Das Thema Reichweiten-Angst ist so alt wie die Elektromobilität. Nicht zuletzt deshalb ist die maximale Reichweite eines E-Autos der neue Protz-Wert in der E-Branche, wie es bei Benziner-Fans die Höchstgeschwindigkeit ist. Da passt es gut ins Bild, dass Chevrolet jetzt einen neuen Reichweiten-Weltrekord für sich beansprucht. 1.059,2 Meilen, umgerechnet 1.704,6 Kilometer weit, fuhren Testingenieure des US-Riesen mit einer Batterieladung. Allerdings ist an dieser Rekordfahrt so einiges, höflich ausgedrückt, ungewöhnlich.
Extradicke Batterie
Begonnen bereits beim Versuchsfahrzeug: Der Chevrolet Silverado EV, hier in der "Max Range Work Truck" Ausführung, wiegt über vier Tonnen und ist ein aerodynamischer Albtraum. Mit bisherigen Rekordhaltern wie dem Lucid Air, der erst im Juli 2025 mit 1.205 Kilometer Reichweite den offiziellen Rekord einfuhr, hat der Fullsize-Pick-up nicht viel zu tun. Unter anderem ist auch die Batteriekapazität des (vor Steuern) mindestens 76.295 Dollar (ca. 65.700 Euro) teuren Pritschenwagen eher jenseits dessen, was man von europäischen Elektroautos kennt. Auf satte 205 kWh kommt der Batterieblock der Max-Range-Version, das Gewicht kommt nicht von ungefähr.
Normalerweise soll der dicke Truck in dieser Ausführung nach US-Verbrauchsnorm umgerechnet rund 790 Kilometer weit kommen, auch das schon ein Fabelwert. Und wie klappt dann die mehr als doppelte Reichweite, bis die Lichter ausgehen? Mit allerlei Trickserei, wie Chevrolet selbst offen zugibt.
Tricks und Schleicherei
Die Reifen wurden auf den maximal möglichen Wert aufgepumpt, die Klimaanlage blieb kategorisch ausgeschaltet, eine Abdeckung über der Ladefläche reduzierte den Luftwiderstand, das Ersatzrad flog raus, sogar die Scheibenwischer-Arme wurden nach unten verstellt, um den cW-Wert zu verbessern. Vor allem aber, und da tun einem die Testfahrer wirklich leid: Die ganze Nummer geschah in Mops-Geschwindigkeit. Gerade einmal 20 – 25 Meilen pro Stunde sollten gefahren werden, das entspricht einem Maximaltempo von 40 km/h während der Rekordfahrt.
Da blieb viel Zeit, um die Landschaft zu betrachten. Nicht nur deshalb wurden die finalen Kilometer auf der Ausflugs-Insel Belle Isle im Detroit River abgespult, nachdem das Team zuvor über öffentliche Straßen rund um das Milford-Testgelände herumtrödelte. Praktischerweise gibt es auf der Insel auch ein allgemeines Speedlimit von 25 Meilen pro Stunde, da standen die Chevrolet-Fahrer dem Rest der Bevölkerung bei ihrer Rekord-Schleicherei nicht so sehr im Weg herum.
Der echte Weltrekord bleibt allerdings vorerst beim Lucid Air, denn im Gegensatz zu diesem hatte General Motors keine Begleitung der Offiziellen von Guinness World Records. Das wird dort wahrscheinlich nicht sehr fest bedauert, denn bei diesem Tempo ziehen sich 1.700 Kilometer ein bisschen.







