit. 18,9 Prozent mehr Strom bei nur 30 km/h mehr auf dem Head-up-Display-Tacho? Klar, denn der Luftwiderstand steigt bei zunehmendem Tempo im Quadrat.

Vanessa Lohnes: „So ein Ausweichmanöver kann auch im alltäglichen Leben auf einen zukommen. Das hat der Mazda sehr gut gemacht.“
Doch nicht nur das Oval lässt die Herzen der Teilnehmer (und auch unsere immer wieder aufs Neue) höherschlagen, sondern schon die Zufahrt auf das blickdicht umzäunte Areal, "Prüfzentrum Boxberg" genannt und zwischen Heilbronn und Würzburg gelegen. Denn hier kommt so einfach keiner rein. 97 Hektar groß, 20 Teststrecken mit kryptischen Kürzeln wie FDF, HGO, SWS oder HLK, insgesamt über 15 Kilometer lang. Wochentags erproben hier Auto-, Motorrad-, Lkw-Industrie und Zulieferer ihre Produkte von morgen und übermorgen – oder testet auto motor und sport. Weil auch bis zur Unkenntlichkeit getarnte Prototypen unterwegs sind, werden dir bei der Anmeldung die Handykameras abgeklebt. Und weil viel im Grenzbereich stattfindet, darfst du nur mit einem Spezialführerschein hinters Steuer, musst dafür einen Intensivkurs mit Fahrprüfung absolvieren.

Bestes Testwetter über Boxberg – ideal für rasantes Kurvencarven und konstante Verbrauchsfahrten.
Heute aber ist Wochenende, sind sämtliche Schranken für uns geöffnet, dürfen insgesamt 320 Gäste auf abgesperrtem Terrain Autotester-Luft schnuppern. Nicht nur im Oval, wo wir von auto motor und sport Verbrauchsvergleiche unter konstanten Bedingungen ermitteln, sondern auch im fahrphysikalischen Grenzbereich. Der doppelte Spurwechsel zum Beispiel gehört zu unserem Standard-Testrepertoire, ein Ausweichmanöver bei Autobahntempo, bei dem du sehr spontan auf die linke Fahrbahn wechselst, um dich sofort wieder in deine ursprüngliche Spur einzufädeln. Ans Limit zu gehen und auch darüber hinaus, ist für uns elementarer Testbestandteil. Denn einfach bloß dahinrollen kann jeder, weiß ams-Testprofi und Teilzeit-Instruktor Otto Rupp. Erst in Grenzbereichen zeigt sich, wer gute Entwicklungsarbeit geleistet und Lenkung, Fahrwerk und ESP so abgestimmt hat, dass du mit dem Auto fährst und nicht das Auto mit dir. Der Mazda6e ist hier richtig, liegt satt, bleibt trotz provozierter Unruhe cool. Angst? Keine. Aufregung? Hoch. Was für den Rupp Testfahrer-Alltag ist, kommt da draußen ja (zum Glück) eher selten vor. Und weil du bei unserem Test auch noch durch mit Pylonen abgesteckte Gassen brausen sollst, wird nicht nur die Fahrbahn ganz plötzlich sehr eng, sondern auch dein Blickfeld.

Uwe Seidel: „Der Mazda6e ist das erste E-Auto, das ich gefahren bin. Und wenn ich nicht Polizist geworden wäre, dann am liebsten Autotester.“
Genauso eng geht’s beim Sezieren der Scheitelpunkte auf der Handlingstrecke zu, einem 1,27 Kilometer kurzen Rundkurs mit allerlei von Curbs gesäumten Kurvenradien. Testredakteur und ams-Autor Heinrich Lingner zeigt im Führungsfahrzeug Bremspunkte und Ideallinien, vermittelt ein wenig Fahrtechnik, klärt auf über Spurstabilität oder Einlenkverhalten, referiert zu Unter- und Übersteuern. Obwohl der Mazda6e trotz Heckantrieb sowie ununterbrochen einsatzbereiter 320 Newtonmeter Drehmoment kein ausgewiesener Dynamiker ist, kommt sein Fahrverhalten dank des niedrigen Schwerpunkts (68,8-kWh-Akku im Fahrzeugboden) sogar bei einem Gast gut an, der mit seinem Sportwagen oft auf Rennstrecken unterwegs ist.
Energieverbrauch kombiniert nach WLTP für den Mazda6e EV: 16,6 kWh/100 km. CO₂-Emissionen kombiniert im Fahrbetrieb: 0 g/km. CO₂-Klasse: A.

Fabian Domröse: „Die Fahrt auf der Handling-strecke war besonders spannend. Ein E-Auto im Grenzbereich war eine neue Erfahrung.“
Gedämpft und gefedert
Gut ankommen ist aber nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern auch des Komforts. Und da hat der 6e auch ohne elektronisch gesteuerte Dämpfer einiges zu bieten. Deshalb geht’s neben den dynamischen Disziplinen zur Abwechslung mit niedrigem Tempo über die sogenannten Schlechtwegestrecken.

„Komfort, Fahrverhalten und Fahrstabilität des Mazda6e haben mich sehr beeindruckt“, verrät Thomas Möller.
Das sind wenige Hundert Meter lange, mit allerlei Unebenheiten versehene Fahrbahnen. Ob kantige Absätze und Stufen, Kopfsteinpflaster, Wellen, Buckel, aufgeschraubte Verkehrsschwellen oder Metallplatten, wie sie manchmal an Baustellen ausgelegt werden: Boxberg bietet alles. So können wir hier ganz konzentriert die Qualitäten von Federn und Dämpfern oder auch die Eigendämpfung der Reifen herausarbeiten – ergänzend zu unseren Testfahrten auf ausgewählten Routen im öffentlichen Straßenverkehr. Ebenfalls wichtig: Aufbaubewegungen der Karosserie oder die Parallelität der Dämpfkraft an Vorder- und Hinterachse.

„Da entlang“: auto motor und sport-Testfahrer Otto Rupp zeigt den Teilnehmern den Weg durch den doppelten Spurwechsel.
Der Komfort des 6e stimmt: kein Poltern, keine unangenehmen Stößigkeiten, kein nerviges Nachschwingen. Das passt zum hochwertigen Gesamteindruck mit schickem Materialmix im Innenraum und effizienter Geräuschdämmung selbst bei Autobahntempo im Oval.
Womit wir wieder beim Verbrauch wären und der Frage nach der Reichweite. Bis zu 417 Kilometer ermittelten wir kürzlich im Test (Heft 22/25), heute wird der Strom durch die vielen Vollgasfahrten nach rund 250 Kilometern knapp. Grund für eine ungeplante Programmunterbrechung? Ach was. Während die Gäste mittags bei Pasta und Apfelschorle Kraft tanken, tankt die Mazda6e-Flotte Gleichstrom mit bis zu 165 kW und ist schnell wieder startklar für die nächsten Ovalrunden. Steilkurve fahren macht halt Laune.





