Klangstarke Saugmotoren mit vier und sechs Zylindern, dazu packende Duelle auf den Rennstrecken – Alfa Romeo gegen BMW, das war früher immer etwas ganz Besonderes. Ja, genau, früher. Alles längst Geschichte. Vor allem bei Alfa: Die schnellen Tourenwagen aus Turin und Mailand sind längst im Museum eingemottet. Auf der Rennstrecke überlässt man BMW das Feld.
Doch immerhin bietet die italienische Traditionsmarke BMW auf der Straße die Stirn. Und das nicht nur in der exklusiven Ü-500-PS-Klasse, sondern auch bei den deutlich günstigeren Modellen von Giulia und 3er mit Vierzylinder-Turbo: Diese massentaugliche Motorbauart bietet zwar weniger Potenzial für faszinierende Erlebnisse, aber dafür gute Fahrleistungen bei moderatem Verbrauch.

Wen das Design der Giulia wirklich kaltlässt, der kann kein Auto-Ästhet sein.
Mit 258 bis 280 PS erreichen die beiden Zweiliter das Leistungsniveau der früheren Sechszylinder. Immerhin. Doch seidenweicher Motorlauf, sämiger Auspuffsound und brillante Drehfreude sind passé. Eine weitere Pille müssen Freunde von knackigen Schaltgetrieben schlucken: In beiden Sportlimousinen ist eine Achtgangautomatik obligatorisch. Die identische Hardware stammt von ZF – individuell abgeschmeckt, versteht sich. Dass beide eng beieinanderliegen, sieht man auch beim Blick auf die Antriebs-Optionen: Heckantrieb ist gesetzt, Allrad gibt’s auf Wunsch.
Die Giulia als Typ 952 ist seit 2016 auf dem Markt, der 3er als G20 seit 2019. Mit Modellpflegeaktionen hielten beide Hersteller ihre Modelle up to date. Alfa hat zwischen dem stärkeren Vierzylinder und dem Quadrifoglio-Topmodell nichts zu bieten. 280 oder 510 PS, that’s it. BMW macht’s besser: Unterhalb von M3/M4 locken M340i/M440i mit bis zu 374 PS.
Mehr Auswahl bei BMW
Es soll also ein BMW 330i oder eine Alfa Romeo Giulia 2.0 Turbo als Gebrauchtwagen sein? Der Markt bietet wie erwartet deutlich mehr BMW als Alfa. Der Bayer ist quasi ein Massenmodell, der Turiner hingegen etwas Seltenes, Besonderes. Preislich ist die Giulia günstiger.

Der BMW 330i fährt straff und handlich.
Kein Wunder, sie ist schon länger im Programm. Überraschung: Unser schwarzes Exemplar steht gar nicht zum Verkauf. Denn zwei Exemplare, die ursprünglich für unsere Kaufberatung im Fokus waren, fanden überraschend Käufer. Francesco Grifó, Betriebsleiter und Verkaufsberater bei Autohaus Kummich in Aalen: "Manchmal tut sich wochenlang gar nichts, und jetzt haben wir zwei gebrauchte Giulias in einer Woche verkauft."
Doch Signore Grifó konnte mit Graziano Paciello einen Kunden finden, der seine Giulia gerne für sport auto bereitstellt: "Ich habe sie 2021 bei Francesco gebraucht gekauft. Eigentlich sollte ein Stelvio meinen Audi A3 ersetzen, aber es war kein Gebrauchter verfügbar. Francesco hat mir die Giulia mit 280 PS zur Probefahrt angeboten." Nach wenigen Kilometern war klar: "Das ist mein Neuer!" Für das 2018er-Auto mit damals 44.000 Kilometern hat er 33.000 Euro bezahlt. "Ein Muss waren die 19-Zoll-Räder vom Quadrifoglio, die haben mich 1.500 Euro gekostet. Dazu der QV-Heckspoiler, allerdings nicht das Teil aus Carbon, das hätte 3.500 Euro gekostet!"

Der Alfa ist tiefergelegt. Der Käufer hat ein KW V3 montiert.
Francesco Grifó ergänzt, dass "die 280-PS-Version bei gebrauchten Giulias am häufigsten nachgefragt wird. Der Q4-Allradantrieb ist auch beliebt. Bei den Farben dominieren Schwarz und Grau." Wer den Markt durchforstet, entdeckt viele Veloce, die Allrad, Lederpolster und sportliche Front- und Heckschürzen beinhalten. Einsteigen. Man sitzt tief in der Giulia. Zu den passgenauen Leder-Sportsitzen kommt eine tolle Ergonomie – inklusive klassischer Instrumente mit Zeigern, die in Höhlen stecken. Digitale Instrumente? No, grazie. Hinter dem schönen Lenkrad mit dem dünnen Kranz lauern lange, sichelförmige Schaltpaddels, die – es grüßen Ferrari und Lambo – feststehen und durch ihre Haptik überzeugen. Richtig, wir reden von Metall und nicht von Plastik. Ja, die Giulia hebt sich in vielen Details ab. Danke, Alfa! Das gilt leider auch für das mäßige Infotainment-System, das gefühlt immer eine Generation älter daherkommt als die Konkurrenz.
Motor ohne große Emozione
Beim Druck auf den Startknopf bleibt die große Emozione aus, denn der Zweiliter klingt banal. Das ändert sich leider nicht, wenn die Nadel über die Ziffern huscht und bei 5.500 der nächste Gang eingelegt wird. Fünf-fünf, so früh? Ja, leider, denn die Alfa-Maschine dreht nicht gerne. Ihre Stärke ist der kraftvolle Drehmomentverlauf, ab 2.000/min kommt Leben in die Bude.

Der drehfaule Alfa-Vierzylinder ist nicht gerade sparsam. Der Zweiliter klingt banal.
Man hat es geahnt, der Alfa ist tiefergelegt. Graziano hat ein KW V3 montiert, das der Giulia einen straffen Charakter verleiht. Zusammen mit der direkten Lenkung macht Kurvenräubern echt Spaß. Seitenneigung und Wankbewegungen? Kaum zu spüren. Der Allrad schickt 100 Prozent nach hinten, erst bei Schlupf bekommt die Vorderachse Arbeit. Die nächsten Ausgaben plant Graziano am Heck: Der vierflutige Quadrifoglio-Endtopf soll nicht nur die Optik, sondern auch den Motorklang verschärfen.
Giulia nicht ohne Schwächen
Welche Investitionen waren bisher nötig? Graziano zählt auf: "Neben den typischen Verschleißteilen musste ein geplatzter Kühlerschlauch und eine leckende Ölleitung ersetzt werden. Den Tausch der defekten Wasserpumpe und die undichte Ölwanne haben wir in einer privaten Werkstatt bei einem Freund gemacht. Das ist sehr aufwendig und kommt in einer Alfa-Werkstatt entsprechend teuer."

Das Q4-Zeichen steht für den Allradantrieb, der sehr beliebt ist.
Weitere Mängel: Sporadische Aussetzer des Infotainments, die Updates beseitigen können. Dazu kann die Vorderachse poltern, verursacht durch die Dämpfer. Ein Radieren der Vorderräder bei vollem Lenkeinschlag kann der Wechsel auf einen freigegebenen Reifentyp beseitigen. Zündaussetzer liegen meist an defekten Zündspulen, vereinzelt auch an einer kaputten Multiair-Einheit oder dem falschen Motoröl, das zu Schaumbildung führt.
BMW 330i im Check
Grazie Graziano! Weiter zu BMW Mulfinger, wo uns Verkäufer Stefano Tigrato einen schwarzen 3er in die Hand drückt. "Der 330i ist der beliebteste Motor bei gebrauchten G20, vor allem als Limousine. Wir bekommen viele Anfragen aus dem Ausland und könnten mehr Autos verkaufen, als wir auf dem Hof haben." Das Auto hatte zwei Unfälle, die bei BMW repariert wurden. Alleine die Kosten für die Reparatur eines Seitenschadens lagen bei über 20.000 Euro.
Der im Januar 2020 zugelassene Viertürer mit 83.400 Kilometern soll 31.850 Euro kosten. Nur was hat sich der Erstbesteller bei der Konfiguration gedacht? Er entschied sich für die Variante M Sport, wählte die Extras M Sportbremse, adaptives M-Fahrwerk, variable Sportlenkung sowie M Aerodynamikpaket – und jetzt kommt’s: Dazu noch die Option Winter- statt Sommerreifen ab Werk. Und es kommt noch dicker: Unser 330i hat nur 17 Zoll große Standard-Alus mit schmalen 225er-Winterreifen ringsum montiert. Wo die dazugehörenden M-Alufelgen in 18 Zoll abgeblieben sind, wissen die Götter.

Kosten: Bei Sprit und Versicherung punktet der BMW, bei den Werkstattkosten hingegen (meist) der Alfa Romeo.
Abfahrt: Straff gefedert wedeln wir durch bergige Sträßchen. Trotz weichem Winter-Profil wirkt der 330i nicht schwammig. Der Motor spricht zackig an, dreht freudig hoch und klingt sportlicher als der Alfa – vor allem im (künstlichen) Sport-Modus. Ein weiteres Plus: der deutlich geringere Verbrauch. Im sport auto-Vergleichstest duellierten sich 2019 die Giulia Q4 mit Allrad und der 330i als Heckschleuder. Neun zu zwölf Liter hieß es an der Zapfsäule. Gleichstand aber bei der Fahrdynamik: In beiden Sport-Limos enttäuschte die Bevormundung durch das ESP. Was auf der Landstraße kaum ins Gewicht fällt, wird auf der Rennstrecke deutlich. Im Grenzbereich knipst die Elektronik stumpf die Fahrdynamik aus.
Nur Kleinkram beim 330i
Wo schwächelt die Technik des BMW? Vor allem die beiden Displays frieren gerne ein oder bleiben ganz dunkel. Doch BMW zeigt sich hier sehr kulant. Vereinzelt berichten Besitzer von Problemen mit der Spiegelautomatik, von klappernden Schiebedächern und von hängenden Parkbremsen. Zum Schluss ein Blick auf die laufenden Kosten: Bei Sprit und Versicherung punktet der BMW, bei den Werkstattkosten hingegen (meist) der Alfa Romeo.
Nüchtern betrachtet, fehlt jetzt nur noch eine Neuauflage der packenden Duelle auf den Rennstrecken. Ja, ja, man wird doch noch träumen dürfen!
Sportliche Alternativen
Arrivierte Größe: Audi A4

Als Gegner von Giulia und Dreier kommt der A4 mit Zweiliter-Turbo infrage. 245 oder 252 PS und 370 Newtonmeter schickt der Vierzylindermotor an zwei oder vier Räder. Gebraucht findet man den Bayern schon für deutlich unter 20.000 Euro. Als Limousine steht der A4 nicht allzu häufig zum Verkauf, der Avant ist klar beliebter.
Aufsteiger mit Flair: Kia Stinger

Noch mehr Individualität als der Alfa bietet der Kia Stinger. Zum Marktstart 2017 leistet der Vierzylinder-Turbo 256 PS, seit Herbst 2018 dann 245 PS. Die Preise beginnen bei rund 25.000 Euro. Als Basismodell ist die viertürige Schrägheck-Limousine jedoch selten. Der V6 mit 370 PS dominiert das Gebrauchtwagen-Angebot.
Alternative von der Insel: Jaguar XE

Auch wenn der Brite im Straßenbild nur sporadisch auftaucht – gebraucht ist der XE gar nicht so selten. Die günstigsten Autos liegen bei deutlich unter 20.000 Euro. Der Zweiliter-Vierzylinder leistet je nach Modelljahr 240, 250 oder 300 PS. Ob Heck- oder Allradantrieb verbaut ist, entscheidet sich über die PS-Zahl.












