Rennanalyse GP Italien 2025: Verstappen lacht McLaren aus: War der Platztausch fair?

Rennanalyse GP Italien 2025
Verstappen lacht McLaren aus: Platztausch fair?

GP Italien 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 07.09.2025
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War der Platztausch von McLaren fair?

Es war das Gesprächsthema schlechthin nach dem Rennen. McLaren hantierte einmal mehr mit den so genannten Papaya-Rules. Spielregeln, die man für beide Fahrer im Umgang miteinander aufgestellt hat. Auf die berief man sich, als man in Runde 48 Oscar Piastri dazu aufforderte, den zweiten Platz an Lando Norris zurückzugeben. Hintergrund war, dass McLaren den Boxenstopp von Norris verpatzte, weil etwas vorne links nicht funktionierte wie geplant. 4,9 Sekunden dauerte der Reifenwechsel. Und damit war der Vorsprung von Norris auf den Teamkollegen, der vorher 3,7 Sekunden betrug, dahin. Er fiel zwei Sekunden hinter Piastri, der bereits eine Runde vor Norris gestoppt hatte.

In Runde 49 ließ der Australier den WM-Zweiten, der sowohl im Quali als auch im Rennen schneller als Piastri war, passieren. Am Funk sagte er zur Aufforderung des Teams wenig begeistert: "Wir haben gesagt, dass ein langsamer Boxenstopp Teil des Racings ist, ich weiß nicht, was sich geändert hat." Danach hatte er theoretisch das Recht, Norris anzugreifen, doch daraus wurde nichts mehr. Nach dem Rennen gab er sich etwas versöhnlicher: "Ich habe am Funk gesagt, was ich zu sagen hatte. Und wenn die zweite Aufforderung kommt, werde ich mich nicht gegen das Team stellen."

Lando Norris - McLaren - Boxenstopp - GP Italien 2025 - Monza - Formel 1
Clive Rose via Getty Images

McLaren-Teamchef Andrea Stella erklärte hinterher, der Platztausch hätte nicht nur damit zu tun gehabt, dass der Stopp bei Norris schief ging. Man hätte auch reagiert, wenn es durch den früheren Stopp von Piastri eine Verschiebung gegeben hätte. Den habe man so getimed, weil man Leclerc covern wollte. Was dabei allerdings nicht einleuchtete: Leclerc war 29 Sekunden hinter Piastri. Ein flotter Stopp dauert rund 23 bis 24 Sekunden inklusive Boxendurchfahrt.

Die Meinungen zu der Mclaren-Politik gingen auseinander. Als Verstappen am Funk davon hörte, dass man bei McLaren die Positionen getauscht hat, lachte er laut und fragte ungläubig: "Wegen eines schlechten Boxenstopps?"

Einer, der sich bestens mit dieser Problematik auskennt, ist Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der einst Lewis Hamilton und Nico Rosberg managen musste. War McLaren fair?"Es gibt keine eindeutige Antwort. Das wird sich gegen Ende der Saison herausstellen", sagte er. "Einerseits hat das Team einen Fehler gemacht. Auf der anderen Seite: Was ist ein Teamfehler? Was ist, wenn das Auto beim nächsten Mal nicht anspringt und man die Position verliert oder die Aufhängung kaputt geht? Was macht man dann beim nächsten Mal? Es könnte also zu einer Kettenreaktion von Ereignissen kommen, die sehr schwer zu bewältigen wäre."

Wieso war Red Bull so überlegen?

Max Verstappen lieferte in Monza eine echte Machtdemonstration ab, wie sie hat keiner kommen sehen. Mit 19,2 Sekunden Vorsprung vor Lando Norris im McLaren sicherte er sich seinen dritten Sieg der Saison nach Suzuka und Imola. Dabei sagte der viermalige Weltmeister in Budapest noch, dass er befürchte keine Rennen mehr in dieser Saison gewinnen zu können. Die WM hatte er nach der Sommerpause beim Heimrennen in Zandvoort auch schon abgeschrieben. Nur fünf Wochen nach Budapest hat sich das Blatt gewendet – zumindest was Siege betrifft. Verstappen holte nicht nur die Pole-Position in Monza, sondern überlegen den Triumph im Rennen.

Dabei konnte man nicht automatisch davon ausgehen, dass die gute Quali-Leistung auch auf das Rennen übertragbar ist. Einen Teil der Erklärung, warum McLaren sich auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im Königlichen Park schwerer tut, lieferte Teamchef Andrea Stella bereits am Samstag. "Unser Auto ist in den Kurven sehr konkurrenzfähig. Selbst hier sind wir in fast jeder Kurve die Schnellsten. Aber die Kurven sind relativ kurz."

Man bremst spät und beschleunigt sehr früh wieder. Der Vollastanteil liegt gesehen auf die Rundendistanz bei 83 Prozent. "Wir gewinnen also ein wenig in den Kurven und verlieren ziemlich viel Zeit auf den Geraden", führt Stella weiter aus. "Insgesamt können wir also nicht so dominant sein wie auf einigen anderen Strecken."

Max Verstappen - Lando Norris - GP Italien 2025 - Monza - Formel 1
xpb

Dass der Abstand letztlich so groß zwischen McLaren und Red Bull sein würde, sorgte aber in beiden Lagern für Überraschung. Was dabei eine zusätzliche Rolle auf die Distanz im Rennen spielte: die geringe Reifenabnutzung. Hier konnte McLaren nicht den Vorteil ausspielen, länger gute Rundenzeiten aus den Reifen heraus zu pressen, als die Konkurrenz. "Ich muss zugeben, dass wir zwar erwartet hatten, nicht so dominant zu sein wie in Ungarn und Zandvoort, aber wir hatten nicht mit einem solchen Abstand zu unseren Konkurrenten gerechnet. Wir dachten, wie sind so schnell wie alle anderen", meinte Stella.

Auch Red Bull-Teamchef Laurent Mekies sah diese Entwicklung nicht kommen. Zumal Verstappen das Auto in Monza im vergangenen Jahr noch als "Monster" bezeichnete. "Wir sind davon ausgegangen, dass wir uns gegen McLaren verteidigen müssen. Aber letztlich waren wir schneller als sie." Vor allem im letzten Sektor regierte Verstappen. "Unser Auto ist auf Strecken mit geringem bis mittleren Abtrieb konkurrenzfähiger. Es ist also nicht so, dass wir jetzt plötzlich wieder zurück sind", dämpft Verstappen die Erwartungen. "Das Positive ist, dass wir offenbar etwas besser verstehen, was wir mit dem Auto tun müssen, um konkurrenzfähiger zu sein."

Red Bull hatte für Monza einen neuen Frontflügel und einen modifizierten Unterboden dabei. Dazu kam der streckenspezifische Low-Downforce-Heckflügel. "Nach dem schwierigen letzten Jahr haben wir uns Gedanken gemacht, eine Lösung gefunden und jetzt offenbar das Ziel übertroffen”, sagt Mekies, der seinen ersten Sieg mit Red Bull feierte. Ob man generell einen Schritt nach vorne gemacht hat, wird sich dann erst in Baku zeigen.

Wieso hat McLaren so spät gestoppt?

Monza ist traditionell ein Einstopp-Rennen. Die Frage ist nur, wer kommt als Erster aus der Spitzengruppe rein? Während Max Verstappen in Runde 37 diese Rolle mit 5,4 Sekunden in Führung liegend übernahm, reagierte man bei McLaren nicht direkt auf seinen Wechsel von Medium auf Hart. Man wusste, dass man gegen Verstappens Überlegenheit nur etwas ausrichten kann, wenn man eine Alternativ-Taktik versucht.

Carlos Sainz - Oiver Bearman - GP Italien 2025 - Monza - Formel 1
xpb

Deshalb diskutierte man mit Lando Norris am Funk auch schon recht zeitig die Option, länger draußen zu bleiben und am Ende auf den gebrauchten Soft-Reifen zu wechseln. Die Hoffnung: Es könnte noch ein Safety Car oder eine rote Flagge auf den Plan treten. Beinahe ging der Plan sogar auf. Als in Runde 40 Oliver Bearman und Carlos Sainz in der Roggia-Schikane aneinander gerieten, bestand eine Chance. Doch beide konnten weiterfahren und ein Safety Car war überflüssig. Also holte man in Runde 46 einen Umlauf nach Piastri auch Norris zum Service.

War der Undercut von George Russell ein Fehler?

George Russell startete auf Platz fünf und kam auch auf Platz fünf ins Ziel. Für Mercedes ein eher ernüchternder Tag, denn man konnte nicht um einen Podiumsplatz kämpfen. Russell hing im Ferrari-Sandwich zwischen Charles Leclerc und Lewis Hamilton. Er kam allerdings in der Anfangsphase nicht an Leclerc vorbei, später wurde der Abstand größer. Deshalb entschieden die Mercedes-Strategen, Russell in Runde 27 an die Box zu holen. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Abstand auf Leclerc etwas mehr als 4 Sekunden, zu Hamilton war es ein Polster von 1,5 Sekunden. Russell war einer der Ersten aus den Top-Ten beim Service. Ein Fehler?

Sagen wir mal so: Es war weder ein Vorteil noch ein Nachteil. Denn nach Leclercs Stopp in Runde 33 waren es wieder dieselben 4 Sekunden, die Russell hinter ihm lag. Der Vorteil der neuen harten Reifen zahlte sich also im Vergleich zum gebrauchten Medium nicht besonders aus. Was wiederum den geringen Reifenabbau auf der im vergangenen Jahr neu asphaltierten Strecke in Monza belegt. "Es war auch eine Möglichkeit, sich gegen einen Undercut von Lewis zu schützen", sagte Teamchef Toto Wolff.

Nico Hülkenberg - Sauber - GP Italien 2025 - Monza - Formel 1
Clive Rose via Getty Images

Was war bei Hülkenberg los?

Nach dem Highlight mit dem Podium in Silverstone muss Nico Hülkenberg zurzeit die Zähne fest zusammenbeißen. Irgendwie läuft es für den Sauber-Pilot nicht mehr. Er schaffte in Monza zwar mal wieder den Sprung in Q2 in der Qualifikation, doch insgesamt steht es im Quali-Duell 10:6 für seinen Teamkollegen Gabriel Bortoleto, der sein Rookie-Jahr in der Formel 1 absolviert.

Im Rennen konnte Hülkenberg gar nicht erst zeigen, was von Startplatz 12 aus möglich gewesen wäre. Ein Hydraulikproblem sorgte dafür, dass er bereits in der Formationsrunde wusste, dass das Rennen gelaufen ist. Er steuerte die Box an und konnte erst gar nicht starten.

Fazit