Taktik-Jackpot für Mercedes: So gewann Antonelli 14 Plätze

Taktik-Jackpot für Mercedes
So gewann Antonelli 14 Plätze

ArtikeldatumVeröffentlicht am 24.11.2025
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Das war ein echtes Husarenstück. Andrea Kimi Antonelli durfte vom 17. Startplatz bestenfalls auf einen Punkteplatz hoffen. Nach 50 Rennrunden und der Disqualifikation der beiden McLaren ging der Mercedes-Rookie mit dem Pokal für den dritten Platz nach Hause. Und das trotz einer Fünfsekunden-Strafe für einen minimalen Frühstart. Antonelli reichten dafür zwei Überholmanöver. Der Rest war Taktik.

Schon als Pirelli die Liste der Startreifen bekanntgab, konnte man ahnen, dass Mercedes etwas Besonderes plante. Antonelli war der einzige Fahrer, der auf Soft-Reifen ins Rennen ging. Ausgerechnet Pirellis weichste Mischung, von der alle wegen der großen Gefahr des Körnens die Finger lassen wollten.

Dann spielten Pech und Glück eine Rolle. Pech, dass Antonelli beim Start einen Wimpernschlag zu früh aus seiner Startbox beschleunigte. "Wir haben nichts in den Daten gesehen, dass er die Kupplung zu früh hätte kommen lassen. Aber die FIA-Sensoren haben angeschlagen", bedauerte Teamchef Toto Wolff. Die Sportkommissare verhängten wenig später eine Fünfsekunden-Strafe.

Ein Rennen fast ohne Verkehr

Das Glück bestand darin, dass in der zweiten Runde eine VSC-Phase ausgerufen wurde, weil Liam Lawson Teile seines Frontflügels auf der Strecke verteilte. Das war das Zeichen für die Mercedes-Strategen, Antonelli an die Box zu holen. So sparten sie sich neun Sekunden gegenüber einem Reifenwechsel unter Renntempo.

Antonelli bekam die harten Gummis und sollte zunächst einmal fahren, solange ihn die Reifen tragen würden. "Wir wussten, dass ein Start auf den Soft-Reifen und ein früher Stopp ein Risiko sind. Doch wenn es Kimi schaffen würde, die harten Reifen bis ins Ziel zu bringen, war das unsere beste Chance, ihn wenigstens in die Punkte zu bringen", blickte Chefingenieur Andrew Shovlin zurück.

Antonellis Vorteil bestand darin, dass er die meiste Zeit in sauberer Luft fahren konnte. Das half beim Reifenmanagement. In der neunten Runde traf er zum ersten Mal einen Konkurrenten. Franco Colapinto nahm der 19-jährige Italiener im Sturm. Erst elf Runden später hatte er mit dem Ferrari von Lewis Hamilton und dem Haas von Esteban Ocon wieder zwei Autos vor der Nase. An Ocon ging Antonelli in der 24. Runde vorbei. Hamilton bog in der 29. Runde zum Boxenstopp ab.

Andrea Kimi Antonelli - GP Las Vegas 2025
Alessio Morgese via Getty Images

Antonelli spricht mit den Reifen

Danach war Antonelli die Lokomotive im DRS-Zug. 20 Runden lang hatte er Oscar Piastri und Charles Leclerc im Rückspiegel. Der Mercedes-Pilot wehrte alle Angriffe ab und kam mit 48 Runden alten Reifen ins Ziel. "Wir waren uns am Anfang nicht sicher, ob es reichen würde, aber Kimi hat die Reifen gut gestreichelt", gab man an der Mercedes-Kommandobrücke zu.

Antonelli bekam nur ein Mal Zweifel, ob er nicht doch noch einen zweiten Stopp brauchen würde. "Gegen Rennmitte begannen die Vorderreifen zu körnen. Ich habe zu ihnen gesprochen, dass sie halten mögen, und irgendwann ist das Körnen wieder verschwunden. Danach konnte ich auf den alten Reifen überraschend schnelle Runden drehen."

Tatsächlich markierte Antonelli im 48. Umlauf auf seinen Uralt-Reifen die drittschnellste Runde des Rennens. Ein Topspeed von 332 km/h reichte aus, um Piastri in Schach zu halten. Der Australier kam trotz DRS nicht über 331 km/h hinaus. Alles, was der WM-Zweite tun konnte, war, im Fünfsekunden-Fenster mit dem Mercedes zu bleiben. So rutschte Antonelli nach der Zieldurchfahrt zunächst vom vierten auf den fünften Platz, gewann aber vier Stunden später wieder zwei Positionen, weil die McLaren aus der Wertung flogen.

Lewis Hamilton - Ferrari - GP Las Vegas 2025 - Las Vegas - Formel 1
xpb

Hamilton stoppt zu früh

Ferrari stand mit Lewis Hamilton vor einer ähnlichen Aufgabe, hat sie aber wesentlich schlechter gelöst. Hamilton ging noch zwei Plätze hinter Antonelli ins Rennen, wählte im Gegensatz zu seinem Nachfolger bei Mercedes aber die harten Reifen. Das war die Mischung, bei der die Gefahr des Körnens am geringsten war.

Der Plan für Hamilton war klar: So lange fahren wie möglich, Tempo machen, wenn die Medium-Starter an die Boxen abbiegen, und dann vielleicht auf einen Gratis-Stopp unter Safety-Car-Bedingungen hoffen. Nico Hülkenberg wurde mit der gleichen Taktik ins Rennen geschickt. Der Sauber-Pilot startete aber auch acht Plätze weiter vorne.

Nach einer brillanten Startrunde steckte Hamilton schnell im Verkehr fest. Zuerst versperrte ihm Ocon die Sicht, dann Hülkenberg. So warf ihn der Reifenwechsel in der 29. Runde wieder auf den zehnten Platz zurück. Der Undercut gegen Hülkenberg funktionierte nicht. Um ihn funktionieren zu lassen, war Hamilton die erste Runde auf dem Medium-Reifen zu aggressiv angegangen. Dafür bezahlte er mit Körnen.

Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur sah ein: "Es wäre besser gewesen, Lewis später an die Box zu holen. Im zweiten Stint steckte er im Verkehr und hat sich dabei die Reifen zerstört." Nico Hülkenberg konnte in der zweiten Rennhälfte dagegen frei fahren und nahm Hamilton noch 8,2 Sekunden ab. Der Sauber-Pilot kam zu der Erkenntnis: "Die beste Währung ist heute Fahren in sauberer Luft." Andrea Kimi Antonelli hätte diese Aussage sicher unterschrieben.

Fazit