Die Dinosaurier lösen bei vielen Menschen eine Faszination aus. Obwohl die vormals dominante Spezies auf unserem Planeten vor mehreren von Millionen Jahren nach einem Meteoriteneinschlag ausgestorben war, beschäftigen sich heute noch Experten und Fans der Vorzeit-Bewohner mit ihnen. Und wie wir wissen, haben sie ihre Gene weitergegeben. Zum Beispiel gelten Vögel als deren Nachkommen.
Was das mit der Formel 1 zu tun hat? Mehr als man denkt. In Bezug auf die "gute, alte Zeit", schwärmen Zeitzeugen, aber auch heute längst erwachsene Fans von den massiven Turbo-Motoren der 80er-Jahre. Den Stars, die noch keine glattgebügelten Interviews gaben oder erinnern sich an die erbitterten Hahnenkämpfe zwischen Ayrton Senna und Alain Prost bei McLaren.
Doch es sind immer wieder die alten Aufnahmen, die auf Plattformen wie Youtube und Instagram fleißig kommentiert werden. Ein Video stammt aus Anfang der 2000er-Jahre. In Monza stehen zwei Beobachter während eines Ferrari-Tests vor der Roggia-Schikane. Den Ferrari hören sie schon Kilometer entfernt, als Michael Schumacher ausgangs der Parabolica beschleunigt. Das Kreischen wird immer lauter, bis der Rekordweltmeister an den Beiden vorbeirast. Es sind diese Erinnerungen, die bei vielen Fans den Wunsch nach einer Rückkehr der V10-Motoren verstärken.
Honda hat den stärksten V10
Das hat auch FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem erkannt. Der 63-Jährige hat schon mehrmals versucht, den V10-Motor wieder in die Formel 1 zurückzubringen. Und das trotz des neuen Antriebs-Reglements, das ab 2026 greift. Nach Vetos der beteiligten Hersteller hat sich Bin Sulayem mittlerweile eher zum V8-Sauger positioniert. Der für den 11. September 2025 geplante Motoren-Gipfel wurde jedoch abgesagt.
Für uns dennoch ein Grund, mal den letzten Klassenbesten der V10-Motoren unter die Lupe zu nehmen. Vor 20 Jahren hatte den Honda, der im Heck des BAR für gewaltigen Vorschub sorgte. Gemäß Reglement durften die Sauger einen maximalen Hubraum von drei Litern besitzen.
Die japanischen Ingenieure schafften es, 968 PS aus dem RA005E zu quetschen. Der Motor erreichte rund 19.000 U/min. Er wog lediglich 88,6 Kilogramm und weil es Honda gelang, die Zylinderköpfe abzusenken, war der Schwerpunkthöhe von 163,55 Millimeter der niedrigste in der V10-Ära von Honda bis 2005.
Unzuverlässig zu Saisonbeginn
Dass Honda den stärksten V10 damals in der Formel 1 hatte, war keine Selbstverständlichkeit. Die Konkurrenz war riesig. Mit Ferrari, Mercedes, Toyota, Renault und BMW wollten mehrere Hersteller sich mit Ruhm in der Königsklasse beträufeln.
Vor allem BMW hatte ab 2001 den Gegnern auf Motorenseite das Fürchten gelehrt. Die Bayern hatten mehrere Jahre lang den besten V10. Lediglich dem meistens durchschnittlichen Williams-Chassis war es geschuldet, dass nicht mehr als vereinzelte Siege für die britisch-deutsche Kombination heraussprangen. Zudem hatte Ferrari mit Bridgestone einen Reifenpartner, der sich nur auf die Scuderia konzentrierte. Die restlichen Top-Teams mussten sich mit anderen Rennställen die Aufmerksamkeit von Michelin teilen.
Honda und BAR hatten ab dem Jahr 2000 ihre Partnerschaft begonnen. Nach durchwachsenen Saisons ging es 2004 endlich bergauf. Jenson Button wurde hinter den Ferrari-Piloten Michael Schumacher und Rubens Barrichello WM-Dritter. Das Team holte Platz zwei bei den Konstrukteuren.
In der letzten Spielzeit mit V10-Motoren sollte 2005 der Angriff auf die WM-Krone und den ersten Sieg gestartet werden. Das Unternehmen scheiterte. Auch wegen des Honda-Antriebs. Der Motor ging zu häufig ein. Gerade am Auto von Lieblingsschüler Takuma Sato gab es mehrere technische Defekte. Ein Hindernis war auch die verschärfte Haltbarkeits-Regel. So mussten die Antriebe 2004 ein ganzes Wochenende halten, im Jahr darauf dann zwei Grands Prix. Wie Honda selbst angibt, hatte ein Motor 1.400 Kilometer zu "überleben". Heutzutage unvorstellbar, wenn man sich die Langlebigkeit bei den Power Units anschaut.

Der BAR-Honda von 2005 erfüllte nicht die Erwartungen. Auch wenn hier Jenson Button vor Michael Schumacher liegt.
1.000 PS-Mauer wäre gefallen
Trotz des Monsters aus Sakura holte BAR nur zwei Podien dank Jenson Button. Das lag aber eher am Team als an Honda. Der BAR007 war aerodynamisch kein guter Wurf. In der Hersteller-WM stürzte man auf Rang sechs ab. Dabei hatten die Japaner ihre Hausaufgaben nach anfänglichen Zuverlässigkeitsproblemen erledigt. Aufgrund der veränderten Rennstrecken mit weniger Geraden und mehr Kurven verbesserte Honda das Drehmoment bei niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten sowie die Leistung beim Ein- und Ausfahren aus Kurven.
Hätten Formel 1 und FIA für 2006 nicht das Reglement geändert, wäre zudem eine Schallmauer gefallen: Honda war mit der Entwicklung so weit, dass ein V10-Saugmotor mit mehr als 1.000 PS vor der Tür stand – und das bei einem Mindestgewicht von lediglich 600 Kilogramm. Aber das Downsizing auf die 2,4 Liter großen V8-Antrieben machte dem einen Strich durch die Rechnung. Auf einen Schlag verloren die Motoren rund 200 PS an Leistung.
Die V10-Monster verschwanden aus der Formel 1. Wie einst die Dinos. Die Hoffnung auf eine Wiedergeburt bei vielen der Zeitzeugen und den mit V10-Motoren sozialisierten Fans ist mittlerweile wieder geschwunden. Dank Youtube bleibt (wohl) nur die Erinnerung an kreischende Sauger im königlichen Park von Monza.





