Kurz durfte der Wanderzirkus durchatmen. Nach dem Krimi von São Paulo beginnt mit Las Vegas nun der Abschluss-Triple-Header, der die Entscheidung bringen muss. Lando Norris reist mit 24 Punkten Vorsprung in das Spielerparadies. Feiert er den dritten Sieg in Folge, wäre das praktisch schon eine Vorentscheidung im Titelkampf.
Oscar Piastri muss schnell wieder in die Erfolgsspur zurückfinden, sonst fährt der WM-Zug ohne ihn ab. Der Australier braucht unbedingt Siege, um acht WM-Punkte im Schnitt pro Wochenende aufzuholen. Sein Problem: Las Vegas lag dem McLaren im Vorjahr überhaupt nicht. Und auch dieses Jahr reist die Papaya-Crew nicht nach Favorit nach Nevada.
Das ungewöhnliche Streckenlayout und die kühlen Temperaturen könnten für Überraschungen sorgen, so wie schon im Vorjahr. Mercedes raste praktisch ohne Gegenwehr zu einem ungefährdeten Doppelsieg. Auch Red Bull erwarten wir stärker als McLaren. Mit dem Low-Downforce-Setup war Verstappen zuletzt in Monza und Baku eine Macht.
Norris kann es recht sein, wenn McLaren nicht siegfähig ist. Solange Piastri nicht gewinnt und fette Punkte aufholt, bleibt der Engländer auf WM-Kurs. Im Mittelfeld sieht es ähnlich aus wie an der Spitze. Las Vegas könnte für die ein oder andere Überraschung sorgen. Hier liegen Toro Rosso, Aston Martin, Haas und Sauber nur durch 20 Punkte getrennt auf den Plätzen sechs bis neun.
Die Strecke: Las Vegas Street Circuit
Der für das Formel-1-Comeback 2023 gebaute Las Vegas Street Circuit erfordert Motorpower. Der längste Vollgas-Abschnitt misst 1,9 Kilometer und beginnt mit Ausgang Kurve 12. Erst vor Turn 14 steigen die Fahrer wieder auf die Bremse. Der Vollgas-Anteil der gesamten Rundenlänge liegt bei 79 Prozent. Lediglich Jeddah, Bahrain und Monza toppen diesen Wert. Vor Kurve 14 befindet sich auch eine der zwei DRS-Zonen. Die andere Möglichkeit, den Flügel flachzustellen, gibt es zwischen Turn 4 und Turn 5.
Das Architekturbüro Tilke entschied sich für einen Kurs, den die Piloten gegen den Uhrzeigersinn fahren und der sich in elf Links- und sechs Rechtskurven aufteilt. Die meisten sind langsam und benötigen einen guten mechanischen Grip. Die Strecke ist 6,201 Kilometer lang. Ein Teil des Layouts führt über den weltberühmten Strip. Nur Spa-Francorchamps ist mit 7,004 Kilometern im Formel-1-Kalender länger als Las Vegas.
Die Königsklasse kaufte im Vorfeld für 240 Millionen US-Dollar ein 15 Hektar großes Grundstück in zweiter Reihe hinter dem Strip. Dort befinden sich die Boxenanlage und die Start- und Zielgerade. Damit der Grand Prix in der Wüstenstadt genügend Kohle in die Kasse spült, bietet die Formel 1 VIP-Tickets für 25.000 Gäste an. Nach einer kleinen Delle im Vorjahr soll das Zuschauerinteresse dieses Jahr wieder etwas zugelegt haben.

Körnen die Reifen dieses Jahr weniger in Las Vegas als bei den letzten Rundfahrten im Zocker-Paradies?
Fast Facts GP Las Vegas
- Streckenlänge: 6,201 km
- Rundenanzahl: 50
- Renndistanz: 309,961 km
- Anzahl Kurven: 17 (11 links / 6 rechts)
- Rundenrekord (Rennen): 1:34.876 Min. (Norris, 2024)
- Absoluter Rundenrekord: 1:32.726 Min. (Leclerc, Q3, 2023)
- Distanz von der Pole-Position bis zur ersten Bremszone: 112 Meter
- Vollgas-Anteil (Rundendistanz): 79 Prozent
- Top-Speed: 356 km/h
- DRS-Zonen: 2 (T4-T5, T13-T14)
- Reifenmischungen: C3, C4 und C5

Sauber hat sein Rennauto beim Las-Vegas-Rennen in eine Zielflagge gehüllt.
Das Setup
Las Vegas verlangt einen Kompromiss beim Setup. Auf den langen Geraden zählt ein geringer Luftwiderstand, in den Kurven brauchen die Piloten Abtrieb. In den vielen ganz langsamen Ecken ist eine gute Traktion gefragt. Die Bremsen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Vor den Kurven 1, 5 und 14 müssen die Fahrer heftig in die Eisen steigen. Das ideale Setup ähnelt dem von Monza und in Baku – nur dass es in Las Vegas deutlich kühler ist.
Pirelli schippert wieder die Mischungen C3, C4 und C5 über den Atlantik. Der Baby-Popo-glatte Asphalt sorgt für wenig Abnutzung. In den vergangenen Jahren hatten die Piloten regelmäßig mit Graining zu kämpfen. Die 2025er-Pirelli-Generation scheint deutlich besser gegen das kältebedingte Abrubbeln der Lauffläche gewappnet zu sein.
Im Freien Training müssen die Piloten möglichst schnell eine gute Abstimmung herausfahren. In diesem Jahr wurden die Sessions allerdings um zwei Stunden nach vorne gezogen, um den Fans eine Nachtschicht zu ersparen. Man darf gespannt sein, wie groß die Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Sessions ausfallen werden und ob das den ein oder anderen Fahrer auf dem falschen Fuß erwischt.

Williams geht im Dark-Mode mit deutlich mehr schwarzen Flächen an den Start.
Upgrades
Nur noch drei Rennen stehen in der Saison 2025 im Programmheft. Ein Upgrade-Festival dürften die Teams in der Mojave-Wüste nicht mehr zünden. Dafür haben gleich mehrere Teams angekündigt, mit speziellen Designs anzureisen.
Sauber hat für das drittletzte Rennen unter dem alten Namen eine schwarz-weiß-karierte Zielflagge über das Auto lackiert. Bei Alpine gibt es etwas mehr Rosa auf der Außenhaut, Williams hat sich einen dunkleren Look für den Glitzer-Grand-Prix zugelegt.
Am meisten auffallen wird der Toro Rosso im Feld. Die Autos der Red-Bull-Junioren wurden mit einer glänzenden Hologramm-Folie bezogen, die je nach Lichteinstrahlung in verschiedenen Farbtönen schimmert. Auch die Boxen sollen in den speziellen Look gehüllt sein, genau wie das Equipment der Fahrer.

Mercedes fuhr letztes Jahr in Las Vegas in einer eigenen Liga.
Die Favoriten
Die speziellen Bedingungen in Las Vegas machen das Rennen zu einer echten Wundertüte. Vor zwölf Monaten hätte sicher niemand auf einen lockeren Doppelsieg der Silberpfeile gewettet. Konstrukteursmeister McLaren musste sich chancenlos mit den Positionen sechs und sieben begnügen. Laut Teamchef Andrea Stella hat man die Probleme analysiert und bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet.
Beim letzten Nachtrennen mit vielen engen Kurven kam es zum Duell zwischen George Russell und Max Verstappen. Auf dem Papier würden wir die beiden auch in Las Vegas zum engsten Favoritenkreis zählen. Die Frage lautet, was Ferrari zu leisten im Stande ist. Die Scuderia wartet in dieser Saison noch auf den ersten Sieg. Nach den ganzen internen Querelen in den letzten Wochen wäre ein Erfolg Balsam auf die Tifosi-Seele.
Auch im Mittelfeld sind Prognosen natürlich schwierig. Williams blieb zuletzt zwei Mal ohne Punkte. Für Toro Rosso gab es in Brasilien einen kleinen Befreiungsschlag. Auch Nico Hülkenberg konnte in Interlagos mal wieder ein paar Zähler einfahren. Unser Geheimtipp im Verfolgerfeld heißt aber Haas. Der dritte Sektor von Mexiko hat gezeigt, dass die US-Renner bei der Traktion ultrastark sind. Mit dem Austin-Upgrade ging zuletzt richtig was nach vorne.

Sauber will in Las Vegas nicht nur sportlich, sondern auch optisch auffallen und verpasst dem C44 einen Spezial-Look.
Zeitplan GP Las Vegas
In Las Vegas müssen sich die Fans jedes Jahr an einen ungewöhnlichen Zeitplan halten. Der Grand Prix findet wie üblich an einem Samstag (Ortszeit) statt, was für die deutschen Zuschauer bedeutet, dass der Wecker am Sonntag früh klingelt.
Um den Fans vor Ort das Leben etwas einfacher zu machen, beginnen alle Sessions zwei Stunden früher, was den Fans hierzulande aber nicht weiterhilft. Das erste Training beginnt am Freitag um 1.30 Uhr in der Früh. Die Qualifikation startet am Samstag um 5.00 Uhr. Am Sonntag gehen ebenfalls um 5.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit die roten Lichter aus.
In der Bildergalerie finden Sie die Highlights des Rennens aus dem Vorjahr.












