Pro und Contra Verbrenner-Verbot: Aus fürs Verbrenner‑Aus – falsch oder überfällig?

Pro und Contra Verbrenner-Verbot
Aus fürs Verbrenner‑Aus – falsch oder überfällig?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 29.09.2025
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Zur Erinnerung: Im Pariser Klimaabkommen hat sich Europa zur Klimaneutralität im Jahr 2050 verpflichtet. Der Verkehr steht für ein Viertel der Treibhausgasemissionen der EU, den allergrößten Teil davon verursacht der Straßenverkehr. Weil 2050 die meisten Autos, die bis 2035 zugelassen sind, das Ende ihrer Nutzungsphase erreicht haben sollten, ist das grundsätzliche Ziel der EU, dass alle ab 2035 neu zugelassenen Fahrzeuge im Betrieb emissionsfrei sind, nur folgerichtig (siehe auch Bildergalerie).

Trotzdem wächst der Widerstand gegen ein Neuzulassungsverbot für Verbrenner ab 2035: Volkswagen- und Porsche-Chef Oliver Blume sagte am 24. September bei seiner Keynote auf den "Wiener Elektrotagen": "Es ist nicht realistisch, dass wir in Europa schon ab 2035 nur noch vollelektrische Fahrzeuge haben werden. Wir werden am Ende einen längeren Übergang benötigen."

Der Kanzler will das Aus des Verbrenner-Aus

Die Politik stößt ins selbe Horn. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte am 26. September beim "Schwarz Ecosystem Summit" in Berlin vor Unternehmern: "Ich werbe auch unter den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union dafür, ich werbe gegenüber der EU-Kommission dafür, dass wir dieses Verbrennerverbot aufheben". Die CDU ist zwar schon länger gegen das gerne als „Verbrenner-Verbot“ bezeichnete Vorhaben, aber diesmal machte Merz als Kanzler klar, dass er das Verbrenner-Aus direkt beim EU-Gipfel in Kopenhagen Anfang Oktober thematisieren will.

Trotzdem kann es nicht das Ziel sein, die Verpflichtung zum Klimaschutz zu unterlaufen, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 festgelegt hat. Welche Argumente kann es also geben, das Neuzulassungsverbot für Fahrzeuge, die CO₂ emittieren, in der EU ab 2035 zu kippen? Welche andere Möglichkeiten gibt es, die CO₂-Emissionen des Straßenverkehrs zu senken?

Andere Möglichkeiten der CO₂-Reduktion

Tatsächlich ist die Wirkung des sogenannten Verbrenner-Verbots in der Praxis geringer, als es auf den ersten Blick den Anschein macht: E-Autos gehen mit null CO₂ pro Kilometer in die Berechnungen ein, was in der Praxis nicht richtig ist, weil die Erzeugung von Ladestrom Treibhausgasemissionen zur Folge hat.

Kleines Rechenbeispiel: 2024 waren das in Deutschland 363 g CO₂/kWh. Bei einem typischen Verbrauch eines E-Autos von etwa 20 kWh/100 km wären das pro Kilometer etwa 73 Gramm. Die NGO Transport & Environment hat kürzlich den Realverbrauch von Plug-in-Hybriden mit 139 g/km ermittelt. Dabei handelte es sich allerdings um Modelle bis 2023, deren elektrische Reichweite noch überschaubar war. Mit deren Zunahme wäre es durchaus realistisch, die elektrischen Fahranteile stark zu erhöhen; da diese konsequenterweise auch bei der Erfassung über das inzwischen vorgeschrieben On-board-Sprit-Monitoring mit 0 g CO₂ in die Berechnung eingehen, ist eine Halbierung der CO₂-Emissionen nicht unrealistisch. Das ließe sich auch ohne schnelle Marktdurchdringung von PHEVs mit größerer E-Reichweite durch eine Beeinflussung des Nutzungsverhaltens beschleunigen.

Klar: Wenn man den E-Autos die CO₂‑Emissionen der Stromerzeugung zuweist, muss man das auch für die elektrischen Fahrstrecken der PHEVs tun. Beiden hilft, dass der Strommix immer grüner wird, den E-Autos entsprechend mehr. Zur Erinnerung: 1990 emittierte die Erzeugung einer kWh noch 764 g CO₂.

Emissionsfreies Fahren – eher Vision als realistisches Ziel

Null Gramm CO₂ pro km Fahrstrecke ist aktuell nicht mal mit der Bahn realistisch, potenziell erreichbar ist das schon. Auch mit dem Auto. Das ist aus heutiger Perspektive für die meisten Akteure allerdings so schwer vorstellbar, dass es kontraproduktiv wird. Es ist sehr wohl vernünftig, möglichst viele Fahrten elektrisch zu bewältigen und das anzustreben. Aber alle?

"Alle" heißt auch immer: alle anderen Fahrten nicht anzustreben. Es ist leicht, das als Verbot zu interpretieren. Das wiederum löst stets Ablehnung (Reaktanz) aus. Dass Neufahrzeuge ab 2035 CO₂-frei fahren müssen, ist letztlich ein Zulassungs-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor und lässt sich eben zum Verbrenner-Verbot verkürzen, selbst wenn Autos mit Verbrennungsmotor, die bis zum Stichtag bereits eine Straßenzulassung haben, weiter betrieben werden dürfen. Die Wahrnehmung ist dann nicht mehr, den E-Antrieb als Alternative mit allen Vorteilen (schnell, leise, lokal emissionsfrei, sparsam) hinzuzugewinnen, sondern die bewährte Option "Verbrenner" mit seinen Vorteilen (problemlos nachtankbare Reichweite, günstigere Kaufpreise) zu verlieren.

Fazit