Deshalb räumt die FIA Fehler mit F1-Autos ein: Rating B für die Groundeffect-Ära

Rating B für die Groundeffect-Ära
Deshalb räumt die FIA Fehler mit F1-Autos ein

ArtikeldatumZuletzt aktualisiert am 22.12.2025
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Eigentlich könnte sich die FIA auf die Schultern klopfen. Die Teams sind gesund. Das Feld so ausgeglichen wie noch nie in der Geschichte der Formel 1. Trotzdem gab es eine Vielfalt unterschiedlicher technischer Lösungen. Und dennoch ist FIA-Sportchef Nikolas Tombazis nicht ganz zufrieden mit der gerade abgelaufenen Ära.

Er würde der FIA für die Regeln der letzten vier Jahre nicht das Rating A mit Stern geben. "Eher B oder C", stapelt Tombazis tief. Die Begründung: "Wir haben viele Ziele erreicht, aber manche auch nicht." Der 57-jährige Grieche macht das an drei Punkten fest, die für die FIA relevant sich. Die 2021 eingeführten Finanzregeln, die Leistungsdichte und die Action auf der Rennstrecke.

Am besten schneidet in der Rückbetrachtung die Budgetdeckelung ab, die zu einem eigenen Regelbuch führte. "Die Finanzregeln wurden am Ende des alten Zyklus eingeführt. Sie waren ein Erfolg, sie haben den Sport finanziell, nachhaltiger und fairer gemacht und einige Teams am Leben gehalten. Alle Teams, auch die am Ende des Feldes, sind jetzt wirtschaftlich gesund. Wir gehen da in eine gute Richtung." Der Wert der Teams stieg rasant an. Die Spanne liegt zwischen einer und fünf Milliarden Dollar.

Budget-Limit kein Allheilmittel

Tombazis schränkt jedoch ein: "Die Finanzregeln waren kein totaler Erfolg. Nach fünf Jahren haben wir deshalb für 2026 einige Änderungen angebracht. Es ist ein komplexes Thema, das nicht einfach zu kontrollieren ist."

Um den Teams mehr Flexibilität zu geben, einen Rückstand aufzuholen, wurde das Kostenlimit von 135 auf 215 Millionen Dollar angehoben. Es schließt dann Posten wie Investitionen in die Infrastruktur mit ein, die bis jetzt außen vor waren. Laut Ferrari bleibt es unter dem Strich bei der gleichen Summe, die für Ausgaben zur Verfügung steht.

Die FIA war 2022 mit dem Ziel angetreten, dass Hinterherfahren und damit Überholen einfacher werden soll. Die Aerodynamik war auf Inwash vor und zwischen den Rädern und Upwash im Heck ausgelegt, um die Wirbelschleppe hinter den Autos in geordnete, weniger schädliche Bahnen zu lenken.

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Katar 2025
Clive Rose via Getty Images

Drei Schlupflöcher für Dirty Air

Anfangs hat das laut Tombazis auch ganz gut geklappt. "2021 hat das nachfolgende Auto im Bereich von zehn Metern hinter einem anderen bis zu 45 Prozent seines Abtriebs verloren, im Abstand von 20 Metern 33 Prozent. 2022 waren es 15 Prozent bei zehn und fünf Prozent bei 20 Metern. Jetzt sind wir wieder bei 35 Prozent im 10-Meter-Abstand und 20 Prozent bei einer Entfernung von 20 Metern zum vorausfahrenden Auto. Das hatten wir nicht so unter Kontrolle, wie wir uns das vorgestellt hatten."

Schuld ist der Erfindergeist der Ingenieure. Sie haben in drei Bereichen Schlupflöcher gefunden, die verwirbelte Luft doch wieder nach außen zu lenken, was dazu führt, dass sich die "Dirty Air" hinter dem Fahrzeug trifft. "Die Hauptbereiche waren die Frontflügelendplatten, das Design der Anbauten an der Innenseite der vorderen Bremsbelüftungen und die Kanten des Unterbodens. Die Frontflügelendplatten sollten eigentlich Inwash generieren. Doch die Regeln, dort wo die Flügelelemente auf die Endplatten treffen, waren nicht streng genug. Das alles hat Outwash erzeugt", bedauert der FIA-Chef.

Hätte die FIA nicht bei Bedarf gegensteuern können, wenn man den Dampfer schon auf sich zufahren sah? Tombazis wollte, konnte aber nicht. "Das ist nicht so einfach. Regeln in einem Zyklus zu ändern, braucht gewisse Abstimmungsprozesse und Zustimmungen. Die FIA kann nicht allein entscheiden. Wir haben es versucht, hatten aber nicht genug Unterstützung."

Charles Leclerc - Ferrari - GP Österreich 2022 - Formel 1
Wilhelm

Bouncing hatte keiner auf dem Schirm

Die positive Seite der Zeitenwende im Jahr 2022 ist, dass es noch nie ein so kompaktes Feld gab. Die FIA liefert dazu Zahlen. 2021 war das langsamste Auto im Schnitt 2,5 Prozent langsamer als das schnellste. In dieser Saison trennten nur noch 1,1 Prozent die 20 Teilnehmer.

Das wird zwar dadurch getrübt, dass Überholmanöver wieder am Abnehmen sind, ist aber nach Ansicht von Tombazis immer noch besser als die Zeiten totaler Dominanz. "Da wurden selbst Fehler nicht mehr bestraft. Heute verlierst du Plätze bei Pannen und falschen Entscheidungen. Man sollte also nie kritisieren, dass die Autos zu eng zusammenliegen. Das ist immer noch ein angenehmer Zustand."

Der frühere Ferrari- und McLaren-Ingenieur gibt auch zu, dass sie von gewissen Problemen einfach überrollt wurden. Das Bouncing hatte keiner in dem Ausmaß auf dem Schirm, wie es die Teams Anfang 2022 überrascht hat. Auch nicht, dass die Autos praktisch ungefedert ein paar Millimeter über Grund gefahren werden müssen, mit all den negativen Begleiterscheinungen. "All die Probleme wurden erst deutlich, als die Autos mal gefahren sind."

Die Notwendigkeit, die Bodenfreiheit maximal abzusenken, führte auch zu einem Wettrüsten auf dem Gebiet der Bodenplatten und ihrer Befestigungen. Statt Einheitsbrei dürfen die Teams hier individuelle Lösungen anbieten, was die FIA mehr Zeit und Arbeit bei der Kontrolle kostet.

Und trotzdem war es nicht möglich, die Teams auf ein Standardteil einzuschwören. Tombazis erzählt: "Wir haben das mit den Teams diskutiert. Es ist klar, dass eine Vereinheitlichung des Autos in manchen Bereichen viele Probleme lösen würde. Aber das wollen wir nicht. Die Formel 1 steht dafür, dass jeder sein eigenes Auto baut. Deshalb geben wir den Designern Freiheiten."

In Bezug auf die Bodenplatte hätte man aber durchaus auf ein Einheitsteil drängen können, weil es dem Fan völlig egal ist, wie die Plastik-Kufe aussieht und mit dem Unterboden verschraubt ist. Tombazis schränkt ein: "Die Teams haben aus Zuverlässigkeitsgründen auf unterschiedlichen Lösungen bestanden. Einige sagten uns, dass ihr Motor die ungedämpften Schläge auf die Straße nicht aushält, bei anderen war es die Elektronik. Man muss also immer sekundäre Faktoren berücksichtigen, bevor man zu einheitlichen Lösungen kommt."

2026er-Regeln lösen viele Probleme

Der ranghöchste Mann der FIA-Exekutive erhofft sich, dass die 2026er-Regeln viele Probleme abfangen. Zum Beispiel das Hinterherfahren. Im Abstand von zehn Metern sollen nur noch 20 Prozent Anpressdruck verloren gehen, in einer Distanz von 20 Metern zehn Prozent.

Außerdem werden mehr und mehr Grauzonen bereinigt, um den Ingenieuren so wenig Möglichkeiten wie möglich zu geben, das Reglement auszutricksen. "Die Regel für die Bodenplatte werden verschärft. Bei Outwash fragen Sie mich in zwei Jahren wieder. Man weiß nie, was den Ingenieuren alles einfällt. Wir glauben aber, dass wir unser Bestes gegeben haben."

Beim Thema Bouncing rechnet die FIA nicht damit, dass es in der Intensität wieder auftauchen wird. "Der Unterboden ist viel weniger profiliert und der Anstieg des Anpressdrucks mit der Geschwindigkeit geringer. Ich will es aber nicht vollständig ausschließen. Die Teams sind diesmal aber auch viel besser vorbereitet, um mit diesem Problem umzugehen."

Um die Luftverwirbelungen hinter dem Auto zu kontrollieren, wurden viele Maßnahmen getroffen. Unter anderem ein Satz von Leitblechen vor den Seitenkästen, die die Luft gezielt nach innen lenken. Für Adrian Newey ist es das einzige unästhetische Detail an den neuen Autos.

Wäre es da nicht einfacher, das Ausmaß der Verwirbelungen hinter dem Auto zu messen und den Ingenieuren alle Freiheiten zu gewähren, solange sie die Vorgaben für die Turbulenzen erfüllen? Tombazis zweifelt: "Ich glaube nicht, dass so eine Lösung funktioniert. Wenn die Teams gezwungen wären, uns Geometrien ihrer Autos als CFD-Modell zu übermitteln, um daraus die verwirbelte Luft zu berechnen, würde das zu einem Spiel führen, dass sie uns etwas präsentieren, dass im CFD-Bild gut aussieht, in Realität aber ganz anders ist. Wir haben das Gefühl, dass es sehr schwer zu kontrollieren wäre. Einige Leute glauben aber immer noch, dass es eine gute Idee wäre."

Fazit