Aero-Feuerwerk führt zu Problemen: Kurze und prägnante F1-Ära ist zu Ende

Kurze und prägnante F1-Ära ist zu Ende
Aero-Feuerwerk führt zu Problemen

ArtikeldatumVeröffentlicht am 28.12.2025
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Eigentlich sollte es die endgültige Antwort auf die Frage sein, wie man die Performance der Autos unabhängiger vom Einfluss von Luftverwirbelungen macht. Große Kanäle im Unterboden, von den Experten als "Venturi-Tunnel" bezeichnet, saugen die Autos in schnellen Kurven auf den Asphalt – egal ob bei freier Fahrt oder in Dirty Air. Die Flügel auf der Oberseite des Autos sollten bei der Suche nach Abtrieb nur noch eine Nebenrolle spielen. Dazu ein restriktiv geschriebenes Reglement, das den Ingenieuren den Spielraum für Supertricks nimmt. Den Fans versprach dieses Rezept ein enges Feld und viel Action.

Als die Autos der neuen Groundeffect-Ära dann 2022 in Bahrain aus den Garagen rollten, trauten die Beobachter ihren Augen kaum. Die von den Klagen der Techniker geschürte Sorge, dass alle Autos gleich aussehen würden, erfüllte sich nicht. Alleine bei den Seitenkästen gab es drei grundlegend verschiedene Konzepte. Von der Red-Bull-Rampe über die Ferrari-Badewanne bis zum radikal verkleinerten Zero-Sidepod am Mercedes wurde eine große Formenvielfalt geboten. Erst im dritten Jahr des neuen Technikzyklus glichen sich die Konzepte langsam an.

Viel Bewegung im Feld

Was die Vergabe der WM-Titel anging, ließ die Spannung in den ersten beiden Saisons leider etwas zu wünschen übrig. Die Kombination aus Max Verstappen und Red Bull erwies sich zwei Jahre lang als praktisch unschlagbar. Über eine schlechte Show konnten sich die Zuschauer dennoch nicht beschweren. Im Verfolgerfeld wechselten sich die Positionen regelmäßig durch. In Erinnerung blieben zum Beispiel die sechs Podiumsplätze von Fernando Alonso zum Start in die Saison 2023. Die Rennen boten in den meisten Fällen gute Unterhaltung. Das Überholen fiel den Piloten wie versprochen deutlich einfacher als noch mit der vorherigen Autogeneration.

Die Machtübernahme durch McLaren in der Saison 2024 zeigte, dass mit dem Groundeffect-Reglement auch Kundenteams Weltmeister werden können. Wie erhofft schob sich das Feld zum Ende des aktuellen Aerodynamik-Zeitalters immer weiter zusammen. Auf manchen Strecken lagen die 20 Autos in der Qualifikation innerhalb von nur einer Sekunde. In den letzten 30 Grands Prix schafften es immerhin acht verschiedene Teams mit der ausgereiften Technik aufs Podium. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, dass die Groundeffect-Renner zu einem vollen Erfolg wurden.

Pirelli-Reifen - F1-Test Bahrain 2025
Pirelli

Action-Faktor nimmt ab

Doch es war nicht alles Gold, was glänzte. Wurde 2024 noch bis zum Finale um die Konstrukteurskrone gekämpft, machte McLaren ein Jahr später schon sieben Rennen vor Schluss den Deckel drauf. Die Dominanz der Papaya-Truppe lag aber weniger an den Schwächen des Reglements als vielmehr an den Schwächen der Konkurrenz.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Jahren der Groundeffect-Ära ließ auch der Entertainment-Faktor in den einzelnen Rennen immer mehr zu wünschen übrig. Die mangelnde Action hatte verschiedene Gründe. So lieferte Pirelli plötzlich einen Reifen, der sich in den Punkten Verschleiß und Graining deutlich widerstandsfähiger zeigte als früher. Die Ingenieure hatten dadurch deutlich weniger Stress bei der Wahl des richtigen Setups und bei der Frage der Strategie. Vor allem in der zweiten Saisonhälfte 2025 dominierten die Ein-Stopp-Rennen. Die Piloten entschieden sich regelmäßig dafür, die Reifen zu streicheln und nicht ans Limit zu gehen. Damit reduzierte sich außerdem die Unfallquote.

Oliver Bearman - Haas - Formel 1 - GP Mexiko 2025
xpb

F1-Prozessionen wurden schlimmer

Dass alle Autos ständig auf nahezu gleich alten Reifen um die Strecke rollten, führte zu geringeren Pace-Unterschieden im Feld und damit auch zu weniger Überholmanövern. In Kombination mit den geringen Performance-Unterschieden führte das zu der ein oder anderen Prozession. Experten streiten sich noch, welchen Anteil das stabile Technikreglement an der hohen Leistungsdichte hatte und wie sehr der Budgetdeckel dabei mithalf, dass am Ende alle auf einem ähnlichen Niveau unterwegs waren.

Dazu reagierten die Autos zum Abschluss der Reglement-Ära wieder deutlich sensibler auf verwirbelte Luft. Über immer kleinere Leitbleche wurden die Kanäle im Unterboden gezielt angeströmt. Absichtlich generierte Luftwirbel versiegelten die Tunnel an der Außenseite des Unterbodens. Jede kleine Störung des sensiblen Aerodynamik-Konzepts führte zu spürbaren Performance-Einbußen. FIA-Technikchef Nikolas Tombazis rechnete in Las Vegas vor, dass der Abtrieb beim direkten Hinterherfahren zu Beginn der Groundeffect-Ära nur um 20 Prozent eingebrochen war. Zuletzt erhöhten sich diese Einbußen wieder auf bis zu 30 Prozent. Mit den Autos für 2026 soll der Verlust übrigens nur noch bei zehn Prozent liegen.

Alarmglocken klingeln

Mit dem schwächer werdenden DRS-Effekt gab es noch einen weiteren Faktor, der die Platzwechselzahlen nach unten zog. Je mehr Abtrieb die Autos über den Unterboden generierten, desto kleiner wurden die Flügel, die im Heck angeschraubt werden mussten. Damit wurde der Unterschied zwischen geschlossenem und geöffnetem Flap und damit auch die Topspeed-Differenzen immer geringer.

Bei Formel-1-Boss Stefano Domenicali, der als Zirkusdirektor für die Show verantwortlich ist, klingelten irgendwann die Warnglocken. Pirelli wurde für die Zukunft aufgefordert, wieder verschleißfreudigere Reifen zu bauen. Sogar die Idee von zwei Pflichtboxenstopps wurde ins Spiel gebracht, aber erst einmal auf 2027 vertagt. In der Formel-1-Kommission diskutierten die Verantwortlichen auch darüber, ob die Rennen insgesamt kürzer werden sollten. Dass sich die Zahl der Sprints mittelfristig erhöht, ist bereits beschlossene Sache. In diesem Zusammenhang kommt auch immer wieder die umgekehrte Startreihenfolge auf den Tisch, die bisher aber noch keine Mehrheit fand.

Die Fans dürften also mit gemischten Gefühlen auf die vier Groundeffect-Jahre zurückblicken – nicht alles war schlecht, aber auch nicht alles war gut. Das Fazit der Piloten fällt dagegen klar negativ aus. Brettharte Fahrwerke und das ständige Aufsetzen des Unterbodens machten viele Rennen zu einer Tortur im Cockpit. Der Fahrspaß wurde auch durch das hohe Gewicht, die ausladenden Dimensionen und den speziellen Performance-Charakter der Rennwagen geschmälert. Vor allem in langsamen Kurven reagierten die Autos behäbig. Es wird jetzt also höchste Zeit für etwas Neues!

Fazit