Wer einmal an der Strecke stand, wenn ein V12-Motor aufheulte, vergisst diesen Klang nie: ein gellendes Kreischen, das sich in Mark und Bein frisst und moderne V6-Hybrid-Aggregate zahm erscheinen lässt. In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren waren die Zwölfzylinder die Königsklasse innerhalb der Königsklasse – technisch faszinierend und emotional überwältigend. Doch so majestätisch sie klangen, so unvermeidlich war ihr Verschwinden aus der Formel 1.
Der Anfang vom Ende wurde durch eine Änderung des Reglements eingeläutet. Ab 1989 begrenzte die FIA den Hubraum für Saugmotoren auf 3,5 Liter. Ab 1995 wurde das Limit sogar auf 3,0 Liter reduziert. Für V12-Motoren bedeutete es, dass die Zylinder sehr klein wurden – was die Zahl der beweglichen Teile erhöhte und die innere Reibung stark ansteigen ließ. Mit anderen Worten: Der Zwölfzylinder kämpfte zunehmend gegen seine eigene Komplexität.
Hinzu kamen die Faktoren Gewicht und Größe. Ein V12 war nicht nur länger, sondern auch schwerer als ein vergleichbarer V10. In einer Zeit, in der Aerodynamik und Gewichtsverteilung immer wichtiger wurden, war ein solches Aggregat schlicht unpraktisch. Das größere Motorgehäuse schränkte die Designer ein, die strömungsoptimierte Heckpartien bauen wollten. Gleichzeitig verlagerte das zusätzliche Gewicht den Schwerpunkt nach hinten. Der Balance-Nachteil wirkte sich negativ auf das Handling aus.
Benzinverbrauch nur ein kleiner Faktor
Ein weiteres Problem war der höhere Kraftstoffverbrauch. Allerdings spielte dieser Faktor nicht die entscheidende Rolle, wie sie viele Historiker sehen. Es stimmt zwar, dass der V12 bei vergleichbarer Leistung etwas durstiger war als seine V8- und V10-Brüder. Mehr Sprit an Bord bedeutet mehr Gewicht und damit Einbußen bei der Rundenzeit. Durch die Wiedereinführung der Tankstopps in der Saison 1994 wirkte sich dieser Nachteil aber nicht so extrem aus, wie oft behauptet wird.
Den Trend hin zum V10 konnte aber auch das Nachtanken nicht verhindern: Er bot das perfekte Gleichgewicht zwischen Leistung, Effizienz und Baugröße. Leichter, kürzer und sparsamer als ein V12, aber leistungsstärker und drehfreudiger als ein V8, erwies er sich als der optimale Kompromiss. Mehr als 800 PS bei Drehzahlen von über 17.000/min machten ihn zur bevorzugten Wahl für fast alle Hersteller.
- 1970er bis 1980er: Der V12 bleibt populär, vor allem bei Ferrari. Parallel gewinnen Turbomotoren an Bedeutung, doch auch Sauger-V12 bleiben konkurrenzfähig.
- 1989: Turbos werden verboten. Hubraumgrenze von 3,5 Litern für Saugmotoren. V12, V10 und V8 kämpfen gegeneinander – Ferrari bleibt beim V12.
- Mitte 1990er: Die Hubraumgrenze sinkt auf 3,0 Liter. Der V10 erweist sich als idealer Kompromiss und verdrängt V12 und V8 fast vollständig.
- 2006: Einführung eines einheitlichen 2,4-Liter-V8 – damit sind V10 und V12 Geschichte.
- 2009: Auf freiwilliger Basis wird ein KERS-Hybrid-System erlaubt, das sich aber erst 2011 bei allen Herstellern durchsetzt.
- 2014 bis 2025: Neue Turbo-Ära mit 1,6-Liter-V6-Hybridmotoren. Effizienz und Energierückgewinnung stehen im Vordergrund.
Ferrari baut den letzten Formel-1-V12
Das Aussterben der V12-Motoren fiel den Autobauern nicht schwer. Auch in der Serie waren die großen und durstigen Aggregate auf dem Rückzug, wenn man mal Ferrari ausklammert. Die Vermarktungsmöglichkeiten eines Zwölfzylinder-Motors in der Formel 1 waren somit begrenzt. Auch von den Fans gab es damals keinen großen Protest – was nicht nur daran lag, dass das Internet noch nicht erfunden war. Was den Klang anging, fand der etwas kernigere V10-Sound schnell viele Anhänger.
Ferrari hielt noch am längsten am V12 fest und verabschiedete sich erst 1995 schweren Herzens von seinem Markenzeichen. Doch selbst in Maranello musste man schließlich erkennen, dass gegen die Effizienz der V10-Motoren kein Kraut gewachsen war. Spätestens mit der verpflichtenden Einführung der V8-Aggregate in der Saison 2006 wurde das V12-Kapitel in der Formel 1 dann endgültig geschlossen.












