Weshalb Mercedes Toto Wolff bei seinem Wunderkind Kimi Antonelli auf die Bremse tritt

Wunderkind Antonelli startet endlich durch
Weshalb Toto Wolff auf die Bremse tritt

ArtikeldatumVeröffentlicht am 15.11.2025
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Andrea Kimi Antonelli blieb sich treu. Seine besten Ergebnisse holt der Mercedes-Rookie auf Strecken, die er nicht kennt. Sprint-Pole-Position in Miami. Dritter Platz in Montreal. Rang zwei in Brasilien. Dafür nur drei WM-Punkte in neun Europa-Rennen. Teamchef Toto Wolff sieht den einzigen Zusammenhang darin, dass sich sein Hoffnungsträger auf den bekannten Strecken selbst zu viel Druck macht.

Beim GP Brasilien kam Antonelli wie aus dem Nichts. Er hatte zuletzt mit vierten, fünften und sechsten Plätzen eine ansteigende Form und den Anflug von Konstanz gezeigt, aber er war vorher noch nie dauerhaft schneller als Teamkollege George Russell, und er stand noch nie drei Runden lang unter Dauerbeschuss von Max Verstappen, der im Finale die frischeren und weicheren Reifen hatte. Eine echte Bewährungsprobe für den Rookie.

Antonelli klammerte sich an seinen einzigen Vorteil. "Ich lag vorne, fuhr in sauberer Luft. Max bekam meine Turbulenzen ab." Die Ingenieure lenkten ihren Fahrer in den letzten Runden fern, sagten ihm, wo er Energie sparen muss, um zu Beginn der Zielgerade maximale Leistung zu haben. Das half.

Mit dem Vertrauen kommt der Speed

Trotzdem rutschte dem 19-jährigen Italiener erst einmal das Herz in die Hose, als ihm Renningenieur Peter Bonnington ankündigte, dass der Verstappen-Express von hinten anrollt. "Bei nur neun Sekunden Vorsprung dachte ich: Da könntest du Probleme bekommen."

Umso wichtiger war es für Antonelli, dass er dem Druck standhielt. Und dass er ein ganzes Wochenende über Zweiter war. Er lag in beiden Qualifikationen, im Sprint und im Hauptrennen hinter Lando Norris. Der war außer Reichweite, doch der Rest musste sich hinter dem Mann aus Bologna anstellen. Der dann zufrieden feststellte: "Das wird mir Selbstvertrauen für die letzten drei Rennen geben." Teamchef Wolff assistierte: "Mit dem Vertrauen kommt der Speed."

Der Österreicher versuchte, übermäßige Euphorie über den Erfolg seines Juniors zu dämpfen. Er hat in dieser Saison miterlebt, wie schnell man vom Wunderknaben zum Sorgenkind wird. "Man muss den jungen Fahrern die Zeit geben, sich zu entwickeln. Das geht mit diesen hochkomplexen Autos und einem Reifenmanagement, das selbst Veteranen nicht immer verstehen, nicht so schnell", warnt er die Stimmungsmacher, die seinen Fahrer jetzt schon wieder in den Himmel heben. "Das größte Problem von Kimi ist die Erwartungshaltung. In Italien wurde er schon als Legende gefeiert. Das ist für einen, der erst 20 Grand Prix gefahren ist, absolut fehl am Platz. Und es tut Kimi nicht gut."

Das Fenster gut getroffen

Der Mercedes W16 präsentierte sich in Interlagos wieder mal von seiner guten Seite. 2022 war er an gleicher Stelle ein Siegerauto. In den letzten beiden Jahren tauchten die Silberpfeile in Brasilien jeweils ab. Aus Angst vor zu großer Abnutzung der Bodenplatte ging man mit der Fahrzeughöhe in den sicheren Bereich und schenkte dadurch Rundenzeit her.

In diesem Jahr fanden die Ingenieure einen besseren Kompromiss zwischen Bodenfreiheit und Federweg als in der Vergangenheit. "Wir sind nach dem ersten Training für den Sprint nur ein bisschen höher gegangen und mussten für das Hauptrennen nicht mehr viel anpassen", erzählte Wolff. Die zweitschnellste Zeit im Mittelsektor zeigte, dass man das Fenster gut getroffen hatte. Der Mercedes hatte auch einen guten mechanischen Grip.

Jetzt konzentriert sich Mercedes auf die Verteidigung des zweiten Platzes in der Marken-Wertung. Der Vorsprung von 32 Punkten auf Red Bull und 36 auf Ferrari ist nur scheinbar komfortabel. Ferrari hat mit seinem Doppelausfall beim GP Brasilien gezeigt, wie schnell das Bild kippen kann.

Andererseits kann Mercedes auf seiner Paradestrecke Las Vegas seinen Vorsprung auch ausbauen. Antonelli warnt davor, davon auszugehen, dass Mercedes im Spielerparadies seinen Doppelsieg vom Vorjahr so einfach wiederholen wird. "Wir fahren ein anderes Auto. Und auch viele andere Dinge haben sich geändert. Wenn wir letztes Jahr dort schnell waren, heißt das nicht, dass wir es auch dieses Jahr sein werden."

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