Vier Jahre für den Neubau einer Autobahnbrücke dürfen in einem hochentwickelten Industrieland nicht als Meisterleistung gelten.
Natürlich war die Ausgangslage schwierig. Die spontane Sperrung der alten Brücke zwang zum Handeln unter Zeitdruck, Planungsunterlagen mussten neu erstellt, Genehmigungen beschleunigt, Ersatztrassen organisiert werden. Trotzdem zeigt das Projekt eines deutlich: Wenn der politische Wille vorhanden ist, kann Deutschland schneller bauen. Dass die Brücke jetzt – entgegen früheren Prognosen – schon im Dezember freigegeben werden soll, beweist es.
Konsequenzen aus dem Rahmedetal-Brücken-Fall
Aber genau darin liegt auch das Problem. Warum gelingt ein solches Tempo nur, wenn eine Beinahe-Katastrophe vorher alles zum Stillstand gebracht hat? Warum dauert es im Normalfall fünf bis zehn Jahre, bis vergleichbare Brückenprojekte überhaupt fertiggestellt werden? Der Ausnahmefall Rahmede zeigt, was möglich ist, wenn Prioritäten gesetzt, Verfahren vereinfacht und Zuständigkeiten klar geregelt werden.
Deutschland braucht aus dieser Erfahrung Konsequenzen – und zwar über Lüdenscheid hinaus. Wer Infrastruktur ernst nimmt, muss sie strategisch planen und dauerhaft finanzieren. Es braucht klare Zuständigkeiten, weniger Verwaltungsstufen und verbindliche Zeitvorgaben für Planung, Genehmigung und Bau. Außerdem müssen Behörden personell so ausgestattet sein, dass sie Großprojekte begleiten können, ohne sich in Abstimmungen zu verlieren.
Ein Bauwerk mit Symbolcharakter
Die Rahmedetalbrücke ist deshalb nicht nur ein Bauwerk, sondern ein Symbol: Sie zeigt, wie verletzlich Deutschlands Infrastruktur geworden ist – und wie teuer jedes Zögern am Ende wird. Vier Jahre für eine Brücke sind zu lang, auch wenn sie diesmal im Rekordtempo gebaut wurde. Sie sollte Mahnung und Auftrag zugleich sein.





