Taktik-Fehler beim Mexiko-GP: Hat McLaren Piastri ein Podium geklaut?

Taktik-Fehler am Kommandostand
Hat McLaren Piastri ein Podium geklaut?

GP Mexiko 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 29.10.2025
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Wenn der Erste, Zweite, Dritte, Neunte und Zehnte mit einem Boxenstopp die 71 Runden des GP Mexiko absolvieren, dann war das die bessere Taktik. Gegen Zahlen kann man nicht argumentieren. Doch in der Praxis war das nicht so einfach, führte Mercedes-Strategin Rosie Wait aus. Da hing es schon stark von der eigenen Position auf der Strecke, vom Umfeld und vom Umgang des Autos mit seinen Reifen ab, wie viele Boxenstopps der richtige Ansatz waren.

Für die drei Spitzenreiter funktionierte ein Reifenwechsel. Lando Norris und Charles Leclerc fuhren das ganze Rennen in sauberer Luft. Max Verstappen das halbe. Er war antizyklisch mit Medium-Reifen ins Rennen gegangen, hielt trotz Schwierigkeiten mit dieser Mischung bis zur 37. Runde durch und hatte freie Fahrt, nachdem die Gruppe um Oliver Bearman, Andrea Kimi Antonelli, George Russell, Oscar Piastri und Lewis Hamilton relativ früh zum Reifenwechsel an die Boxen abgebogen war.

Der Pulk um die Plätze vier bis acht blieb fast das ganze Rennen zusammen. Die meisten Fahrer mussten viel schlechte Luft schlucken und sich das Tempo von anderen diktieren lassen. Und das bestimmte die Taktik. Das Spitzen-Duo war viel zu weit weg. Und Verstappen legte auf den Soft-Reifen ein Tempo vor, das nur noch Sieger Lando Norris mitgehen konnte.

Mercedes setzt Kettenreaktion in Gang

Die Serie der ersten Boxenstopps setzte Mercedes mit Andrea Kimi Antonelli in Gang. Mercedes wollte sich einerseits gegen mögliche Undercuts absichern und selbst einen gegen Verstappen und Bearman versuchen. Zu dem Zeitpunkt dachte man noch, dass der Medium-Reifen der langlebigere und bessere Rennreifen sein würde. Verstappen bewies später das Gegenteil.

Antonelli zog Hamilton, Bearman, Piastri und Russell mit an die Box. Er selbst profitierte nicht vom Undercut. Red Bull hatte ganz andere Pläne und ließ Verstappen stur auf der Strecke, obwohl ihm einer nach dem anderen ins Boxenstopp-Fenster fuhr. Bearman stoppte zwei Runden nach Antonelli, blieb aber trotzdem vorne. Erkenntnis bei Mercedes: "Der Undercut war mit einer bis eineinhalb Sekunden zu schwach."

Nachdem Verstappen in der 37. Runde von Medium auf Soft wechselte, hatte der Holländer einen Rückstand von 13 Sekunden auf die Bearman-Gruppe. Haas-Teamchef Ayao Komatsu glaubt, dass es Verstappen vermutlich nicht geschafft hätte, auf den dritten Platz nach vorne zu kommen, wenn der Fünferpulk auf einen zweiten Boxenstopp verzichtet hätte. "Dann wäre Max in einen DRS-Zug geraten und hätte sich schwer getan alle zu überholen. Im Verkehr hätten seine Soft-Reifen stark gelitten."

Kimi Antonelli - Mercedes - Formel 1 - GP Mexiko 2025
Sam Bloxham via Getty Images

Soft-Reifen besser als Medium

Obwohl Lewis Hamilton nach seiner Zehnsekunden-Strafe beim ersten Boxenstopp in der 47. Runde noch drei Sekunden Rückstand auf Bearman, Russell, Antonelli und Piastri hatte, sorgte ein Funkspruch von Ferrari an ihn für Bewegung in der Gruppe. Der Engländer wurde zum zweiten Reifenwechsel an die Box gerufen.

Ferrari hatte an Verstappen gesehen, wie gut der Soft-Reifen mit weniger Benzin im Tank funktionierte, und traute der C5-Mischung bei einem 25-Runden-Stint mehr zu als fast 50 Runden lang auf Medium-Reifen zu Ende fahren zu müssen. Mercedes holte daraufhin proaktiv gleichzeitig zuerst Antonelli und eine Runde später Russell zum zweiten Stopp an die Box. Und löst damit einen Nachahmeffekt aus. Auch bei McLaren.

McLaren entschloss sich in letzter Sekunde, mit Piastri das gleiche zu machen. Zunächst erschien es wie eine gute Wahl. Ein 2,3-Sekunden-Stopp brachte Piastri in der Box an Antonelli vorbei. Doch weil Russell und Bearman nur eine Runde später reagierten, blieben sie vor dem McLaren mit der Startnummer 81.

Oscar Piastri - McLaren - Formel 1 - GP Mexiko 2025
Steven Tee via Getty Images

Verstappen kampflos auf Podiumskurs

In diesem Moment musste McLarens Taktik hinterfragt werden. Verstappen war durch die Stopps seiner Gegner längst auf Podiumskurs und seine Verfolger konnten sich nun ausrechnen, dass sie den Red Bull auch mit zehn Runden frischeren Runden nicht mehr einholen würden. Mercedes war klar, dass man so oder so hinter dem Holländer ins Ziel gekommen wäre. Da fehlte der Speed, weil die Reifentemperaturen im Verkehr steil in die Höhe gingen.

Bei Haas traute man sich zu, Verstappen abzuwehren, so wie man das im ersten Stint praktiziert hatte, doch der kleine Rennstall wollte nicht einen sicheren vierten Platz gegen einen unsicheren dritten Platz aufs Spiel setzen. "Also war es klüger, mit den Wölfen zu heulen und vor den Autos zu bleiben, die wir den ganzen zweiten Stint im Griff hatten", erzählte Komatsu.

Bei Piastri lag der Fall anders. Der McLaren war klar das schnellste Auto aus dieser Gruppe, wenn Piastri hätte frei fahren können. Das zeigte sich schon daran, wie dicht der Australier auf seinen jeweiligen Vordermann auffahren konnte, ohne dass dabei gleich die Temperaturen für Reifen, Motor und Bremsen in den roten Bereich gestiegen wären.

Norris, Stella & Piastri - McLaren - GP Mexiko 2025 - Mexiko-Stadt - Formel 1
Andy Hone via Getty Images

McLaren verteidigt Strategie-Entscheidung

Hätte McLaren den alten WM-Spitzenreiter auf der Strecke gelassen, hätte er das Auto gehabt, das bei freier Fahrt die Reifen bis ins Ziel streichelt. McLaren-Teamchef Andrea Stella hält dagegen, dass Mercedes in diesem Fall George Russell auch auf der Strecke gelassen hätte. Das ist eher unwahrscheinlich, weil Russell ohne DRS-Schutz gegen Piastri einen schweren Stand gehabt hätte. "Wir mussten auf die Autos reagieren, die einen Undercut gegen uns geplant hatten", beharrte Stella.

Da hatte McLaren noch damit gerechnet, dass ihr neues Sorgenkind auf der Strecke wenigstens noch Oliver Bearman überholen würde, so wie er das zuvor mit Russell geschafft hatte. Doch dazu kam es nicht mehr. Nachdem Piastri einen 3,5-Sekunden-Rückstand zu Bearman auf das DRS-Delta verkürzt hatte, machte ihm die VSC-Phase am Schluss einen Strich durch die Rechnung.

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