Das Lachen war zurückkehrt. Über beide Backen grinste der Mann, der bereits zu seiner aktiven Karriere getrost als Legende des Sports bezeichnet werden darf. Zu diesem Zeitpunkt war es noch kalt in Deutschland und die Tage waren kurz. Mittlerweile ist von seinem Lachen nichts mehr übrig. Lewis Hamilton ist der prominenteste Verlierer der laufenden Formel-1-Saison. Mit gesenktem Haupt schleppt sich der einstige Superheld aktuell durch das Paddock.
Dabei sollte alles besser werden beim Mann, der die Geschichtsbücher der Königsklasse umgeschrieben hat. Nach zwölf Jahren Mercedes-Ehe stürzte sich der Brite in ein neues Abenteuer. Im Alter von 40 Jahren wollte er es nochmal wissen. Er unterschrieb beim berühmtesten Rennstall der Formel 1: Ferrari.
Der 105-malige GP-Sieger hatte sich das Ziel gesetzt, mit Ferrari den achten WM-Titel zu holen. Sich mit der Scuderia zum alleinigen Rekordweltmeister zu krönen, wäre ein zusätzlicher Superlativ in einer Karriere, die anhand der bisherigen Erfolge eh nur schwer zu toppen ist. Aber Michael Schumacher bei dessen alten Team zu überholen, würde Hamilton metaphorisch geschrieben unsterblich machen.
Hamiltons Zauber verpufft
Die Presse und die Fans stürzten sich auf den Wechsel des Jahrzehnts. Schon bei der Bekanntgabe im Februar 2024 löste der Transfer ein Beben aus. Als Lewis Hamilton von Ferrari gekonnt inszeniert wurde, war die Begeisterung riesig. Nach einem schwierigen ersten Rennen in Melbourne schnappte sich der Rekordsieger beim zweiten Lauf in Shanghai die Sprint-Pole und gewann den kurzen Lauf dominant.
Das war jedoch nur ein kurzes Strohfeuer. Auch wegen der schlechten Performances seines Teams konnte der Mann aus Stevenage kaum Glanzlichter setzen. In Silverstone hatte er das Auto, um auf die Pole-Position zu fahren, schmiss die Chance dann jedoch weg. Das nagte am Selbstvertrauen des Piloten. Auf der Ardennen-Achterbahn von Spa erlebte er bis auf das Rennen ein Wochenende zum Vergessen, kritisierte bereits im Vorfeld des Belgien-GP sein Team und zog die Aufmerksamkeit auf sich.
Den Tiefpunkt erreichte der Superstar in Budapest. Nach dem Aus in Q2 wirkte Hamilton vor den TV-Kameras verloren: "Ich bin nutzlos. Das Team ist großartig. Vielleicht müssen sie den Fahrer wechseln", resignierte der Ex-Champion. Rumms. Die Worte gingen um die Welt. Die Journalisten und Fans stürzten sich erneut auf Hamilton – aber nun aus trüben Gründen. Jetzt stellt man die Frage: Schmeißt Hamilton Ende 2025 hin?
Vasseur schützt Hamilton
Davon will sein Teamchef nichts wissen: "Lewis ist sehr selbstkritisch. Er ist in seinen Ausschlägen immer extrem. Manchmal geht er mit dem Auto zu hart ins Gericht, manchmal mit sich selbst. Er will das Maximum aus sich und allen im Team herausholen", beschwichtigte Frédéric Vasseur im Interview mit auto motor und sport.
Doch das hält einige Experten nicht davon ab, Hamilton zum Rücktritt zu raten. Das sieht auch der ehemalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone so. "Lewis ist müde. Er macht das, was er immer macht, schon ewig. Er braucht endlich eine Pause, einen Neustart, um etwas völlig anderes zu machen", sorgte sich bereits der 94-Jährige gegenüber der Daily Mail und legte nach: "Er würde sich selbst betrügen, wenn er weitermacht. Er sollte jetzt aufhören."
Ob Hamilton auf Ecclestone hört? Schaut er sich die Ergebnisse an, könnte er aufgeben. Dafür spricht, dass er gegen seinen jungen und schnellen Teamkollegen Charles Leclerc meist den Kürzeren zieht. Warum sollte sich daran in Zukunft etwas ändern? Hamilton bestreitet seine 19. Saison. Jünger und schneller dürfte der Routinier nicht mehr werden. "Ich liebe das Rennfahren immer noch", machte er aber nach dem Ungarn-Fiasko sich und seinen Fans Mut, nicht aufzugeben.
Hamilton hofft auf neues Reglement
Noch kein Podium erreichte Sir Lewis in der laufenden Spielzeit, Leclerc hat bereits fünf Besuche auf dem Podest vorzuweisen. In der Tabelle liegt er 42 Punkte hinter dem Monegassen auf Rang fünf. Ein Grund dafür: Hamilton fühlt sich in seinem Ferrari nicht wohl. Der SF-25 passt nicht zum Fahrstil des Altmeisters. Der Engländer verlangt ein stabiles Heck, er hat einen sauberen Stil und trägt dank seines späten Bremsens viel Geschwindigkeit mit zum Scheitelpunkt. Eine tänzelnde Hinterachse passt dazu nicht.
Charles Leclerc hingegen mag ein aktives Heck, ähnlich wie Max Verstappen. Auch die mit hohen Erwartungen neu konzipierte Hinterachse am Ferrari fand bei Hamilton noch keinen Anklang. Zudem leidet er seit der Einführung der Groundeffect-Autos unter den veränderten Anforderungen beim Fahren der Formel-1-Rennwagen. Das Auto mit spätem Bremsen und parallelem Einlenken in die Kurve zu wuchten, bestraft diese Fahrzeug-Generation. Hamilton hat sich mit der Umstellung nie angefreundet.
Hoffnungen setzt der Ferrari-Fahrer auf den Reglement-Wechsel. Ab 2026 verschwindet der massive Abtrieb, den der Unterboden generiert. Die Autos dürften dann wieder mehr Hamiltons Fahrstil goutieren. So die Theorie.

Teamchef Frédéric Vasseur glaubt an die Wende von Lewis Hamilton bei Ferrari.
Vasseur räumt Naivität ein
Noch stehen aber zehn Rennen in dieser Saison auf dem Programm. Hamilton will nicht bis 2026 warten, um wieder an der Spitze um Siege und Podien mitzukämpfen. Der Fan-Liebling sammelte in der Sommerpause neue Energie und wird sich seine Gedanken gemacht haben, um die erste Saisonhälfte aufzuarbeiten. "Als Lewis bei Ferrari ankam, dachten wir naiverweise, dass er alles unter Kontrolle haben würde. Lewis hat vier bis fünf Rennen gebraucht, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen", gestand Vasseur Fehler in der Erwartungshaltung ein.
Der 57-Jährige will ihm weiter Zeit geben. "Er soll darauf aufbauen, dass ihm der erste Schritt schon gelungen ist. Sich nicht herunterziehen zu lassen von so Dingen wie in Budapest." Zeit und Geduld sind jedoch endlich. Bei Ferrari und Hamilton selbst. Die Experten haben bereits die Messer gewetzt. Jetzt geht es für den laut Bernie Ecclestone gefallenen Riesen darum, sie eines Besseren zu belehren. Wieder einmal. Und dann kehrt auch das verschmitzte Lachen in sein Gesicht zurück.












