"Wir müssen den Lauf von Max stoppen", hatte McLaren-Teamchef Andrea Stella vor dem Rennwochenende in Mexiko gefordert. Das ist dem Team dank der Gala-Vorstellung von Lando Norris gelungen. Der Engländer dominierte in der dünnen Höhenluft seine Gegner nach Belieben. Sein Sieg im Rennen und der fünfte Platz von Teamkollege Oscar Piastri machten den 25-Jährigen zum neuen Tabellenführer in der Formel 1.
Max Verstappen musste sich mit dem dritten Rang begnügen. Nach dem überlegenen Sieg in Austin eine Woche zuvor schaffte es der Niederländer, ein schwieriges Wochenende aus Sicht der Red-Bull-Familie noch zu einem positiven Abschluss zu bringen. Verstappen äußerte sich nach dem Qualifying noch skeptisch zu den Aussichten für das Rennen. Platz fünf war zu wenig, um den Druck im WM-Kampf gegen die McLaren-Piloten aufrechtzuhalten.
"Ich habe Max gestern schon gesagt, dass er positiv bleiben muss", gab Red-Bull-Sportchef Helmut Marko nach dem Rennen Einblick zum Austausch der beiden. Der Österreicher gilt als Optimist und kennt Verstappen schon ewig. Mit Platz drei behielt Marko recht: "Mir hat keiner geglaubt, dass ein Podium möglich ist."
Red Bull sitzt in S-Kurven auf
Das lag unter anderem am Medium-Reifen, der in Mexiko dem RB21 so gar nicht schmeckte. Die Longruns sahen schon am Freitag schlecht aus. Zudem setzte der Red Bull in den schnellen S-Kurven des zweiten Sektors permanent auf. Nur der Fahrzeugbeherrschung Verstappens war es zu verdanken, dass das Auto auf der Strecke blieb.
Dieses Problem sollte sich am Renntag von alleine beheben: "Wenn wir mit mehr Gewicht fahren, sollte uns das wieder helfen. Dann setzen wir in Sektor 2 nicht mehr auf", erklärte Helmut Marko eine Stunde vor dem Start. Das klang auf den ersten Blick widersinnig, weil das Auto mit mehr Gewicht theoretisch stärker aufsetzen würde. Doch weil man mit vollem Tank langsamer durch die Kurven fährt, entschärfte sich die Problematik.

Am Start versuchte sich Max Verstappen auf der Außenbahn an den Ferrari vorbeizupressen.
Verstappen attackiert Hamilton
Trotz der Erkenntnisse über den Medium-Reifen hatten die Red-Bull-Strategen sich für den ersten Stint entschieden, Verstappen auf dem C4-Gummi ins Rennen zu schicken. Den harten C2-Pneu wollte an der Spitze des Feldes keiner anrühren. Die Konkurrenz um den Titelverteidiger herum setzte geballt auf den Soft-Reifen.
Normalerweise hätte der Medium beim Start einen Grip-Nachteil bedeutet. Doch Verstappen riskierte bei der langen Anfahrt zu Kurve 1 viel. Er setzte sich außen neben beide Ferrari und Pole-Setter Lando Norris. Als ihm die Strecke ausging, schoss der 28-Jährige in Kurve 1 über das Gras. Er ließ sich aber wieder auf Rang vier zurückfallen und vermied damit eine Strafe.
Danach kam es zum Duell mit Lewis Hamilton. In Runde 6 ritt er in T1 eine Attacke und berührte den Ferrari-Fahrer, der sich wehrte. Verstappen kürzte in T2 ab und verteidigte sich gegen Hamilton, der wiederum in Kurve 4 geradeaus fuhr. Der Zweikampf hatte George Russell und Oliver Bearman herangespült. Russell wurde von Verstappen zur Seite gedrückt, aber Bearman schlüpfte an beiden Autos vorbei.

In Runde 37 wechselte Verstappen auf den Soft-Reifen und zeigte eine überragende Pace.
Red Bull fliegt auf den Soft-Reifen
"Zunächst hatten wir gedacht, Bearman würde uns aufhalten", sagte Teamchef Laurent Mekies nach dem Grand Prix. "Aber er war wirklich schnell, erst als alle in der Box waren, wurde es besser." Verstappen musste bis den Medium-Reifen bis zur 37. Runde um den Kurs schleppen, bis er ihn los war.
Dann schlug die Stunde des Ausnahmekönners. Der Weltmeister brannte 33 Runden lang auf den Softs ein Feuerwerk ab. Verstappen profitierte auch von den Gegnern, die ab Oliver Bearman alle nochmal zur Box kamen. Das bedeutete freie Fahrt. Seine Zeiten lagen konstant fast ausschließlich im niedrigen 1.21er-Minuten-Bereich.
"Sein zweiter Stint war unglaublich", zog Mekies imaginär den Hut. Renningenieur Gianpiero Lambiase funkte: "Das ist wirklich absurd. Jetzt schnapp' dir noch den vor dir!" Aber an Charles Leclerc kam Verstappen nicht mehr vorbei. Das späte VSC, das durch einen Dreher von Carlos Sainz ausgelöst wurde, vereitelte einen Angriff.

Bis zum Ende der Saison brauchen Max Verstappen und Red Bull perfekte Wochenenden, um noch den Titel zu holen.
Verstappen braucht perfekte Wochenenden
"Die drei fehlenden Punkte können uns noch wehtun", trauerte Helmut Marko dem zweiten Platz nach. Vor dem Grand Prix von Mexiko lag Max Verstappen 40 Punkte hinter Oscar Piastri, dem er in der Millionen-Metropole fünf Zähler abknöpfte. Da nun Lando Norris Tabellenführer ist, hat er de facto vier Punkte auf die Spitze aufgeholt.
Noch vier Rennen und zwei Sprints verbleiben Verstappen, um den fünften Titel in Serie zu holen. Trotz der Aufholjagd in den letzten Rennen klang er aber skeptisch. "Ich habe vor dem Wochenende gesagt, es muss alles perfekt laufen und hier lief nicht alles perfekt." Die Überlegenheit von McLaren mit Lando Norris war in Mexiko frappierend.
Optimist Marko forderte: "Es wird eng bleiben, aber wir dürfen uns keine Fehler mehr erlauben." Jetzt liegt es wieder an Red Bull, das Momentum zurückzuholen. Die nächste Chance gibt es am 9. November in São Paulo. Ein gutes Omen für Max Verstappen? Letztes Jahr triumphierte er im Regen von Platz 17 startend. Dabei düpierte er die Konkurrenz.












