Gebraucht-Tipp 3er GT F34: Der BMW, den niemand auf dem Schirm hat

Gebrauchtwagen-Tipp: BMW 3er GT F34 (2013-2020)
Diesen 3er hat niemand auf dem Schirm

ArtikeldatumVeröffentlicht am 30.09.2025
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Es soll sie ja noch geben, die Menschen, die aus ganz altmodischen Gründen gern BMW fahren, anstatt ihr Geld immer nur für die nächstgrößere Niere auszugeben. Die Gründe dafür stehen in jedem Artikel, Fahrbericht oder Test zu jedem klassischen BMW der letzten 60 Jahre. Klassisch, darunter verstehen wir ein Längsmotor-Layout, dessen Kraft vorwiegend an die Hinterachse fließt, eine ergonomisch gute Sitzposition in einem Cockpit, das auf Fahren und gute Funktionalität ausgelegt ist, und zumindest die Option auf einen Reihensechszylindermotor. Und weil das in der Regel beim Fahren Freude bereitet, genießt die Marke ihren wohlverdienten Ruf.

Relativ unabhängig davon ist übrigens die Karosserieform – schließlich können wir ja nicht alle in zweitürigen Coupés herumfahren. Und genau hier verbirgt sich der Kern dieses Artikels. In einer Zeit, in der die SUV noch recht groß waren und sich ohne gescheite Anhängelast nicht vor die Tür trauten, war noch nicht klar abzusehen, dass der Trend zum SUV-isierten Familienauto alle anderen Formatideen unter sich begraben würde. Hersteller experimentierten mit neuen und praktischen Bauformen. So wie beim 3er GT. Hier sind fünf Gründe, die ihn heute zur Gebraucht-Empfehlung machen.

1. Karosserieform als Fluch und Segen

Eigentlich gab es alles schon. Den 3er als Limousine, Touring, Cabrio und Coupé, das Mittelklasse-SUV X3 sogar schon in zweiter Generation, und falls der zu groß war, gab's den X1, der damals noch wie eine Art Crossover-Kombi zum 1er aussah. Und doch grübelte man bis zum Jahr 2010, welche neuartigen Karosserieformen wohl die Gunst der Neuwagenkäufer treffen würden. Mercedes floppte mit der beeindruckend raumgreifenden R-Klasse, Opel formte den Vollheck-Vectra namens Signum, der Mitsubishi Grandis beantwortete eine Frage, die niemand gestellt hatte, und Renault verwirrte vollends mit Radikalideen wie Vel Satis oder Avantime. Auf dem US-Markt erschienen die Nischenmodelle Honda Crosstour und Acura ZDX. Chevy kupierte den biederen Mittelklässler Malibu zum Malibu Maxx. Kurzum: Neuartige Karosserieformen waren in der Zeit so hip wie der MP3-Player und Anstupsen bei Facebook.

BMW-320-d-GT-Einzeltest
Achim Hartmann

Recht spät, aber dafür mit Wucht sprang BMW auf diesen Zug auf und präsentierte 2009 den 5er-GT (auf den das hier Geschriebene ebenso zutrifft) und schließlich 2013 den 3er-GT. Elf Zentimeter Radstand hatte der im Vergleich zu den normalen Viertürern der F30-Baureihe, noch dazu ein Kuppeldach mit knapp zehn Zentimetern mehr Höhe, welches in ein Fließheck mit beeindruckend großer Heckklappe mündet. Die Breite blieb unverändert, sowie die Antriebsarchitektur und weite Teile des Cockpits. Das Resultat war zweifellos sehr geräumig, aber eben im dynamisch geprägten BMW-Umfeld auch etwas merkwürdig. Und dieses Image kann der "Gran Turismo" bis heute nicht so ganz ablegen, weshalb die Preise oft niedriger sind als bei vergleichbaren Flachbau-3ern, dafür aber die seinerzeit gebuchten Ausstattungen nicht selten deutlich umfangreicher. Beides beleuchten wir noch im Detail.

2. Das Platzangebot

Ein Kombi wird ja in der Regel gekauft, damit man auch mal was transportieren kann, möglichst praktisch im Laderaum verteilt. Im Alltag handelt es sich viel öfter um Urlaubsgepäck, Getränkekisten und/oder Kinderwagen, als um perfekt-quaderige Selbstbau-Kleiderschränke oder ausladendes Sperrgut. Folglich kommt man auch mit einem Schrägheck schon weit. Sehr weit, um genau zu sein. 520 bis 1.600 Liter passen in einen 3er GT, 495 bis 1.500 in den normalen Touring. Dreigeteilt umklappen können beide. Noch Fragen? Wo wir gerade vom Kinderwagen sprachen: Wer seinen Nachwuchs im Fond vertäut, freut sich über etwas mehr Innenhöhe und viel Beinraum. Beides überragt die herkömmliche Mittelklasse. Dieselben Vorzüge genießen große bis sehr große Insassen, und zwar in beiden Sitzreihen. Merke: Der größte 3er heißt nicht Touring, sondern GT.

BMW-320-d-GT-Einzeltest
Achim Hartmann

3. Das Fahrverhalten

Bis hierhin klingt das ganze wie der väterliche Ratschlag an einen 15-Jährigen, er solle doch statt des empfindlichen Mountainbikes mit Drölfzig-Gang-Kettenschaltung lieber das vernünftige 0815-Rad mit Nabenschaltung nehmen, schließlich sei das viel billiger und simpler. Ja. Es muss aber auch Spaß machen. Natürlich fährt ein Flachbau-3er noch ein Mü schärfer um die Ecke als der höhere, schwerere 3er GT. Glauben Sie uns jedoch: Der Unterschied will erstmal erfahren werden. Die Strecke zwischen Wohnsiedlung und Supermarkt reicht dafür nicht. Ferner sollte sich jeder schämen, der im GT ein senioriges Fahrverhalten vermutet, selbst aber ein Quermotor-SUV pilotiert. Der GT fährt so wie man es von einem BMW erwartet: eine präzise Lenkung (die auch in sportlicheren BMWs nicht gefühlsechter ist), die ein sehniges Fahrwerk mit hoher Kurvenstabilität und großem Dynamikpotenzial dirigiert, gemischt mit einer Portion Reisekomfort und verdammt gut gemachten Antrieben.

05/2016, BMW 3er GT Sperrfrist 1.6. 00.00 Uhr
BMW

Benzingetriebene GT sparen sich die Basisbenziner 316i und 318i und besitzen mindestens den 184-PS-starken 320i. Sechszylinder sind erst ab dem 335i mit 306 PS an Bord, der 2016 durch den 340i mit 326 PS abgelöst wurde. Dieselseitig gab es 318d, 320d, 325d, 330d und 335d. Die Dreiliter Sechszylinder der beiden stärksten Versionen kombinieren großartige Laufkultur mit enormer Durchzugskraft und sparsamem Verbrauch und sind klar die beste Empfehlung für dieses Fahrzeug. Steht nur letzterer im Fokus, sind auch die kräftigen Vierzylinder eine gute Option. Verbräuche unter fünf Litern sind mit ihnen ohne viel Anstrengung möglich. Keiner der verbauten Motoren kennt chronische Haltbarkeitsprobleme, wenn man von frühen Vierzylinder-Dieseln vor Juli 2015 absieht (siehe Mängelkapitel).

4. Das gewisse Etwas

Gräbt man als Auto-Archäologe im Pleistozän der Popkultur, also den 1970er-Jahren, finden sich zwei stereotypische Spezies der BMW-Fahrer. Den einen gibt's noch heute und der klebt gern das Chrom-M auf den Heckdeckel des 318d und fährt einmal im Jahr zur Touristenfahrt auf die Nordschleife. Der andere wiederum ist bis auf wenige Exemplare ausgestorben. Jene Art Mensch trug gern Rollkragenpullover aus Mohair, sah sich sonntagsmorgens im Ersten den Presseclub an und hörte gern Leonard Cohen – und fuhr BMW. Vor dem Architektenhaus parkte dann vielleicht kein 323i mit Mehrteiler-BBS, sondern eher ein nobel ausgestatteter 520i mit Velourssitzen. Auch schön! Kurz: feinsinniger Luxus aus dem Bildungsbürgertum, der sich vom Brachialwohlstand eines Mercedes-Benz abhob.

05/2016, BMW 3er GT Sperrfrist 1.6. 00.00 Uhr
BMW

Genug über alte Käuferkreise schwadroniert. Einen BMW zu fahren, ohne besonderen Sportsgeist im Sinn, stattdessen mit einem Hang zur feinen Fahrkultur, das ist etwas, was auch heute noch Freude bereitet. Und in den GT-Modellen fand diese Stilrichtung eine Art Renaissance, schließlich spülte das Saab-Aus gerade erst neue Käufer an. Und in den heutigen Gebrauchtexemplaren spiegelt sich das wieder. Viele entsagten dem M-Einerlei, dem Shadowline-Zwang und den monochromen Lackfarben zugunsten von ein paar Chromleisten, eleganten Farbtönen oder feinem Edelholz-Dekor im Innenraum. Hinzu kommt dann häufig eine gehobene Motorauswahl, idealerweise mit den bereits genannten Sechszylinder-Triebwerken und ein üppiges Maß an Verwöhn-Ausstattung. Elegant und passend: die serienmäßig rahmenlosen Seitenscheiben wie im Coupé. Nicht zuletzt wohnt dem Besitz eines besonders seltenen BMW-Modells auch ein gewisser Reiz inne. Weil der größte Teil der Käufer auch heute noch gern zum typischen "Schwarz mit Schwarz und Schwarz" greift, rufen solche Preziosen meist keine allzu hohen Preise auf.

5. Das Gebrauchtangebot

Und genau jene Preise wollen wir nun mal genauer beleuchten. Während sich insgesamt mehrere Tausend gebrauchte F30-3er in den Portalen finden, tauchen nur wenige Hundert GT-Modelle auf. Los geht's bei rund 10.000 Euro für seriöse Exemplare mit erhöhter Laufleistung zwischen 150 und 200.000 Kilometern. Insoweit herrscht Gleichstand zu den günstigsten kaufbaren Limousinen und Kombis. Klickt man sich mit aufsteigenden Preisen durch die Suchinserate, fällt jedoch schnell auf: Schon unterhalb der 15.000-Euro-Marke erscheinen 3er GT mit sehr üppigen Ausstattungen und stärkeren Triebwerken, wo die Flach-3er höchstens mit besseren Pflegezuständen glänzen können. Auch die Zahl der scheinbar schonenden Privat-Vorbesitzer wirkt beim GT auffallend höher. Hier liegt ein echter Sweet-Spot. Darüber pendelt sich eine gewisse Preis-Gleichheit ein. In Sachen Nutzwert hat der GT natürlich weiterhin die Nase vorn.

Mängel – worauf muss man beim Kauf achten?

Technisch gleicht der GT seinen gewöhnlichen Brüdern fast vollständig. Typische GT-Wehwehchen gibt es so gut wie nicht. Die stets elektrisch betriebene, sehr große Heckklappe fällt gelegentlich durch ungleichmäßige Spaltmaße auf, was aber nicht unbedingt auf einen heftigen Heckschaden schließen lassen muss. Gleichsam kommt es bei höherem Tempo mitunter zu zischelnden Windgeräuschen rund um die rahmenlosen Seitenscheiben. Das ist einerseits konstruktionsbedingt nie ganz auszuschließen, andererseits eine simple Einstellungssache. Ansonsten gilt nur erhöhte Vorsicht beim N47-Motor, also allen Vierzylinder-Dieseln vor Juli 2015. Eine zu schwach dimensionierte Steuerkette kann hier zu teuren Problemen führen. Genauere Infos zum Kauf können Sie in unserer F30-Kaufberatung finden.

Fazit